Die 12 baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern (IHK) haben das Ausbildungsjahr 2015 mit einem knappen Minus von 0,1 Prozent bei den eingetragenen Lehrverträgen gegenüber dem Vorjahr abgeschlossen.
Nach Angaben der Kammern wurden im zurückliegenden Jahr ca. 45.400 neue Ausbildungsverträge zwischen Azubis und Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung unterschrieben. Im Jahr davor waren es fast 50 Ausbildungsverträge mehr. Laut Landesarbeitsagenturen blieben 2015 über alle Branchen hinweg mehr als 6.100 freie Lehrstellen landesweit unbesetzt (Stand: 30.09.2015).
Damit setzt sich der seit 2012 anhaltende negative Trend zwar fort, konnte aber nahezu gestoppt werden. „Dieses Ergebnis ist den intensiven Bemühungen der Unternehmen zu verdanken“, so Andreas Richter, Hauptgeschäftsführer der IHK Region Stuttgart und Federführer Ausbildung der IHKs in Baden-Württemberg. Viele Unternehmen steckten heute viel mehr Zeit und Aufwand in die Besetzung ihrer Lehrstellen. “Dennoch ist das Ergebnis keineswegs Grund, entspannt die Beine hochzulegen. Die Lage am Ausbildungsmarkt bleibt für die Unternehmen nach wie vor angespannt“, mahnt Richter.
Eine weitere Schwierigkeit neben der demografisch bedingten abnehmenden Zahl der Schulabgänger und dem Trend Richtung Hochschulen stellt bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen nach wie vor die mangelnde Ausbildungsreife dar. Das unzureichende mündliche und schriftliche Ausdrucksvermögen ist dabei laut einer landesweiten IHK-Umfrage aus dem Jahr 2015 mit fast 55 Prozent der größte Kritikpunkt der befragten Unternehmen. Mehr als drei von vier Betrieben beklagen zudem die unklaren Berufsvorstellungen der Bewerber.
Die Einführung des Fachs Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung, das ab Herbst 2016 an allen weiterführenden Schulen im Land Pflicht sein wird, ist daher aus Sicht des BWIHK ein wichtiger Schritt. So könnte in den Schulen besser über Perspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten, die eine duale Ausbildung bietet, informiert werden.
Viele Betriebe werben inzwischen auch um neue Zielgruppen wie zum Beispiel Studienabbrecher, um ihre Ausbildungsplätze besetzen zu können. Die IHKs im Land versuchen hier in Zusammenarbeit mit den Hochschulen Studierenden, die nach einer Alternative suchen, neue Perspektiven im Rahmen eines spezialisierten Dualen Ausbildungsangebots zu eröffnen. So können beispielsweise mit dem Programm „speed.it – mit Tempo zum Erfolg“ der IHK Region Stuttgart umstiegsbereite Studierende mit Hard- und Software-Kenntnissen aus MINT-Studienfächern (Mathematik, Physik, Informatik, Wirtschaftsinformatik und ähnliche Fachrichtungen) innerhalb von 18 bis 24 Monaten eine Berufsausbildung absolvieren.
Die IHKs in Baden-Württemberg bieten ihren Mitgliedsunternehmen bei der Suche nach Auszubildenden umfassende Unterstützung. Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Betrieben vor Ort helfen, mehr Informationen über Wirtschaft, Berufs- und Arbeitsleben sowie Ausbildungsinhalte, Berufswahl und Bewerbung in die Schulen zu tragen. Bei dem Projekt „Ausbildungsbotschafter“ werben außerdem Auszubildende für ihre Ausbildungsberufe in Schulklassen. In diesem Jahr wurde das Programm durch landesweit 400 Senior-Ausbildungsbotschafter ergänzt. Diese rekrutieren sich aus Beschäftigten in der Wirtschaft oder Inhabern von Betrieben, die ihre berufliche Laufbahn mit einer betrieblichen Ausbildung begonnen haben. Viele Matching-Projekte der IHKs sind ebenfalls sehr erfolgreich. So vermittelt beispielsweise die IHK Region Stuttgart im Rahmen des Projekts „Azubi gesucht?“ in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur Jugendliche direkt an Betriebe. Im Jahr 2015 konnten damit über 800 Lehrstellen besetzt werden.
PM