Erneuter Führerscheinerwerb für Ausländer – Wie nicht EU-Facharbeiter*innen in Deutschland abgezockt werden

Deutschland braucht dringend Facharbeiter*innen aus dem Ausland um, vor allem im Gesundheitswesen, das deutsche Leben am Laufen zu halten. Weltweit sind deutsche Anwerber unterwegs, um geeignete Personen zu finden. Sie müssen eine in Deutschland anerkennbare Ausbildung haben, sehr gut Deutsch sprechen und dann die Prozedur der Visumbeantragung über sich ergehen lassen.  Sind sie dann in Deutschland und können endlich ihre Arbeit aufnehmen, lauern weitere unvorhersehbare Fallstricke.

Zum Beispiel muss eine günstige Wohnung gefunden werden, die dann oft abseits der schnellen Zug- oder Busverbindungen zur Arbeitsstelle liegen. Also muss ein billiges Auto her. Den Führerschein bringen viele Facharbeiter*innen aus ihrem Heimatland mit. Dann fahren sie sechs Monate unfallfrei in Deutschland und plötzlich verliert der Führerschein aus ihrem Heimatland seine Gültigkeit. Einfach so, als habe man nie einen Führerschein gemacht oder schon im Heimatland und auch sechs Monate in Deutschland gefahren.

Das Verkehrsministerium in Berlin schreibt uns hierzu: 

„Die Regelungen für die Anerkennung ausländischer Führerscheine in Deutschland ergeben sich aus § 29 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Danach berechtigt jeder ausländische Führerschein in Deutschland zum Führen von Kraftfahrzeugen, sofern sich der Inhaber dieses Führerscheins nur vorübergehend in Deutschland aufhält. Voraussetzung ist, dass ein gültiger internationaler Führerschein nach einem der Internationalen Abkommen über den Straßenverkehr vorliegt, oder zum gültigen nationalen Führerschein eine amtlich gefertigte Übersetzung mitgeführt wird.

Hat der Inhaber einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis einen ordentlichen Wohnsitz in Deutschland, besteht die Berechtigung noch sechs Monate. Die Fahrerlaubnisbehörde kann die Frist auf Antrag bis zu sechs Monate verlängern, wenn der Antragsteller seinen Wohnsitz nicht länger als zwölf Monate im Inland haben wird. Ordentlicher Wohnsitz bedeutet, dass sich die betreffende Person mindestens 185 Tage im Jahr in Deutschland aufhält.

Ob eine ausländische Fahrerlaubnis nach Ablauf von 185 Tagen anerkannt wird bzw. umgeschrieben werden kann, hängt davon ab, welcher Staat die Fahrerlaubnis ausgestellt hat. Die Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis an Inhaber einer Fahrerlaubnis aus einem Staat außerhalb des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum richtet sich nach § 31 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Sofern der Ausstellungsstaat in die Anlage 11 der FeV aufgenommen wurde, sind gemäß Absatz 1 zur Umschreibung in eine deutsche Fahrerlaubnis die Vorschriften nach § 11 Absatz 9 FeV (Ärztliche Untersuchung des Sehvermögens), § 12 Absatz 2 FeV (Sehtest), § 15 (Fahrerlaubnisprüfung) und § 19 (Erste Hilfe) sowie die Vorschriften über die Ausbildung nicht anzuwenden.

Wenn Inhaber von Fahrerlaubnissen aus einem nicht in Anlage 11 aufgeführten Ausstellungsland ihren Führerschein umschreiben möchten, müssen sie die Vorschriften nach § 11 Absatz 9 FeV (Ärztliche Untersuchung des Sehvermögens), § 12 Absatz 2 FeV (Sehtest), § 15 (Fahrerlaubnisprüfung) und § 19 (Erste Hilfe) erfüllen. Die theoretische Fahrerlaubnisprüfung kann sowohl in deutscher Sprache als auch in einer von 12 weiteren Sprachen, darunter Türkisch, abgelegt werden. Eine theoretische und praktische Ausbildung muss nicht noch einmal durchlaufen werden.

Der Aufnahme eines Staates außerhalb der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum in Anlage 11 geht ein umfangreiches und intensives Prüfungsverfahren voraus, um die Verkehrssicherheit in Deutschland zu gewährleisten. Voraussetzung für die Aufnahme in Anlage 11 ist, dass mit dem Staat eine Vereinbarung zur gegenseitigen Anerkennung getroffen worden ist. Zum Abschluss einer solchen Absichtserklärung ist es notwendig, dass zwischen den ausländischen und deutschen Fahrerlaubnissen eine Gleichwertigkeit besteht. Es muss sichergestellt sein, dass der Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis auch unter den in Deutschland bestehenden Verkehrsverhältnissen in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen. Vor allem müssen das Ausbildungs- und Prüfungsniveau sowie die Verkehrsverhältnisse des Staates mit denen in Deutschland vergleichbar sein. Zudem muss der Erwerb der Fahrerlaubnis in dem betreffenden Staat in zuverlässiger Weise dokumentiert werden. Ebenso muss der betreffende Staat unter denselben Voraussetzungen auch deutsche Fahrerlaubnisse ohne erneute Prüfung „umschreiben“.

Das BMDV prüft kontinuierlich, welche Staaten in die Liste der Anlage 11 FeV aufgenommen werden können. Die EU-Kommission hat darüber hinaus am 1. März 2023 einen Vorschlag im Rahmen der neuen (4.) Führerscheinrichtlinie für die EU-weite Anerkennung von Führerscheinen aus Drittstaaten vorgelegt. Die kommenden Trilogverhandlungen bleiben abzuwarten.“

Eigentlich fahren wir ja alle mit einem europaweit gleichen Führerschein, der überall in Europa gleichermaßen gültig ist, aber hier ist Deutschland dann doch noch ein gutes Stück bürokratischer.

Ein Beispiel: Wir Deutschen dürfen mit unserem Führerschein mit ggf. einer französischen Übersetzung (ist aber nicht gesetzlich gefordert) im Senegal Auto fahren da unser EU-Führerschein ja auch auf französisch ausgestellt ist. Senegalesen dürfen wiederum in Frankreich ohne Einschränkungen fahren bzw. sie können ihren Führerschein einfach umschreiben lassen. Im Senegal wird analog zu französischen Vorschriften geprüft. Also kann ein Senegalese nach Frankreich reisen, dort seinen Führerschein in einen Französischen  umtauschen und mit diesem in Deutschland unbegrenzt fahren. Was für ein Wahnsinn!

Bleiben wir bei einer Krankenschwester aus dem Senegal, die an einem deutschen Klinikum arbeitet und dringend auf ihren Führerschein angewiesen ist. Ich frage mich, wieso so eine Fachkraft noch nach Deutschland kommt. In Deutschland wird sie in ihrer Arbeit und im Leben nur behindert. In Frankreich und anderen europäischen Ländern gibt es diese bürokratischen Hindernisse bzw. Benachteiligungen nicht. Dies spricht sich inzwischen auch in diesen Anwerbeländern rum, so dass es immer schwerer wird, diese Facharbeiter*innen nach Deutschland zu locken. Hier muss sich schnell etwas ändern, sonst geht es hier schneller den Bach runter als sowieso schon.

Joachim Abel

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