ver.di Baden-Württemberg bereitet, nachdem die Arbeitgeber gestern in Potsdam kein Angebot abgegeben und gleichzeitig auf einer Laufzeit bis 2023 beharrt haben, nun Warnstreiks im öffentlichen Dienst unter Corona-Bedingungen vor. Erste Dienststellen werden am Mittwoch in Friedrichshafen und am Donnerstag in Ulm und der Region Ludwigsburg betroffen sein. Ab nächster Woche werden die Warnstreiks dann deutlich ausgeweitet.
Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: „Die Arbeitgeber glauben, eine unbefristete Stelle im öffentlichen Dienst sei bereits Belohnung genug. Warum dennoch zehntausende Fachkräfte in der Pflege, den Kitas, im ÖPNV fehlen, die wir in der Pandemie noch dringender brauchen, können sie nicht erklären. Kein Angebot für drei Jahre ist ein echter Affront.“
Die Gewerkschaft wird zunächst überwiegend „betriebsnah“ zu Arbeitsniederlegungen aufrufen, um die Organisation der Warnstreiks vor Ort sicher durchführen zu können. Erste Kundgebungen finden dezentral statt. Ab kommender Woche wird es auch bereits größere Aktionen geben.
„Der Gesundheitsschutz aller am Warnstreik Beteiligten hat dabei Priorität“, so Binder.
ver.di wird versuchen, Bürgerinnen und Bürger aufgrund der Einschränkungen der letzten Monate durch die Pandemie so wenig wie nötig zusätzlich zu belasten. Warnstreiks werden immer rechtzeitig angekündigt.
Binder: „Der Applaus der Bürgerinnen und Bürger im Frühsommer hat den Beschäftigten gutgetan. Sie freuen sich, wenn daraus Solidarität in diesem Tarifkonflikt wird. Aus Klatschen muss jetzt materiell spürbare Anerkennung werden.“
Betroffen sind von den Verhandlungen beispielsweise Beschäftigte in kommunalen Kliniken und Kindertagesstätten, der Gemeinde und Landkreisverwaltung, im kommunalen Nahverkehr und bei der Müllabfuhr, bei der Agentur für Arbeit und den Jobcentern und vielen andere Dienststellen wie Zoll, Rentenversicherung oder auch den Sparkassen.
Eine dritte und bisher letzte Verhandlungsrunde ist ab dem 22. Oktober geplant.
ver.di fordert für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen unter anderem eine Anhebung der Einkommen um 4,8 Prozent bzw. einen Mindestbetrag von 150 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 100 Euro monatlich angehoben werden. Gefordert wird die Ost-West-Angleichung der Arbeitszeit. Darüber hinaus soll das Thema der Entlastung der Beschäftigten in den Tarifverhandlungen behandelt werden. Die besonderen Themen des Gesundheitswesens und der Pflege sollen an einem eigenen Verhandlungstisch eingebracht werden. Das Ergebnis soll später zeit- und wirkungsgleich auf Beamt*innen übertragen werden.
In Baden-Württemberg arbeiten nach Zahlen des Statistischen Landesamtes (Stichtag: 30.6.2019) 219.550 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen. Etwa 66 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, die Teilzeitquote beträgt rund 43 Prozent (insgesamt inklusive Beamt*innen). Im Jahr 2000 lag die Teilzeitquote noch bei 34 Prozent. Außerdem haben die bundesweiten Verhandlungen unter anderem Auswirkungen auf den Verlauf der Tarifrunde von rund 10.000 Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit und über 3.000 Beschäftigten bei der Deutschen Rentenversicherung im Land.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg