Seit wenigen Jahren wird die Esche – nach Buche und Eiche die dritthäufigste Laubbaumart im Land – durch eine Pilzerkrankung geschädigt. Inzwischen sind über 90 Prozent der Eschen erkrankt. Betroffene Bestände müssen oftmals aus Sicherheitsgründen eingeschlagen werden. Bei einem Vor-Ort-Termin am Samstag (20. Februar) im besonders betroffenen Oberrheingebiet bei Weisweil (Landkreis Emmendingen) informierte sich Forstminister Alexander Bonde über die Situation.
„Die Esche galt noch bis vor wenigen Jahren wegen ihrer Trockenheitstoleranz, ihrer Anpassungsfähigkeit auf unterschiedlichsten Standorten und der guten Holzeigenschaften als Zukunftsbaumart im Klimawandel. Heute ist sie das Sorgenkind Nummer Eins der Forstleute in Baden-Württemberg. Auf längere Sicht könnten wir durch das Eschentriebsterben die Eschenwälder im Land verlieren“, sagte Bonde. Wenn große Bäume ihre Stabilität verlieren und ohne Vorwarnung umfallen, könnten auch Menschenleben in Gefahr sein. Deshalb müssten die Forstbehörden vor Ort oft rasch handeln. Dies könne in Ausnahmefällen auch starke Eingriffe in das Waldbild erfordern.
Land unterstützt Waldbesitzende bei Wiederaufforstung
Seit dem ersten Auftreten der Pilzerkrankung im Jahr 2006 habe der Landesbetrieb ForstBW und die forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg die Baumerkrankung untersucht und aus den gewonnenen Erkenntnissen ein Maßnahmenpaket entwickelt. Neben der intensiven Kontrolle und rechtzeitiger Entnahme befallener Eschen sollen dabei resistente Bäume erhalten und gefördert werden. „Durch eine rasche Wiederaufforstung der Flächen legen unsere Forstleute heute den Grundstein für klimastabile und naturnahe Wälder der Zukunft. Im Zuge der Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft unterstützen wir dabei geschädigte Waldbesitzende finanziell über das Förderprogramm Nachhaltige Waldwirtschaft“, so der Minister abschließend.
Hintergrundinformationen:
Die Esche hat als ökologisch wertvolle und wuchskräftige Baumart mit sehr guten Holzeigenschaften innerhalb der letzten Jahrzehnte erheblich an Bedeutung in der Forstwirtschaft gewonnen. Auch galt sie bislang wegen ihrer hohen Trockenheitstoleranz im Hinblick auf den Klimawandel als besonders zukunftsfähig. In Baden-Württemberg ist sie nach der Buche und den heimischen Eichenarten die dritthäufigste Laubbaumart. Vor allem in der Oberrheinebene und auf der Schwäbischen Alb ist sie von sehr hoher lokaler Bedeutung.
Seit 1992 breitet sich der invasive Pilz Hymenoscyphus fraxineus – auf Deutsch Falsches Weißes Stängelbecherchen genannt – in Europa rasant aus und erreichte 2006 auch Baden-Württemberg. Dieser Pilz stammt ursprünglich aus Ostasien und verursacht ein schwerwiegendes Eschentriebsterben. Im Sommer produziert der Pilz gewaltige Mengen an Sporen, die mit dem Wind verfrachtet werden und so auf die Blätter der Eschen gelangen können. Von hier aus dringt der Pilz über die Blattstiele bis in die Triebe vor, die daraufhin absterben. Um das Triebsterben zu kompensieren, reagieren die Eschen mit der Bildung von Ersatztrieben. Allerdings kommt es jährlich zu erneuten Infektionen, die auch die Ersatztriebe treffen können. Dadurch stirbt die Krone langsam ab und die geschwächten Eschen werden anfällig für andere Krankheitserreger und Insekten. Langfristig führt diese Abwärtsspirale zum Absterben der Bäume. Vor allem auf nassen Standorten wie am Oberrhein tritt als weiteres Krankheitssymptom die Verformung der Rinde im Bereich des Stammfußes auf (sog. Stammfußnekrose). Diese stellt die Eintrittspforte für weitere Krankheitserreger dar, die den Baum innerhalb weniger Jahre zum Absterben bringen. Insbesondere kommt es zu Holzfäulnis im Wurzelbereich, die die Standfestigkeit der Bäume reduziert. Da beide Symptome unabhängig voneinander auftreten, können auch augenscheinlich gesunde Bäume plötzlich umfallen.
Aufgrund der hohen Gefahrenlage werden daher in Einvernehmen mit den Forst- und Naturschutzbehörden Kahlschläge durchgeführt, die das Landschaftsbild erheblich verändern und daher in Einzelfällen auf Kritik in der Bevölkerung stoßen können. ForstBW informiert über die Hintergründe der Maßnahmen und wird vor Ort auch Informationstafeln aufstellen.
Der finanzielle Schaden für die Waldbesitzenden durch die Krankheit ist enorm. Viele Bestände müssen vor Hiebsreife eingeschlagen werden. Bisher ist der Holzpreis für Eschen-Stammholz stabil. Insbesondere im Bereich des Industrie- und Brennholzes bestehen jedoch bereits lokale Absatzprobleme. Auch sind die Holzerntekosten aufgrund der sicherheitsbedingten Notwendigkeit aufwändiger Erntetechniken überdurchschnittlich hoch, so dass in Kombination mit den hohen Aufwendungen für die Wiederaufforstung betriebswirtschaftlich defizitäre Ergebnisse erzielt werden. In Abhängigkeit der verwendeten Baumarten betragen die Pflanzungskosten zwischen 10.000 Euro und 19.000 Euro je Hektar. Das Land Baden-Württemberg unterstützt daher Kommunal- und Privatwaldbesitzer bei der Neubegründung standortsgerechter Laub- und Mischwälder auf den entstandenen Freiflächen finanziell über das Förderprogramm Nachhaltige Waldwirtschaft.
Nach dem Waldzustandsbericht 2015 weisen etwa 80 Prozent der Eschen in Baden-Württemberg mittlere bis starke Kronenschäden auf, sodass ein Absterben innerhalb der nächsten zehn Jahre als wahrscheinlich angenommen werden kann. Keinerlei Krankheitssymptome zeigen knapp sieben Prozent der Bäume. Im Zuge der Waldbewirtschaftung werden diese Eschen gezielt gefördert. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) untersucht derzeit, inwiefern sich diese Bäume für die Gründung zukunftsfähiger Eschenbestände eignen und steht dabei in engem Austausch mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in ganz Europa. Es konnte festgestellt werden, dass in Einzelfällen genetisch fixierte Resistenzen vorliegen. Jedoch ist nicht sicher, ob der Pilz im Laufe der Zeit diese Resistenzen überwinden kann.
Weitere Informationen speziell zum Eschentriebsterben finden sie im Internet unter www.fva-bw.de und allgemein zur Wald- und Forstwirtschaft unter www.mlr-bw.de/Wald oder www.forstbw.de.
PM