Gemeinde Hattenhofen ist Vorreiterin beim Ökokonto – Positiver Punktestand
Das baurechtliche Ökokonto ist ein Vorsorgeinstrument und wie ein finanzielles Sparguthaben zu betrachten, mit Ein- und Auszahlungen. Dies erläuterte Landespflegerin Silke Groß vom Grafenberger Ingenieurbüro Sigmund im Gemeinderat. Das Büro betreut die Gemeinde seit 2004 in Sachen Ökokonto. Grundlage für ein Ökokonto war die damalige Neuregelung von 1998 in Paragraf 1a Baugesetzbuch. Seit diesem Zeitpunkt ist es möglich, im Vorgriff Maßnahmen des Landschafts- und Naturschutzes auszuführen, die auf spätere Eingriffe – beispielsweise bei einer neuen Baulandausweisung – angerechnet werden können. Im März 2001 hatte der damalige Gemeinderat auf Vorschlag der Verwaltung einstimmig beschlossen, mit der Naturschutzbehörde im Landratsamt ein Konzept zur Einrichtung eines solchen Ökokontos zu erarbeiten. Hattenhofen war damit die erste und lange Zeit einzige Gemeinde, mittlerweile sind es 24 Kommunen im Kreis. Eine erste größere Zusammenfassung über sämtliche laufenden Maßnahmen erhielt der Gemeinderat 2009. Seit April 2011 liegt ein komplettes Ökokonto mit Übersichtskarten und Maßnahmenkatalog vor. Die Gemeinde meldet regelmäßig neue Maßnahmen, Landespflegerin Groß bewertet diese, geht mit dem Bauhofchef vor Ort und prüft auf Realisierung. Im Benehmen mit der Verwaltung geht dann das Update an das Landratsamt zur Genehmigung. Hattenhofen ist seit Jahren im „Haben“-Bereich, obwohl beispielsweise der Anteil zum naturschutzrechtlichen Ausgleich im Interkommunalen Gewerbegebiet „Wängen“ auf Markung Zell unter Aichelberg vom Ökokonto abgezogen wurde. Die Anforderungen an Ausgleichsmaßnahmen, so Silke Groß, werden immer stärker und die Eingriffe immer höher gewichtet. Vor allem die Schutzgüter „Boden“ und „Arten“ fallen immer mehr ins Gewicht. Die Bewertung in Punkten richtet sich nach beanspruchter Fläche, Biotoptyp und Wertigkeit der Fläche.
Gewässerentwicklung und Gehölzpflege bringen Punkte
Hattenhofen kann die aufwändige jährliche Bachgehölzpflege des Bauhofs im Ökokonto verbuchen. Grundlage dafür sind die vor Jahren entwickelten Gewässerentwicklungspläne für Butzbach, Graubach und Reustadtbach. Auch die Aufwertung von Streuobstwiesen wird vom Ministerium mittlerweile als ökokontotauglich anerkannt. Eine Retentionsmaßnahme am Graubach konnte ebenfalls eingebucht werden. Der Vorteil eines Ökokontos ist, dass man ohne Zeitdruck Kompensationsflächen schon vor dem Eingriff suchen kann. Genehmigumgsverfahren werden dadurch beschleunigt, die Aufwertungen im Ökokonto werden außerdem verzinst. Voraussetzung ist eine dauerhafte Sicherung der Maßnahme, am besten auf gemeindlichen Grundstücken. Der Naturhaushalt muss aufgewertet werden, die Maßnahme muss mit dem Landratsamt abgestimmt und von dort genehmigt werden und es ist eine regelmäßige Dokumentation einschließlich Monitoring erforderlich. Ausschließlich gute landwirtschaftliche gute Praxis ist nicht ökokontofähig, ebenso wenig geförderte Maßnahmen oder die Sicherung des Zustandes. Maßnahmen auf besonders wertvollen landwirtschaftlichen Flächen taugen ebenfalls nicht für das Ökokonto.
Kontoführung hat Vorteile
Er sei bei dem Thema immer hin und hergerissen, so ein Gemeinderat. Einen Quadratmeter versiegelte Fläche könne man nicht ausgleichen, nur durch Entsiegelung an anderer Stelle. Insofern diene ein Ökokonto mehr der Gewissensberuhigung bei der Erschließung von Bauland und Eingriffen in die Natur. Trotzdem sei es gutes System, man wisse, wo man steht. Warum, so der Sprecher, führen nicht alle Landkreisgemeinden ein Ökokonto? Kämen die so durch? Nein, so Silke Groß, ein naturschutzrechtlicher Ausgleich sei bei Eingriffen in die Natur verpflichtend, unabhängig vom Ökokonto. Gemeinden ohne dieses Konto täten sich aber immer schwerer mit Kompensationsmaßnahmen. Trotz des Aufwands, war man sich im Gremium einig, sind die Gemeinden mit Ökokonto im Vorteil gegenüber denen ohne ein solches.
Das aktuelle Update wird nun die untere Naturschutzbehörde zur Prüfung erhalten. Weitere Maßnahmen sind schon geplant.
Klimaschutz: Noch weiter Weg bis zu gesetzten Zielen – Energieagentur stellt gemeindliche CO2-Bilanz vor
Trotz der Beschlüsse auf der Pariser Klimaschutzkonferenz im Dezember 2015 sei man bei dem Thema kaum weiter, so Bürgermeister Jochen Reutter in seinem Fazit zur Kohlendioxidbilanzierung der Gemeinde Hattenhofen. Es sei noch ein langer Weg bis zur Energiewende. In Paris hatten 196 Staaten einen völkerrechtlich
bindenden Vertrag beschlossen, um den Klimawandel zu bremsen und seine Auswirkungen abzufedern. Das Abkommen soll dafür sorgen, dass die Erderwärmung auf deutlich um zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit beschränkt wird. Die Staaten wollen sogar versuchen, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu beschränken. Das Pariser Protokoll setzt auf nationale Selbstverpflichtungen. Jedes Land soll selber sagen, um wieviel Prozent es seine klimaschädlichen Ausstöße reduzieren möchte. Als letzte Länder sind 2017 auch Nikaragua und Syrien dem Abkommen beigetreten. Die USA hingegen, zusammen mit China einer der beiden größten Kohlendioxidausstoßer, haben den Rückzug aus dem Vertrag angekündigt. Das integrierte Klimaschutzkonzept des Landkreises nimmt das Jahr 2010 zur Basis und hat zum Ziel, dass bis zum Jahr 2050 der Endenergiebedarf mit erneuerbaren Energien gedeckt wird und gegenüber dem Basisjahr 49 Prozent Energie eingespart werden.
Anteil an regenrativen Energien um 50 Prozent gestiegen
Die Energieagentur des Landkreises hat die Kohlendioxidbilanz des Kreises und der Gemeinden in den Jahren 2010 bis 2015 ausgewertet. Diplom-Ingenieur Timm
Engelhardt, Geschäftsführer der Agentur, stellte dem Gremium die Daten für Hattenhofen vor. Die Daten wurden aus unterschiedlichen Quellen erhoben, so wurden präzise Verbrauchsdaten wie Gesamtstrombedarf, Verbrauchswerte und Gasbedarf des Gewerbes zu Grunde gelegt. Verglichen wurde mit bundesdurchschnittlichen Entwicklungen, beispielsweise beim Wärmebedarf. Im Bilanzzeitraum hat sich die Einwohnerzahl Hattenhofens um 45 Personen gesteigert, wurden 41 Wohnungen gebaut und nahm der Fahrzeugbestand um sechs Prozent zu. Außerdem stieg die Produktion in Gewerbe und Industrie, was einen stark erhöhten Gasbedarf zur Folge hatte. Im Jahr 2015 hatten Gewerbe und Industrie 77 Prozent des Strombedarfs, die Privathaushalte neun Prozent. zehn Prozent am gesamten Strombedarf wurden durch erneuerbare Energien gedeckt. Bei der Wärme ist es umgekehrt, da haben die Privathaushalte einen Anteil von zwei Dritteln. Hier wird der Bedarf durch 11,5 Prozent mit erneuerbarer Energie abgedeckt. Von 2010 bis 2015 ist die Stromerzeugung durch Photovoltaik und Biomasse um 50 Prozent gestiegen. Auch die Wärmeerzeugung aus erneuerbaren Energien (Sonne, Geothermie, Biomasse) stieg in der Zeit um 45 Prozent.
Windkraft spielt im Voralb-Bereich keine Rolle. Daher, so Engelhardt, müsse man dies durch stärkere Nutzung anderer Energieträger ausgleichen. Die Speicherung von Sonnenergie sei ein Schlüsselthema. Außerdem solle man das hohe Wärmeabnahme-Potenzial durch die Industrie nutzen.
Kohlendioxidausstoß leicht zurückgegangen
45.000 Tonnen wurden in Hattenhofen im Jahr 2015 an Kohlendioxid emittiert und damit etwas weniger als 2010. Dies sind gut 15 Tonnen pro Einwohner, was über dem Kreisdurchschnitt liegt. Gewerbe und Industrie abgezogen, liegt der Ausstoß bei 9,4 Tonnen je Einwohner. Das ist leicht unter dem Kreisdurchschnitt. Der Ausgleich durch erneuerbare Energien liegt bei 1,45 Tonnen pro Einwohner. Es habe sich schon etwas getan, so Timm Engelhardt, aber es sei noch ein langer Weg bis zum Ziel, dass je Einwohner maximal eine Tonne Kohlendioxid ausgestoßen wird. Sonst schaffe man das internationale Minimalziel von höchstens zwei Grad Erderhitzung nicht. Das eigentliche Ziel von maximal 1,5 Grad sei kaum mehr zu erreichen. Niemand wisse allerdings genau, was bei Überschreitung dieser Erwärmungsgrade passiere.
Die Energieagentur bietet zusammen mit Bund und Land, diverse Checks und Vorortbegehungen für Gewerbe und Privathaushalte. Diese möchte Bürgermeister Jochen Reutter mit der Energieagentur konkretisieren und aufgreifen.
Sprecher fordert ehrliche Bilanzierung
Das Verbrennen von Biomasse werde CO2 – neutral dargestellt, dass sehe er kritisch, so ein Gemeinderat. Bei der Gärung von Biomasse in Biogasanlagen beispielsweise entstehe Methan. Außerdem, so der Sprecher, vermisse er eine saubere Bilanzierung bei der Herstellung von Akkus für die E-Mobilität. Er sei kein Gegner dieser Technik, aber es werde nicht thematisiert, dass bei der Produktion sehr viel Kohlendioxid ausgestoßen wird. Er ärgere sich über dieses „Greenwashing“. Damit werde man der Verantwortung gegenüber der jüngeren Generation nicht gerecht. Elektroautos alleine könnten nicht das CO2-Problem lösen. Vielmehr müsse man den persönlichen Konsum ändern und mehr Ressourcen schonen. Auch bei Solarzellen entstehe bei der Herstellung Kohlendioxid. Richtig, so Timm Engelhardt, Elektro-Mobilität sei nicht die einzige Lösung. Es gehe auch um Themen wie Urlaub, Ernährung und Konsum. Trotzdem sei die Nutzung regenerativer Energien ökologisch viel besser als die Nutzung fossiler Energien in den letzten hundert Jahren. Die Konsequenz könne nicht lauten, so abschließend Bürgermeister Jochen Reutter, nichts zu tun. Man könne nicht 30 Jahre so weitermachen wie bisher.
PM Gemeindeverwaltung Hattenhofen