Am 1. August 1975 endete die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), aus der die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hervorging. Zur damaligen Zeit im Kalten Krieg eine revolutionäre Errungenschaft, da die beiden konkurrierenden Blöcke, sowie die neutralen Staaten aufeinander zugingen und sich annäherten. Die Gefahr der Eskalation im Kalten Krieg war damit zumindest ein bisschen gedämpft und man konnte ein paar Jahre durchatmen.
Leider war der direkt spürbare Erfolg nicht von allzu langer Dauer, da Anfang der 1980er das Wettrüsten begann. Aber durch die OSZE gab es eine Organisation, die auch in dieser Zeit deeskalierend einwirkte. Wenige Jahre später war der Ostblock in seiner bis dahin bestehenden Form Geschichte, viele seiner Staaten schlossen sich dem Westen an, Jugoslawien war zerfallen und mit Russland bildete sich im Laufe der Zeit ein neuer Aggressor. Und bei aller Feindseligkeit und Hoffnung, dass das westliche Bündnis bestehen bleibt, sollte man sich auf den Geist der KSZE besinnen, damit der Krieg in der Ukraine vielleicht doch noch beendet werden kann, bevor er weiter eskaliert.
Am 31. Juli 2015 sagte Angela Merkel ihren berühmten Satz „Wir schaffen das“ im Zusammenhang mit der europäischen Flüchtlingskrise. Ich finde es beschämend, dass unsere frühere Kanzlerin dadurch zum Opfer rechter bis hin zu konservativer und linksnationaler Schelte wurde. Denn sehen wir das ganze doch einmal ganz pragmatisch: Merkel hat damals nicht aus reiner Nächstenliebe gehandelt oder, um sich ein Denkmal zu setzen. Ihr war bewusst, dass Deutschland massiv Fachkräfte brauchte und sah in den Flüchtlingen die Arbeitskräfte – viele sofort, manche erst später – und sie wollte nicht, dass das Pulverfass in dieser Ausnahmesituation explodierte, was sie damit auch noch verhindert hat. Natürlich war das mit viel Aufwand und Entbehrungen für die einheimische Bevölkerung verbunden, aber ich möchte nicht wissen, wo Deutschland stünde, wenn Merkel damals nicht so gehandelt hätte. Sicher gibt es auch bis heute Zuwanderer, die nicht arbeiten, aber das musste eben in Kauf genommen werden. Und in vielen Fällen schaffte es dann eben die nächste Generation. Ich kenne selbst zwei Fälle, wo es die Väter nicht schafften, in Arbeit zu kommen. Aber deren Kinder und Enkel haben es dann geschafft und die beiden Herren haben sie dabei unterstützt. Daher sehe ich heute die Gefahr, dass wir durch massive Abschiebungen auch viele fähige Leute verlieren und hoffe, dass dies nicht zu einem Bumerang für die deutsche Wirtschaft wird.
Ich erinnere mich noch, wie ein Jahr danach, nach der schweren Flut in Braunsbach, eine von rechter Seite gesteuerte Kampagne durch die sozialen Medien ging, warum Merkel da nicht ihren Spruch von sich gab. Die Antwort ist ganz einfach: Weil der Innenminister von Baden-Württemberg Thomas Strobl vor Ort war und sich um Hilfe kümmerte, so dass der Spruch nicht nötig war – und das war allemal besser, als ein Spruch, der veranlasst hat, dass sich Ehrenamtliche um alles kümmern. Viele Jahre später kam ich zufällig mit dem damaligen Bürgermeister von Braunsbach ins Gespräch und habe ihn auf die Hetze angesprochen. Er hielt das für totalen Blödsinn und war froh, dass von Seiten der Landesregierung Hilfe kam.
Dann hat mich noch folgender Vorfall beunruhigt:
Ich habe Schafroths Predigt damals gehört und war begeistert. Er hat knallhart Stellung gegen Hetze bezogen und damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Jetzt kuscht Paulaner vor Markus Söder und Schergen, was ein fatales Signal ist. Gerade Söder ist ein Hetzer der übelsten Sorte und muss in die Schranken gewiesen werden, was Schafroth mit seinen Worten getan hat. Und wenn Söder mit seinen Methoden durchkommt, ist das ein schlechtes Zeichen für die Demokratie im Freistaat. Wenn es ihm nicht passt, dann soll er doch bitte fernbleiben. Ich werde mir die Veranstaltung nächstes Jahr genau anschauen und sollte es zu einem glanzlosen Event verkommen, war es die vorerst letzte, die ich gesehen haben werde. Paulaner trinke ich normalerweise nie, hätte es aber unter diesen Umständen boykottiert.
Marcel Kunz