288 (Stand 30. April, 11 Uhr) betriebliche Interessenvertretungen aus Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens in Baden-Württemberg wenden sich heute angesichts der aktuellen Entwicklungen als gewählte Vertreter*innen ihrer Kolleg*innen mit einem eindringlichen Weckruf an die Landesregierung und die Öffentlichkeit. Gemeinsam mit ver.di und BIV (Betriebliche Interessenvertretungen der Krankenhäuser Baden-Württembergs) sprechen sie für hunderttausende Beschäftigte in den Einrichtungen und Diensten im Land.
Martin Gross, ver.di Landesbezirksleiter: „In diesen Tagen und Wochen legt die Pandemie die Mängel im Gesundheits- und Sozialwesen schonungslos offen. Die Folgen sind gesundheitsgefährdend für uns alle. Durch eine jahrzehntelang verfehlte Politik, die Einrichtungen und Dienste auf Effizienz und Wettbewerb getrimmt hat. Die Corona-Krise muss der allerletzte Weckruf sein, um die Richtung der Gesundheitspolitik grundlegend zu ändern.“
Die 288 Personalrats-, Betriebsratsgremien und Mitarbeitervertretungen, Jugend- und Auszubildenden- sowie Schwerbehindertenvertretungen fordern jetzt mehr Schutz für Beschäftigte und Auszubildende sowie Patient*innen, Bewohner*innen, Klient*innen, eine dauerhafte Aufwertung ihrer Tätigkeiten und Verbesserung der Arbeitsbedingungen, eine Anerkennung ihrer Leistungen in der Krise in Form einer Prämie sowie eine Abkehr von der Ökonomisierung des Sozial- und Gesundheitswesens.
Martin Nestele, aus der Altenpflege, stellvertretender Vorsitzender des ver.di-Fachbereichs Gesundheit und Soziales in Baden-Württemberg: „In den Läden und im ÖPNV herrscht seit dieser Woche Maskenpflicht, das ist gut. Wir brauchen in der Pflege und Betreuung dringend auch eine Schutzplicht, auf FFP2 Niveau. Nur so können wir die uns anvertrauten Menschen und uns vor Infektionen schützen. Es muss viel mehr getestet werden. Und: 12-Stunden-Schichten packen wir nicht!“
Regina Albrecht, aus der Gesundheits- und Krankenpflege, Vorsitzende des Fachbereichs: „Die Aussage von Sozialminister Lucha, die Pflegekräfte hätten nur eine ganz kurze Belastungsspitze für den Umbau des Systems gehabt, lässt völlig außer Acht, dass alle Beschäftigten dem Infektionsrisiko ausgesetzt sind, den Großteil der Schicht in Schutzkleidung arbeiten müssen und natürlich auch Angst haben. Denn bereits über fünf Prozent der Neuinfizierten arbeiten im Gesundheitssystem, Tendenz täglich steigend. Deshalb haben alle, wirklich alle, die gerade im Gesundheits- und Sozialwesen Einsatz zeigen, die von ver.di geforderte monatliche Prämie von 500 Euro mehr als verdient.“
Dr Thomas Böhm, Koordinator von BIV (Betriebliche Interessenvertretungen der Krankenhäuser Baden-Württembergs): „Unser Gesundheits- und Sozialwesen muss jetzt flächendeckend und am Bedarf orientiert umgestaltet werden. Die Fallpauschalen im Krankenhaus gehören abgeschafft. Die Förderung der Investitionskosten ist immer noch viel zu niedrig. Ohne am Bedarf orientierte Personalbemessungssysteme schaffen es die Beschäftigten nicht mehr. Und wir brauchen Krankenhäuser in öffentlicher Hand. Privatisierungen müssen rückgängig gemacht werden. Unsere Arbeit dient der öffentlichen Daseinsvorsorge, nicht privaten Konzernen bzw. den Dividenden von Aktionär*innen.“
Irene Gölz, ver.di Landesfachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales: „Wir fordern vom Land die ernsthafte Bereitschaft zu Veränderungen. Die Politik kann das Vertrauen der Beschäftigten im Sozial- und Gesundheitswesen zurückgewinnen, wenn sie nachhaltige strukturelle Veränderungen auf den Weg bringt. Hierzu gehört eine bedarfsgerechte Finanzierung und Personalausstattung.“
Den offenen Brief, das Flugblatt und weitere Informationen finden Sie hier:
Video zur Forderung:
https://www.youtube.com/watch?v=DRMbzOMKLho
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg