Das politische Wort zum Sonntag: Über 85 Jahre Vichy-Regime und Ereignisse heute

Gestern habe ich eine Frau (94) getroffen, die ich länger nicht mehr gesehen habe und die für ihr Alter noch verdammt fit ist. So sehr ich mich für sie freue, weiß ich nicht, ob ich ihr überhaupt noch viele Jahre wünschen möchte. Sie ist Kriegskind und musste mit 14 nach Kriegsende helfen, die Amerikanische Besatzungszone und später die BRD wieder aufzubauen. Jetzt muss sie miterleben, wie ihr Heimatland Schritt für Schritt den Bach runtergeht und kann nichts dagegen tun.

Sicher hat sie damals als 9 jährige zumindest von der Installation des Vichy-Regimes in Frankreich am 11. Juli 1940 erfahren. Eine autokrate Regierung, die als NS-Scherge das nicht besetzte Frankreich als Marionettenregierung regierte. Während General Charles de Gaulle und Anhänger versuchten, Frankreich mit allen Mitteln zu verteidigen, kamen Philippe Petain und Konsorten die deutsche Okkupation gerade recht, damit sie ihre autokraten Ideen umsetzen konnten und ihr eigenes Volk unterjochten. Es war eine glückliche Fügung der Geschichte, dass es De Gaulle noch nach Großbritannien geschafft hat und von dort aus nicht nur den Widerstand koordinierte, sondern auch dem anständigen Teil der französischen Bevölkerung Mut machen konnte. Aber das verbrecherische Vichy-Regime hatte viele Unterstützer innerhalb der Bevölkerung, was überhaupt nicht nachvollziehbar ist. Statistiken sagen, dass nach dem Krieg mehr Kollaborateure ohne Gerichtsprozess getötet wurden als Menschen unter deutscher Besatzung. Und generell würde es Frankreich gut tun, dieses dunkle Kapitel seiner Geschichte aufzuarbeiten, denn nicht alle Täter wurden zur Rechenschaft gezogen und wie auch in Deutschland wollte später niemand dabei gewesen sein. Sind wir froh, dass dieses Regime zugrunde ging und Deutschland und Frankreich heute Brüder in einem vereinten Europa sind. Dazu trug auch Charles de Gaulle bei. Merci Le General!
Wenn ich aber sehe, was heute in Deutschland und Frankreich abgeht, spielt dies einem potenziell neuen Vichy-Regime in die Hände. Donnerstag bin ich Zug gefahren und es sollte noch ein zweiter Zugteil angekoppelt werden. Aber dieser Zug war nicht da und niemand wusste, wo er war! Wie zum Teufel kann ein Zug verschwinden?! Er sollte an einem späteren Bahnhof dann zugefügt werden, aber er war noch immer nicht auffindbar. Also so etwas habe ich noch nie erlebt! Wäre interessant zu wissen, ob er irgendwann wieder auftauchte…
Dann wurde in letzter Zeit mehrfach über eine Neuaufstellung der Grünen berichtet. Ein offensiveres Auftreten der Partei begrüße ich, eine Annäherung an die Linkspartei vom Prinzip her auch, aber inhaltlich darf man sie nicht kopieren. Die Grünen und die Linken sind aus meiner Sicht gerade die einzigen Parteien, denen ich in Deutschland zutraue, die Probleme zu lösen – und dazu müssen sie ein breites Spektrum an Wählern abdecken, weswegen die Grünen im Kern zwar sozial gerecht, aber auch konservativer sein müssen. Die Grünen könnten so eher frustrierte Unionswähler erreichen, während die Linke die SPD als Volkspartei Mittelinks ablöst. Ich halte es zwar für ziemlich unwahrscheinlich, dass die beiden zusammen nächstes Jahr die Mehrheit bekommen, aber es sollte auch ohne sie keine Regierung mehr möglich sein.
Dann hat mich dieses Urteil gegen ein Kreuz an einem bayrischen Gymnasium mit besonders großer Freude erfüllt:
In einem säkularen Staat haben Kreuze in öffentlichen Gebäuden nichts verloren und Markus Söder, dem wir diesen Erlass damals zu verdanken hatten, macht eine Politik, die dem Kreuz aber sowas von entgegensteht. Sicher ist dieses Urteil noch kein grundsätzliches, aber wenn sich solche Fälle häufen, gerät der Erlass ansich vielleicht ins Wanken.
Dann musste ich auch an das geplante Gesetz für ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 in Österreich denken:
Vom Prinzip her bin ich natürlich dafür, aber bitte nicht so. Es gilt gleiches Recht für alle und daher muss das Tragen religiöser Symbole für alle unter 14 verboten sein – so ein Gesetz erwarte ich eigentlich für Deutschland! Man hat in Deutschland mit 14 die Religionsmündigkeit, so dass man da entscheiden kann, was man tragen will und was nicht und vorher sollte das daher generell untersagt sein. Ich bin mir daher auch sicher, dass das österreichische Gesetz in dieser Form spätestens vor einem EU-Gericht gekippt wird – daher sollte man es in Deutschland besser machen. Sollte das Gesetz aber in Österreich in Kraft treten, werde ich so lange, bis es gekippt wird, Mädchen mit Kopftuch, die aussehen, als wären sie noch keine 14, ansprechen und nach ihrem Ausweis fragen. Wenn sie mir diesen nicht zeigen, werde ich die Polizei rufen. Denn wie oben erwähnt, finde ich es vom Prinzip her richtig und bin daher auch für die konsequente Umsetzung. Was mich an dieser Stelle noch interessiert: Darf man als engagierter Bürger zur Wahrung von Recht und Ordnung den Mädchen die Kopftücher abnehmen? Also ich würde es begrüßen, wenn es erlaubt wäre.
Marcel Kunz

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