Investor will alle Beschäftigten bei ALLGAIER übernehmen – es fehlt allein am Willen der Konzerne

Der traditionsreiche, aber seit Herbst 2023 insolvente Automobilzulieferer Allgaier im Baden-Württembergischen Uhingen sieht Licht am Ende des Tunnels – theoretisch; denn trotz eines aussichtsreichen Übernahmekandidaten, der selbst im Angesicht der derzeit sich verschärfenden Krise in der Automobilindustrie bereit wäre alle verbliebenen Standorte mit Mann, Frau und Maus zu übernehmen und der darüber hinaus bereit ist, die Bedingungen der Hauptkunden sämtlich zu erfüllen, drücken sich die großen Autokonzerne, die seit Jahrzehnten gute Geschäftsbeziehungen zu Allgaier pflegen, um ein Entscheidung.

Der örtliche Betriebsrat hat daher am 05.11.2024 die Belegschaft zu einer vierstündigen Betriebsversammlung eingeladen, um über den aktuellen Stand zu informieren. Die Autobauer spielen offenbar auf Zeit – darin sind sich Betriebsrat, Insolvenzverwaltung und IG Metall einig. Dem Investor wurden seitens der Autobauer viele Vorgaben gemacht, die er alle erfüllt und in einem Investitionsplan verbindlich zugesichert hat.

Dieser Investitionsplan wurde von allen Autobauern akzeptiert. Gehandelt wird aber nicht danach. Im Gegenteil verlagern die Kunden nach wie vor Aufträge zur Konkurrenz, was über kurz oder lang, und das wissen alle Beteiligten, das Ende von Allgaier bedeuten würde. Es werden jetzt bereits Vorlaufproduktionen eingeleitet, um diese Verlagerungen über den Jahreswechsel durchzuführen. Der Betriebsrat machte deutlich, dass die Nerven innerhalb der Belegschaft absolut blank liegen. „Die Autobauer kommen täglich mit Konkurrenten ins Haus und unsere Kolleginnen und Kollegen müssen ihr Knowhow vermitteln, wodurch sie letztlich ihren eigenen Arbeitsplatz abschaffen“, so der Betriebsratsvorsitzende Stilianos Barembas.

Dass die Stimmung dadurch am Boden ist, kann er voll nachvollziehen. Die Kritik gewinnt noch an Schärfe, wenn man bedenkt, dass der mögliche Investor von eben den Konzernen ins Spiel gebracht wurde, die die Übernahme jetzt aus Kalkül hintertreiben und die Zukunft von fast 1000 Beschäftigten gefährden.

Nach fast 12 Wochen intensiver Zusammenarbeit mit dem Investor, ist es jetzt an den Autobauern Farbe zu bekennen und sich nicht mehr jeweils hinter den anderen zu verstecken („wenn der eine mitmacht, machen wir auch mit“, lassen alle reihum verlauten). Keiner hat bisher die Bereitschaft gezeigt, sich seiner Verantwortung für den Zulieferer, der sich stets dem Preisdruck der Kunden trotz größter eigener Probleme stets gebeugt hat, und seinen Beitrag gegeben hat zu den Rekordgewinnen der Konzerne. Dafür erwartet keiner der Beschäftigten Dank, nur den verdienten Respekt derer, die auch jetzt noch (wie lange noch?) pünktlich ihre Teile kriegen.

Dejan Wick, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Göppingen-Geislingen erklärt: „bis heute haben wir noch Unverständnis über das Gebaren der Autokonzerne geäußert. Dieses Unverständnis weicht mehr und mehr dem Verstehen, nämlich dem Verstehen dessen, dass allen leeren Solidaritätsbekundungen und Absicherungsmaßnahmen zum Trotz vonseiten der Hauptkunden am Ende nur ein Ziel verfolgt wird: Zeit gewinnen und Umsätze sichern, egal mit wem, egal wo. Hinter den Phrasen der letzten Monate verbirgt sich das nackte Eigeninteresse, dass nur noch die Bilanz kennt und auf Sicht fährt sowie seiner sozialen Verantwortung, wenn sie denn je mehr war als ein Luxus, den man sich in den fetten Jahren geleistet hat, vollständig enträt. Genau diese Haltung wird die Automobilindustrie auch in Zukunft weiter in den Abgrund reisen, und mit ihnen immer mehr Zulieferer. Was in Uhingen sich vollzieht, hat, als Nukleus gesellschaftlicher Sprengkraft, Auswirkungen auf´s Ganze, denn Demokratie ist die Dividende des Wohlstands, nicht umgekehrt“.

Mit einer positiven Entscheidung für Allgaier würde die Arbeitsplätze gesichert und ein regional ansässiger deutscher Automobilzulieferer kann in Zukunft sein Knowhow weiterhin für die Industrie einbringen, die so lange davon profitiert hat. Der Betriebsrat machte nochmal deutlich, dass „wir als Belegschaft immer noch top Qualität produzieren und unseren Teil der Fortführungsvereinbarung erfüllen“. Zu Hoffen ist, dass auch der andere Teil seiner Verantwortung gerecht werde.

PM IG Metall Göppingen-Geislingen

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://filstalexpress.de/arbeitsmarkt/178529/

Schreibe einen Kommentar