Der akute Schlaganfall zählt zu den zeitkritischsten Notfällen in der präklinischen und klinischen Versorgung. Die rasche Identifikation und Einleitung therapeutischer Maßnahmen entscheidet maßgeblich über das neurologische Outcome. Dieser Bericht schildert ein reales Ereignis, das die Bedeutung des Zeitfaktors eindrucksvoll unterstreicht.
Fallbeschreibung
Als Augenzeuge und zugleich ausgebildete Rettungsfachkraft wurde ich unvermittelt mit einer weiblichen Angehörigen konfrontiert, die plötzlich eine ausgeprägte Aphasie sowie eine linksseitige Facialisparese entwickelte. Die Symptomatik war hochverdächtig für einen frischen Apoplex. Unverzüglich erfolgte die Alarmierung des Rettungsdienstes über die Notrufnummer 112.
Bereits während des Notrufs konnte ich der Leitstelle die Verdachtsdiagnose „frischer Apoplex“ sowie relevante Zusatzinformationen übermitteln. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes wurden die Vitalparameter erhoben:
- Allgemeinzustand: deutlich reduziert
- Sprache: globale Aphasie
- Gesicht: linksseitige Mundwinkelsenkung
- Blutdruck: 220/130 mmHg
- Pupillen: beidseits isokor und lichtreagibel
- Motorik: keine Hemiparese
Versorgung und Klinikverlauf
Nach Übergabe an die eintreffenden Notfallsanitäter erfolgte der Transport unter Sonderrechten in die nächstgelegene Schlaganfallklinik. Dort wurde nach Ausschluss einer intrazerebralen Blutung umgehend eine Lysetherapie eingeleitet, gefolgt von intensivmedizinischer Überwachung.
Bereits am Folgetag war eine Verlegung auf die Normalstation möglich. Die globale Aphasie persistierte zunächst, jedoch zeigten sich unter täglicher ergotherapeutischer, physiotherapeutischer und logopädischer Behandlung rasch Fortschritte. Erste Worte und kurze Sätze wurden möglich. Inzwischen ist eine nahezu uneingeschränkte Kommunikation mit der Patientin wiederhergestellt.
Diskussion
Dieser Fall verdeutlicht die Relevanz des „Time is Brain“-Prinzips. Schlaganfälle, Herzinfarkte und bestimmte traumatische Ereignisse zählen zu den sogenannten „One-Hour-Diseases“, bei denen die ersten 60 Minuten über das langfristige Outcome entscheiden. Die frühzeitige Erkennung, strukturierte Übergabe und zügige klinische Versorgung führten in diesem Fall zu einem günstigen Verlauf.
Fazit
Die präklinische Schlaganfallversorgung erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Handlungsschnelligkeit und strukturierter Kommunikation. Angehörige, Ersthelfer und medizinisches Fachpersonal sollten bei folgenden Symptomen unverzüglich den Rettungsdienst alarmieren:
- Plötzliche Sprach- oder Sprechstörungen
- Sehstörungen
- Lähmungen oder Taubheitsgefühle
- Schwindel mit Gangunsicherheit
- Heftige, ungewohnte Kopfschmerzen
Denn: Zeit schützt Hirn.
Alfred Brandner