Sonntagsgedanken: Die Wahrheit über uns

Als Kind hatte ich großen Respekt, um nicht zu sagen Angst vor allen Personen die Masken trugen. An Fasching stellte ich mich in die hinterste Reihe und versteckte mich hinter anderen, um ja nicht von einer „Hexe“ gesehen zu werden. Ja selbst vor dem Nikolaus fürchtete ich mich, zumal er damals noch in Begleitung des Ruprechts ins Haus kam.

Später bin ich eine Zeit lang selbst beim Fasnetsumzug in Westerheim, mit einer „Schrezen“- Maske mitgelaufen. Dabei spürte ich, dass ich in einer entsprechenden Stimmung sein musste, um meine Rolle als „Schreze“ gut spielen zu können.

Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, fällt mir auf, wie gut sich dieses „Bild“ eignet, zwei Seiten unseres Lebens darzustellen: Die eine Seite ist die „Rolle“, die man in unserer Gesellschaft einnimmt. Die andere Seite ist die dahinterstehende Person: Das wahre Ich.

Unsere Fähigkeit in verschiedene Rollen schlüpfen zu können, kann dazu führen, dass wir einander etwas vorspielen, etwas vormachen. Geschickt eingesetzt, kann man so seine Interessen anderen Menschen gegenüber durchsetzen.

Anderen etwas vorzumachen ist nicht nur unehrlich, sondern führt auch zu Vertrauensverlust. Die Bankenkrise war eine Folge von Täuschung, dadurch brach Vertrauen weg. „Fake News“, gefälschte Nachrichten, erschüttern unser Vertrauen in Medien. Populistische Reden und Kurznachrichten gaukeln uns „alternative Wahrheiten“ vor. Das Unwort des Jahres „postfaktisch“ meint, dass für manche, die Zeit der Fakten vorbei ist.

Überhaupt wird viel an der äußeren Erscheinung gearbeitet. Die Präsentation, die Verpackung ist das wichtigste. Man zeigt sich im Netz toll, schön und perfekt.

Angesichts der weiten Verbreitung von Bluff, von übertriebener Selbstdarstellung und Täuschung stellen sich Fragen wie: Wer sind wir eigentlich? Wer sind wir hinter den Rollen, die wir manchmal nur spielen?

Einer Antwort kommen wir nahe, wenn wir, in stillen Stunden versuchen, unsere Rollen abzulegen; wenn wir versuchen, allein mit uns selbst, unseren vergänglichen Besitz „wegzulegen“; wenn wir versuchen, unsere beeindruckenden „Kostüme“ beiseitezulegen; wenn wir unsere alltäglichen Sorgen hinter uns lassen. Wenn wir so gleichsam „nackt“ sind, kommen wir unserem wahren Ich näher. Wir erkennen die fundamentale Wahrheit über uns selbst: Wir sind uns, von Jemandem oder „Etwas“ gegeben. Wir sind „Geschenk“. Wenn es uns, darüber hinaus, gelingt, uns vom Schenker des Lebens, getragen und geborgen zu fühlen; wenn es uns gelingt, uns von dem der gibt, als gewollt und geliebt zu erleben, durchdringt uns wärmendes Licht.

 

Josef Priel, 72589 Westerheim

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