Sonntagsgedanken: „Sei doch nur einmal Mensch!“

Das war die Grundhaltung des legendären Seelsorgers und Politikers Christoph Friedrich Blumhardt (1842-1919), der am 2.August vor hundert Jahren in  Jebenhausen verstorben ist und dann auf dem Badfriedhof in Bad Boll unter großer Anteilnahme der Bevölkerung (auch der damaligen SPD-Landtagsfraktion) bestattet wurde.

Menschlichkeit als gemeinsames Fundament der Religionen! So lehrt es uns auch seit einigen Jahrzehnten der Tübinger Religionsphilosoph Hans Küng mit seinem Projekt „Weltethos der Religionen“. Die Respektierung der Würde des Menschen und der aktive Einsatz dafür bestimmte Christoph Blumhardt in seinem religiösen Verständnis und in seinem politischen Engagement: Der Schutz der dörflichen Landwirtschaft und der Natur („Die Natur ist der Schoß Gottes“), die gemeinsame (überkonfessionelle) Verantwortung für die Erziehung und Bildung der Kinder („Ihr seid Gottes … Gott macht Menschen – keine Katholiken, keine Protestanten, keine Methodisten.“), der Kampf gegen Frauen- und Kinderarbeit, das Eintreten für die Belange der Arbeiterschaft (gegen die so genannte Zuchthausvorlage), der Neubau der kleinen Bahn-Linien zugunsten der arbeitenden Bevölkerung (die dann nicht mehr den stundenlangen täglichen Weg zur Arbeit auf sich nehmen mussten), die Verweigerung der Flottenfinanzierung angesichts drohender Kriegsgefahr, die grundsätzliche Kritik am anhaltenden Feudalismus, die Abkehr von der kolonialen Missionsbewegung („Sei den Chinesen ein  Chinese“), die Abwendung von einem dogmatischen Christentum hin  zu versöhnendem Glauben („Gott ist ein Weltgott, ein Gott der ganzen Kreatur“) … das sind religiöse, politische und gesellschaftliche Spuren von Christoph Blumhardt, die uns Heutigen sehr nahe sind. Ob wir sie verstehen, beherzigen und dann in der Mitverantwortung für unsere Welt auch umsetzen können? Denn das Leben von Blumhardt ist zwar zu Ende, aber seine Impulse sind nicht vergangen und nicht abgeschlossen. Sie setzen sich fort durch unser Handeln und Glauben: „Es ist nicht nötig, dass ich schriftgemäß bin, sondern dass ich Gott folgen kann.“

 

Christian Buchholz, Dürnau

Schuldekan i.R.

 

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