„S´menschelet halt iib´rall“ sagt man im Schwäbischen, wenn davon die Rede ist, dass menschliche Schwächen auch in den idealsten Gemeinschaften zu Reibereien führen können. Ob im Gesangverein, wo die Harmonie zwischen Kassier und Vorstand gestört ist, ob im Sportverein, wo sich eine Abteilungen übergangen fühlt, ob in Kirchengemeinden, wo unterschiedliche Gruppen und Interessen gegeneinander stehen – keine Gemeinschaft ist vor offenen oder versteckten Ränkespielen gefeit.
Besonders enttäuschend ist es, wenn es in der Kirche allzusehr „menschelet“, wenn auch da Rangeleien um Macht und Einfluß die Atmosphäre trüben. Und wenn nicht offen über die verschiedenen Interessen und Bedürfnisse geredet wird. Immerhin gilt in der Kirche ja der Anspruch, in der Nachfolge Jesu eine Gemeinschaft „von Brüdern und Schwestern“ zu sein. „Nehmet einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob!“ hat der Apostel Paulus den Christen in Rom seinerzeit ins Stammbuch geschrieben. Aber: „S´ menschelet halt iib´rall“! Wir sind nun mal von Natur aus eigenwillig, stolz und ichbezogen. Es braucht schon Gelassenheit und ein Stück Arbeit an uns selbst, um egoistische Eitelkeiten zu überwinden.
Das war auch bei den ersten Jüngern Jesu nicht anders. Drei Evangelisten erzählen von einem heftigen Rangstreit unter ihnen. Es ging darum, wer von ihnen denn der Wichtigste und Größte sei. Jesus konnte diesem kleinlichen Streit nur kopfschüttelnd zusehen. Hatten sie denn keine anderen Sorgen? Er rief ein heimatloses Bettelkind heran, das an der Straße stand, stellte es vor sie hin und sagte: „Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der ist der Größte! Der nimmt mich auf.“ (Mk 9,37). Die Reaktion der Jünger ist nicht überliefert. Ich stelle mir vor, sie waren etwas betreten und schämten sich ein wenig. Jesus hatte sie von ihren völlig nutzlosen und selbstverliebten Rangstreitigkeiten zurückgeholt und sozusagen wieder „in den Senkel gestellt“. In Not geratene Menschen aufnehmen, ihnen Schutz gewähren, sie zu fördern – das ist die Herausforderung, an der sich seine Nachfolgerinnen und Nachfolger zu bewähren haben. Viel wichtiger als das Sich-drehen-um-sich-selbst ist das Sich-kümmern-um-andere. Wenn wir das ernst nehmen, dann „menschelet“ es bei uns im eigentlichen, im positiven Sinn, nämlich im Sinn von Mitmenschlichkeit und Anteilnahme. Ein Beispiel gefällig? Auf einen Aufruf der SOS-Kinder- und Jugendhilfen hin haben sich in Göppingen 18 Jugendliche gemeldet, die beim wöchentlichen Spieletreff für die Flüchtlingskinder der Gemeinschaftsunterkunft in der Pappelallee ehrenamtlich mitarbeiten. Wunderbar! In diesem Sinn: lasst´s weiter „menschele“!
Pfarrer i.R. Walter Scheck
Göppingen