Sonntagsgedanken: Es luthert sehr

Luther-Bonbons, Luther-Münzen, Playmo-Luther, Luther-Bier und Vieles mehr erinnert in diesen Tagen an die 500. Wiederkehr des Beginns der Reformation am 31. Oktober 1517.

Was mir dabei zu kurz kommt:

reinhard-hauffLicht und Schatten liegen bei Luther nah beieinander. Seine teils genialen Leistungen werden geschildert und gewürdigt und das ist gut so. Aber wir können als aufrechte Protestanten nicht in dieses Gedenkjahr gehen ohne auch Luthers verheerende Hetzschriften gegen Bauern, Juden und Türken bzw. Muslime mit zu bedenken. Und wir sollten fragen: Was würden die Reformatoren uns heute ins Stammbuch oder an die Kirchentür schreiben? Manches von damals würden sie womöglich verschärfen, etwa ihre Wirtschaftsethik. Luther kritisierte heftig das Gebaren der großen Banken und Handelshäuser seiner Zeit. Fixiert auf ihren Profit förderten sie Korruption, produzierten Not und gingen über Leichen. Was hätten die Reformatoren angesichts heutiger Zustände in der Weltwirtschaft gesagt? Wie würden sie die Verstrickungen unserer Kirchen in wirtschaftliche und militärische Gewaltzusammenhänge beurteilen? Luther sah schon zu seinen Lebzeiten sich und seine reformatorischen Errungenschaften in teils fataler Abhängigkeit von weltlichen Herrschern. Diese Abhängigkeiten haben sich in ihrer Erscheinung verändert (kein Landesfürst/Ministerpräsident ist heute gleichzeitig Bischof), aber strukturell erhalten. Von Militärseelsorge über Kirchensteuer bis zur Durchsetzung kirchenleitender Gremien mit VertreterInnen aus Wirtschaft und Politik gibt es viele Bindungen der Kirchen an Interessen, die durchaus nicht immer biblisch zu begründen sind. Wir kommen nicht umhin, unser Verhältnis zu militärischer Gewalt, wirtschaftlicher Ausbeutung, sozialer Ungerechtigkeit oder zur Zerstörung vieler Bereiche der Natur weiter zu klären. Denn hier geht es um die Vernichtung oder den Erhalt von Gottes Schöpfung. Diese Klarheit sind wir nicht nur unseren kirchlichen „Vorvätern und -müttern“ schuldig, sondern gerade auch unseren Menschengeschwistern die unter Armut und Krieg leiden sowie zukünftigen Generationen. Gut wär’s, dieses Gedenkjahr gemeinsam mit anderen christlichen Kirchen zu gestalten. Luther wollte keine Kirchenspaltung. Ein fröhliches Zusammenrücken würde unsere gemeinsame Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit stärken – im Sinne einer „Ökumene der Solidarität“.

 

Pfr. Reinhard Hauff, Heiningen

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