Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat heute die Schadensersatzklage gegen die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) wegen Streiks im öffentlichen Personennahverkehr in Pforzheim im Jahr 2016 in zweiter Instanz abgewiesen.
Susanne Wenz, stellvertretende ver.di-Landesbezirksleiterin in Baden-Württemberg. „Dieses Urteil ist ein Signal gegenüber allen Arbeitgebern, die Gewerkschaften zur Kasse bitten wollen, anstatt mit ihnen Lösungen für Konflikte am Verhandlungstisch zu suchen. Wir fordern die nun zum vierten Mal vor Gericht unterlegene SVP auf, endlich das Kriegsbeil zu begraben. Es stimmt uns traurig, dass Anwälte viel Geld von der SVP bekommen, während die betroffenen Busfahrerinnen und Fahrer mit praktisch leeren Händen in die Arbeitslosigkeit gehen mussten.“
Mit der Schadensersatzklage versuchte die SVP ver.di für den Einsatz für soziale Regelungen als Ausgleich für den Verlust von rund 240 Arbeitsplätzen beim Pforzheimer Stadtverkehr nachträglich zu „bestrafen“. Über diese Schadensersatzklage sollten der Gewerkschaft faktisch die Kosten der Stilllegung aufgebürdet werden.
„Diese Rechnung ist im wahrsten Sinne des Wortes nicht aufgegangen“, so Wenz.
Anlass der Auseinandersetzung zwischen SVP und ver.di war der Übergang der Linienverkehre in Pforzheim an die DB-Tochter Regionalverkehr Südwest GmbH (RVS) durch Genehmigung vom 12. Januar 2016. Eine Regelung im Personenbeförderungsgesetz ermöglicht es privaten Anbietern mit sogenannten eigenwirtschaftlichen Anträgen ohne öffentliche Vergabe Nahverkehre zu übernehmen. Diese Übernahme führte in der Folge zwangsläufig zur Insolvenz der SVP unter Verlust aller Arbeitsplätze. Nachdem auf dem Verhandlungsweg keine Einigung über die Absicherung der SVP-Beschäftigten erzielt werden konnte, war ver.di gezwungen, zum Streik aufzurufen.
Mit ihrer Schadensersatzklage forderte die SVP Stadtverkehr Pforzheim GmbH & Co. KG i.L. (SVP), eine hundertprozentige Tochter der Stadt Pforzheim, Schadensersatz in Millionenhöhe von ver.di. Begründet wurde diese Forderung mit Verlusten, die durch den ver.di-Streik entstanden seien. Die SVP behauptet, die Streikmaßnahmen zwischen dem 9. März und dem 1. Juli 2016 seien rechtswidrig gewesen. Die SVP berief sich zur Begründung ihres Schadensersatzanspruches auf die Verfolgung unzulässiger Streikziele durch ver.di. Durch die Forderung von ver.di nach einem Sozialtarifvertrag sei die Friedenspflicht verletzt worden, da zwischen den Tarifpartnern bereits entsprechende tarifliche Regelungen schon bestehen würden. Überdies seien Streikforderungen auch an die Stadt Pforzheim gerichtet worden, die nach Auffassung der SVP eine am Tarifkonflikt unbeteiligte Dritte gewesen sei.
Dieser Argumentation folgte das Landesarbeitsgericht wie bereits alle anderen Gerichte vorher nicht: einer einstweiligen Verfügung der SVP gegen den Streik wurde bereits 2016 in zwei Instanzen nicht Recht gegeben, die Schadensersatzklage wurde im März 2018 in erster Instanz abgelehnt.
„Wir sind erleichtert, dass sich das LAG nicht darauf eingelassen hat, die Spielräume von Gewerkschaften bei der Ausübung ihres grundgesetzlich verbrieften Streikrechts derart einzuengen“, so Wenz.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg