Nachdem die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst heute in Potsdam auch in der zweiten von drei vereinbarten Verhandlungsrunden kein Angebot abgegeben haben, wird auch ver.di Baden-Württemberg ab nächster Woche zu ersten Warnstreiks aufrufen und diese rechtzeitig vorher bekanntgeben.
Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter: „Die Arbeitgeber wollten diese Tarifrunde unbedingt mitten in diesem schweren Corona-Herbst austragen. Weil sie glauben, dass sich die Beschäftigten nicht trauen werden, jetzt für ihre Interessen einzutreten. Deshalb werden wir ihnen ab der kommenden Wochen mit jedem Tag deutlicher signalisieren, dass sie den Ernst der Lage verkennen. Und dabei übrigens auf die Bevölkerung mehr Rücksicht nehmen, als die Arbeitgeber heute auf ihre Beschäftigten.“
Betroffen sind von den Verhandlungen beispielsweise Beschäftigte in kommunalen Kliniken und Kindertagesstätten, der Gemeinde und Landkreisverwaltung, im kommunalen Nahverkehr und bei der Müllabfuhr, bei der Agentur für Arbeit und den Jobcentern und vielen andere Dienststellen wie Zoll, Rentenversicherung oder auch den Sparkassen.
Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: „Die großartigen Leistungen, insbesondere in der Pandemie, haben eine Lohnerhöhung verdient. Die Arbeitgeber wollen stattdessen einen Abschluss, der weit ins Jahr 2023 reicht. Auf der Basis der pessimistischen Erwartungen der letzten Monate. Obwohl die Wirtschaftsinstitute im Wochenrhythmus ihre Wachstumsprognosen nach oben korrigieren. Die Garanten der Stabilität in der Pandemie, die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, haben keinen Grund, jetzt radikalen Verzicht zu üben. Und schon gar nicht einen unnötigen Verzicht, zumal ihre Arbeit wegen des Fachkräftemangels und Stellenbesetzungssperren immer mehr wird.“
Eine dritte und bisher letzte Verhandlungsrunde ist ab dem 22. Oktober geplant.
ver.di fordert für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen unter anderem eine Anhebung der Einkommen um 4,8 Prozent bzw. einen Mindestbetrag von 150 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 100 Euro monatlich angehoben werden. Gefordert wird die Ost-West-Angleichung der Arbeitszeit. Darüber hinaus soll das Thema der Entlastung der Beschäftigten in den Tarifverhandlungen behandelt werden. Die besonderen Themen des Gesundheitswesens und der Pflege sollen an einem eigenen Verhandlungstisch eingebracht werden. Das Ergebnis soll später zeit- und wirkungsgleich auf Beamt*innen übertragen werden.
In Baden-Württemberg arbeiten nach Zahlen des Statistischen Landesamtes (Stichtag: 30.6.2019) 219.550 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen. Etwa 66 Prozent der Beschäftigten sind Frauen, die Teilzeitquote beträgt rund 43 Prozent (insgesamt inklusive Beamt*innen). Im Jahr 2000 lag die Teilzeitquote noch bei 34 Prozent. Außerdem haben die bundesweiten Verhandlungen unter anderem Auswirkungen auf den Verlauf der Tarifrunde von rund 10.000 Beschäftigten bei der Agentur für Arbeit und über 3.000 Beschäftigten bei der Deutschen Rentenversicherung im Land.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg