Ansprache von Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum Jahreswechsel 2015/2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

liebe Landsleute,

in diesen Tagen, in denen so viele Menschen aus aller Welt bei uns Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, denke ich an meine Kindheit zurück. Meine Eltern wurden aus ihrer Heimat in Ostpreußen vertrieben. Dabei starb mein älterer Bruder als Säugling. Nach Flucht und Internierung in Dänemark kamen sie hier nach Baden-Württemberg.

Winfried KretschmannWie schon viele andere Vertriebene und Flüchtlinge in der Geschichte unseres Landes wurde auch meine Familie gut aufgenommen. Meine jüngere Schwester und ich wurden hier geboren. Wie viele andere krempelte die Familie die Ärmel hoch und trug zum Wiederaufbau und zum Wirtschaftswunder bei. Aufgenommen und akzeptiert zu werden: diese Erfahrung hat mich geprägt. So bin ich meiner Heimat dankbar verbunden.

Das vergangene Jahr war auch gekennzeichnet durch fürchterliche Terroranschläge in aller Welt und in Europa. Wir müssen und werden alles dagegen tun, was wir können.

Und auch die Ankunft so vieler Flüchtlinge hat uns bewegt. Viele fragen sich: Können wir so viele Fremde bei uns aufnehmen? Werden sie sich bei uns integrieren? Dies sind Fragen, die Antworten verlangen und Anstrengung bedeuten.

Ich bin dankbar, dass es uns in Baden-Württemberg gelang, weit über 100.000 Geflüchtete anständig aufzunehmen. Das ist unsere humanitäre Verpflichtung, die wir auf Dauer nur mit europäischer Solidarität erfüllen können.

Vor allem muss die Politik die Fluchtursachen vor Ort bekämpfen. Damit haben wir schon begonnen: Baden-Württemberg kooperiert künftig mit der Provinz Dohuk im Irak. Mit unserer Hilfe sollen die Menschen im eigenen Land besser leben und besser ausgebildet werden.

Um die Flüchtlinge kümmern sich Nachbarn, Helferkreise, Kirchengemeinden, Vereine, Feuerwehren, Rettungsdienste, THW und auch die Bundeswehr. Diese Hilfsbereitschaft ist für mich, was wirklich zählt und bleibt. Sie ist der Schnellstart in eine künftige Integration.

Meine Damen und Herren,

auch der Klimawandel fordert uns heraus. Deswegen wollen wir Baden- Württemberg zur führenden Energie- und Klimaschutzregion machen. Schon vor der Pariser Gipfelkonferenz haben wir zusammen mit Kalifornien 120 Regionen mit über 700 Mio. Menschen zu einem Globalen Klimaschutzbündnis versammelt.

In Paris wurde dann in unserem Sinne ein Klimavertrag gegen die globale Erderwärmung verabschiedet. Jetzt kann sich die Klimapolitik weltweit zum Besseren wenden.

Wir haben die besten Voraussetzungen, unsere anstehenden Aufgaben zu erledigen: Unser Land ist bundesweit Spitzenreiter beim nachhaltigen Wirtschafts-wachstum, wir sind die Innovationsregion in Europa und investieren stark in Bildung und Forschung. In Baden-Württemberg hatten noch nie so viele Menschen eine Arbeit wie heute. Unser Landeshaushalt ist solide aufgestellt.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wir leben in einem stabilen und sicheren Rechtsstaat, in einem wohlgeordneten Gemeinwesen. Sich an unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu orientieren, erwarten wir auch von denen, die zu uns kommen, wie von allen an-deren auch.

Unsere Bürgerschaft in Baden-Württemberg hält zusammen. Den Menschen ist es wichtig, was in ihrem Land und in ihrer Gemeinde passiert. Weil wir so ein starkes Land sind, können wir Großes leisten und mit Zuversicht und baden-württembergischem Selbstvertrauen ins neue Jahr blicken.

Ihnen und Ihren Familien wünsche ich Gesundheit, Erfolg und ein friedliches neues Jahr 2016.

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