Schwarzbuch 2024/2025: Die Fälle aus Baden-Württemberg

Kapitel: Richtig skurril

Seltener Badespaß

43 ungeplante Becken-Schließtage allein im Jahr 2023: Das 2015 eröffnete und knapp 6 Mio. Euro teure Herrenberger Naturfreibad bekam die Probleme bei der Wasserqualität lange Zeit nicht in den Griff. In diesem Jahr – Stand Anfang September – gab es noch kein gesperrtes Becken. Allerdings auf Kosten von Einschränkungen für Badegäste und Schüler.

Herrenberg (BW). Baden im kühlen Nass ganz ohne Chlor: So lautete die Hoffnung, als 2015 in Herrenberg das Naturfreibad seine Pforten öffnete. Den neuartigen Badespaß hatte sich die Stadt einiges kosten lassen: 5,7 Mio. Euro investierten die Stadtwerke und die Stadt in den Bau des neuen Bades. Doch seit der Eröffnung gilt in Herrenberg zur Enttäuschung vieler oft der Leitsatz: Mal ist das Becken des Naturfreibads offen, mal ist es zu. Die vielen Tage der Schließung des großen Hauptbeckens in den vergangenen Jahren dürften mit dazu beigetragen haben, dass die Bädersparte in Herrenberg regelmäßig ein defizitäres Jahresergebnis im siebenstelligen Bereich aufwies.

Grund für die so wenig verlässliche Öffnung waren andauernde Probleme mit der Wasserqualität. Sie war durch Keime immer wieder so herabgesetzt, dass das Bad gezwungen war, das Becken für die Besucher zu schließen. So ergaben sich laut Auskunft der Stadt Herrenberg auf Anfrage des Bundes der Steuerzahler für das Jahr 2015 gleich im Eröffnungsjahr 25 nicht vorhergesehene Schließtage, für das Jahr 2016 waren es 46 Schließtage (inkl. einer vorzeitigen Beendigung der Saison am 8.8.), zwischen 2017 und 2022 gab es 33,5 Schließtage – und im Jahr 2023 waren es, auch aufgrund der wiederholt notwendigen vorzeitigen Sperrung des Beckens, 43 Schließtage. Laut Angaben der Stadt war nach der vorzeitigen Beckenschließung im Sommer 2023 wenigstens noch die Nutzung der Außenanlagen und des Planschbeckens für Eltern mit Kindern kostenfrei möglich.

War es in Herrenberg bislang zur Konstante geworden, dass das Naturbecken unplanmäßig geschlossen hat, so wenig Kontinuität herrschte bei den Gründen: Mal war es ein Pfützenkeim, mal waren es bauliche Mängel, ein anderes Mal wohl von Teichhühnern ausgeschiedene E.-coli-Bakterien. Ein Problem hierbei dürfte sein, dass im Herrenberger Naturfreibad eine Desinfektion des Wassers einhergehend mit der Befreiung von jeglichem unerwünschten Eintrag wie Bakterien und Keime nicht über die Zugabe chemischer Mittel erfolgt, sondern extern über biologische Filter, wie es seitens der Stadtverwaltung hieß.

Nach der im vergangenen Sommer wiederholt notwendig gewordenen vorzeitigen Schließung des Beckens wurde nun in Herrenberg unter Einbeziehung der relevanten Behörden ein Konzept erarbeitet, wie die dauerhafte Öffnung des Naturbeckens gewährleistet werden kann. Zumindest musste das Bad sein Becken im diesjährigen Sommer – Stand Anfang September – bisher nicht aufgrund mangelhafter Wasserqualität schließen. Die Anpassungen umfassen – mit technischen, artenschutztechnischen und betrieblichen Maßnahmen – gleich drei Bereiche, wie die Stadt Herrenberg Ende April in einer Pressemitteilung bekannt gab.

Diese Maßnahmen haben Folgen für Badegäste und Schulklassen: Um dem Wasser mehr Regenerationszeit zu geben, „kommt es zu einer Anpassung der Öffnungszeiten und zwar in Form einer zusätzlichen Schließung des Bades zwischen 8 und 10 Uhr. Darüber hinaus soll im Naturfreibad in diesem Jahr kein Schulschwimmen stattfinden. Für den Unterricht soll stattdessen das Hallenbad genutzt werden“, hatte die Stadt wenige Tage vor der diesjährigen Bad-Eröffnung mitgeteilt. Man kann aus Sicht der Steuerzahler jetzt nur hoffen, dass im Herrenberger Naturfreibad die Probleme bei der Wasserqualität endlich gelöst sind und das Becken dauerhaft geöffnet bleiben kann.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

Beim Naturfreibad in Herrenberg ist in den vergangenen Jahren vieles schiefgelaufen. Dass ein für fast sechs Mio. Euro neu erbautes Bad teilweise jährlich an die 50 Becken- Schließtage aufweist, darf aus Sicht der Steuerzahler nicht passieren.

Mahnmal mahnt nicht mehr

Bereits zwei Jahre nach seiner Einweihung wurde ein kupfernes „Mahnmal für den fortschreitenden Klimawandel“, das in einem See vor der Stuttgarter Oper platziert worden war, wieder entfernt. Rd. 25.000 Euro hatte die Steuerzahler der Aufbau und weitere rd. 2.000 Euro der Abbau des auch als „Kupferknäuel“ bekannten Objekts gekostet. Durch den Verkauf des Materials und der für die Aufstellung notwendigen Stahlunterkonstruktion wurde immerhin ein Erlös von rd. 10.000 Euro erzielt.

Stuttgart (BW). Bei einem Unwetter im Juni 2021 war ein Teil des Daches der Stuttgarter Oper abgedeckt worden. Daraufhin wurden Stimmen aus der Politik laut, das rd. zwei t schwere Dachstück als Denkmal bzw. „Mahnmal für den fortschreitenden Klimawandel“ zu installieren. Im April 2022 wurde das Mahnmal feierlich eingeweiht, nachdem man einen prominenten Standort ausgesucht hatte: Im Stuttgarter Eckensee in Sichtweite des baden- württembergischen Landtags und Finanzministeriums.

Allerdings wurde für das Mahnmal an dieser Stelle wegen des Denkmalschutzes nur eine zeitlich befristete Ausnahme für drei Jahre erlaubt. Anstatt erst im Jahr 2025 wurde das „Kupferknäuel“ bereits im Mai 2024 wieder abgeräumt. Und verschrottet. Der Verkauf des Kupfers und der Stahlunterkonstruktion erbrachte aufgrund des Gewichts, das aber geringer war als erwartet, noch einen Erlös von rd. 10.000 Euro. Somit mussten die Steuerzahler unterm Strich 17.000 Euro für das temporäre Mahnmal aufbringen.

Nach Angaben des Finanzministeriums wurde der Abbau des Mahnmals u. a. aus Sicherheitsgründen vorgezogen. Man befürchtete damals, dass Fußballfans während der Europameisterschaft auf dem „Kupferknäuel“ herumklettern könnten.

Aus Steuerzahlersicht stellt sich die Frage, warum für das Mahnmal nicht von Anfang an ein Standort gewählt wurde, an dem es länger oder dauerhaft hätte stehen können – wenn man dafür schon Steuergeld in die Hand nimmt. Auch die plötzliche Verschrottung des „Kupferknäuels“ irritiert, denn die Gefahr, es zu besteigen, bestand doch schon vorher. Vorzugsweise hätte man das Kupfer unmittelbar nach dem Unwetter verkaufen und den Erlös einstreichen sollen.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

Das Land Baden-Württemberg hat unterm Strich 17.000 Euro für ein „Kupferknäuel“ ausgegeben, das dann früher als geplant verschrottet wurde. Dabei hätte man ganz einfach Geld durch einen frühzeitigen Verkauf des Metalls einnehmen können.

Kapitel Erfolge

Millionenschweres Großprojekt liegt auf Eis

Im Schwarzbuch 2023/24 wurde im Kapitel „Verschwendung droht“ über ein für rd. 400 Mio. Euro geplantes Tunnelprojekt im Norden von Stuttgart berichtet. Der Bund der Steuerzahler forderte Stadtverwaltung und Gemeinderat auf, sich – wenn überhaupt – für eine nur rd. 100 Mio. Euro teure, kürzere Tunnelvariante zu entscheiden. Jetzt hat man auch bei der Stadt bemerkt, dass für die Realisierung des Tunnelprojekts, sei es die Lang- oder die Kurzvariante, derzeit generell die finanzielle Grundlage fehlt. Eine schnelle Umsetzung scheint somit vom Tisch.

Stuttgart (BW). Lange Zeit wurde in der Stuttgarter Verwaltung sowie dem Gemeinderat darüber gestritten, ob der für Stuttgart-Zuffenhausen geplante Autobahnzubringer als Lang- oder Kurztunnel gebaut werden soll. Anfang 2022 sprach sich der Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik mit einer knappen Mehrheit für einen langen Tunnel aus. Geschätzte Kosten: rd. 400 Mio. Euro.

Weil die Entscheidung auf die deutlich teurere Variante fiel, landete das Tunnelprojekt im Schwarzbuch 2023/24. Die gute Nachricht in unserem Artikel war aber schon damals: Zu diesem Zeitpunkt war der Tunnelbau auf der Priorisierungsliste des Tiefbauamts aufgrund fehlender personeller Kapazitäten nach hinten gerutscht. Der BdSt sah in dieser Verzögerung eine Chance für die Stadtverwaltung, gegenüber den Gemeinderatsfraktionen in Sachen Tunnel- Bauweise noch einmal für die städtische Sicht zu werben: Denn die Stadtverwaltung hatte sich einst für die kürzere und damit deutlich kostengünstigere Lösung ausgesprochen.

Der von ihr favorisierte Kurz-Tunnel würde mit voraussichtlich knapp 100 Mio. Euro nur rd. ein Viertel des Lang-Tunnels kosten. Die immensen Kostenunterschiede sind bautechnisch begründet: Während die Maximallösung mit zwei getrennten Tunnelröhren jeweils 645 m bzw. 715 m bedeuten würde, käme der Kurz-Tunnel mit einer 135 m langen Röhre aus.

Der BdSt machte damals im Schwarzbuch deutlich, dass der von der Stadt präferierte Kurz-Tunnel aus seiner Sicht die bessere Variante wäre, da die Stadtfinanzen schon damals eine Lang-Tunnel-Variante nicht hergaben. Mittlerweile hat sich die Einschätzung bei der Verwaltung und auch bei mehreren Stadträten gegen einen langen Tunnel verfestigt. Mehr noch: Auf der Prioritätenliste des Tiefbauamts ist das Tunnel-Projekt offenbar jetzt sogar ganz verschwunden.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

Dass das Tunnelprojekt in Zuffenhausen in Zeiten knapp gefüllter Kassen und fehlenden Personals nun erst einmal auf Eis liegt, ist für den Steuerzahler eine gute Nachricht. Einen Hunderte Mio. Euro teuren Schnellschuss darf es hier nicht geben.

Kritik wirkte: Landespflegekammer kommt nicht

Das baden-württembergische Sozialministerium hat im Juni 2024 bekannt gegeben, dass die Einführung einer Landespflegekammer aufgrund der fehlenden Zustimmung der Pflegefachkräfte gescheitert ist. Der Bund der Steuerzahler wird somit in seiner langjährigen Kritik bestätigt. Möglicherweise konnten Millionenausgaben verhindert werden.

Baden-Württemberg. Bereits frühzeitig hatte der Bund der Steuerzahler u. a. in seinem Schwarzbuch 2022/23 vor einer drohenden Verschwendung von Steuergeld durch Gründung einer Landespflegekammer gewarnt. Zudem appellierte der BdSt in einem Schreiben an den Landessozialminister, die Pläne zur Errichtung einer Pflegekammer nicht weiterzuverfolgen.

Dabei wurde explizit auf das bestehende Risiko für die Steuerzahler des Landes hingewiesen, denn in anderen Bundesländern hatten sich die Pflegekammern bereits als teurer Flop herausgestellt: So wurden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Kammern bereits wenige Jahre nach ihrer Gründung wieder aufgelöst. In beiden Ländern mussten aber die Steuerzahler mehrere Mio. Euro aufbringen – für Anschubfinanzierungen der Kammern bzw. nicht geleistete Kammerbeiträge. Dennoch ließ man sich im Stuttgarter Sozialministerium nicht beirren und trieb das Projekt einer Landespflegekammer weiter voran.

Rückblick: Die Einrichtung einer Pflegekammer war für den BdSt fragwürdig, weil die Einflussnahme der Kammer begrenzt gewesen wäre, da Berufsverbände und Gewerkschaften ihre Kompetenzen behalten sollten. Für die baden-württembergischen Pflegefachkräfte dagegen hätte es eine Pflichtmitgliedschaft in der Kammer – inkl. Beitragspflicht – bedeutet.

Nachdem die Bedenken gegen eine Landespflegekammer immer lauter geworden waren, sollten Pflegefachkräfte darüber abstimmen. Bei der Abstimmung wurde dann aber das benötigte Quorum von 60 Prozent für die Einrichtung einer Kammer nicht erreicht.

Der Bund der Steuerzahler begrüßt, dass die baden-württembergischen Pflegefachkräfte die Notbremse gezogen haben und es daher nicht zu einer Landespflegekammer kommen wird. So bleiben den Steuerzahlern mögliche Ausgaben in Millionenhöhe erspart. Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass bisher bereits Kosten für die geplante Gründung der Pflegekammer entstanden sind: In einer Stellungnahme des Sozialministeriums aus dem Frühjahr 2024 werden als Größenordnung 2,4 Mio. Euro genannt.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

Die Kritik im Schwarzbuch 2022/23 hat gewirkt. Für die baden-württembergischen Steuerzahler ist die Entscheidung gegen eine Landespflegekammer eine gute Nachricht.

Kapitel: Teure Annehmlichkeiten

Zu spät fertig, zu teuer, kaum genutzt

Als im April 2022 der Startschuss für die Landesgartenschau in Neuenburg am Rhein fiel, sollten für die Besucher kurze Wege geschaffen werden: Das dafür neu gebaute Parkhaus konnte wegen Verzögerungen jedoch erst im Februar 2023 eröffnet werden. Doch da waren die Besucher der Landesgartenschau längst wieder weg. Die meisten Parkplätze stehen seither leer. Und der Bau war auch noch teurer als geplant: 15,2 Mio. Euro netto statt 9,2 Mio. Euro netto.

Neuenburg am Rhein (BW). 231 Stellplätze – das neu erbaute Parkhaus am Rheintor bietet ausreichend Platz. Das Problem ist allerdings: Kaum jemand aus der südwestlich von Freiburg gelegenen Kleinstadt mit ihren 12.000 Einwohnern macht von diesem Angebot Gebrauch. Die meisten Parkplätze stehen leer. Das bedeutet: Einnahmen, mit denen die Kommune durch die Parkentgelte gerechnet hat, fehlen. Schätzungen zufolge hat das Parkhaus allein im Jahr 2023 rd. 250.000 Euro weniger eingebracht als kalkuliert. Geld, das die Stadt durchaus hätte gebrauchen können, denn das wenig genutzte Parkhaus kostete mit 15,2 Mio. Euro netto eine stolze Summe und zudem rd. sechs Mio. Euro mehr als vorgesehen. Das entspricht einem Plus von mehr als 60 Prozent.

Aber das Parkhaus in Neuenburg ist nicht nur wenig genutzt und teuer. Es sorgte auch mit seiner deutlich verspäteten Eröffnung für Schlagzeilen. Geplant war die Eröffnung nämlich zum Start der Landesgartenschau im April 2022. Doch daraus wurde nichts. Eröffnet werden konnte erst im Februar 2023, vier Monate nach Ende des Blumenevents. Verantwortlich für die Verzögerung seien „unter anderem Firmensuche, Covid, Blockade des Suezkanals und Lieferengpässe“ gewesen, wie es auf BdSt-Anfrage aus dem Neuenburger Rathaus hieß. Zudem kam es laut Angaben teilweise zu Druckfestigkeitsproblemen beim Errichten der Fassade aus Stampfbeton.

Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler wirft der Parkhausbau von Neuenburg die grundsätzliche Frage auf, ob es im Zuge der Landesgartenschau überhaupt eines so überdimensionierten Neubaus bedurft hätte. Ganz unabhängig davon, dass das Parkhaus erst nach der Veranstaltung fertiggestellt wurde. Die Gefahr, dass das Parkhaus der 12.000-Einwohner-Kommune nach der Landesgartenschau mit Leerstand zu kämpfen haben wird, bestand von Anfang an. Und das seitens der Stadt angekündigte langfristige Konzept für eine Anschlussnutzung des 15-Mio.-Euro-Projekts scheint zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu funktionieren.

DER BUND DER STEUERZAHLER KRITISIERT

Das Parkhaus von Neuenburg ist gleich aus mehreren Gründen bisher vor allem eines: ein Desaster!

Kapitel: Verschwendung durch Bürokratie

Wenn ein Zebrastreifen plötzlich für Furore sorgt

13 Jahre lang bot der Zebrastreifen in der Eberbacher Stadtmitte den Bürgern die Möglichkeit zur Überquerung der Brückenstraße. Doch Mitte November 2023 stellte sich bei einer Verkehrsschau plötzlich heraus, dass sich der Überweg zu nah an einer Bushaltestelle befindet. Die Folge: Sperrung des Zebrastreifens mit anschließender Entfernung. Kostenpunkt: rd. 3.000 Euro.

Eberbach (BW). Einen solchen Rummel wie Ende vergangenen Jahres hat das 15.000-Einwohner-Städtchen Eberbach, 30 km östlich von Heidelberg, selten erlebt. Plötzlich gaben sich Fernseh- und Zeitungsjournalisten die Klinke in die Hand. Der Grund: ein Zebrastreifen in der Stadtmitte, genauer gesagt in der Brückenstraße.

Bei einer Verkehrsschau war nämlich festgestellt worden, dass ein Fußgängerüberweg an einer solchen Stelle nie hätte errichtet werden dürfen: „Der betreffende Fußgängerüberweg liegt in Fahrtrichtung vor einer Haltestelle und der Bus hält auf der Fahrbahn. Dadurch kommt es zu einer Sichtbehinderung, da querende Fußgänger bei haltendem Bus vom Gegenverkehr nicht rechtzeitig erkannt werden bzw. unvermittelt hinter einem haltenden Bus auf die Fahrbahn treten. Dies stellt eine Gefährdung der Fußgänger dar.  Aus diesem Grund wurde der Fußgängerüberweg gesperrt“, hieß es auf Anfrage des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg aus dem Eberbacher Rathaus.

Die Stadt fackelte also nicht lange. Ab Mitte November 2023 verhinderten von heute auf morgen breite Warnbaken die Überquerung des Zebrastreifens – und in der ersten Dezemberwoche war er dank angeordneter Fräsarbeiten dann Geschichte. Die Kosten für seine Entfernung beliefen sich laut Stadtverwaltung auf 2.500 bis 3.000 Euro.

Bleibt noch die Frage, weshalb der Zebrastreifen überhaupt an einer solchen Stelle angelegt wurde, an der er gar nicht hätte sein dürfen. „Die damaligen Verantwortlichen gingen wohl davon aus, dass alle geltenden technischen Regelwerke vom beauftragten Fachplaner eingehalten wurden“, gab die Kommune auf BdSt-Anfrage bekannt. Weil dem letztlich allerdings nicht so war, mussten jetzt knapp 3.000 Euro Steuergeld herhalten. Und die Stadt Eberbach wurde für ein paar Tage zu einem Hotspot der medialen Berichterstattung.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

13 Jahre lang wurde der Zebrastreifen von den Eberbachern rege zur Überquerung der Fahrbahn in der Ortsmitte genutzt ohne als Gefahrenquelle wahrgenommen worden zu sein.  Nachdem der Fehler aufgefallen war,  hatte die Stadt Eberbach keine andere Möglichkeit, als den Fußgängerüberweg zu entfernen, da sie sonst gegen geltende Vorschriften gehandelt hätte. Die Steuerzahler fragen sich, wie eng Vorschriften im Nachhinein anzuwenden sind, wenn der Fehler über einen so langen Zeitraum niemanden aufgefallen ist.

Kapitel: Kostenexplosion

Klotzen statt Kleckern für die EURO

Für die Ausrichtung der Fußball-Europameisterschaft hat Stuttgart tief in die Kasse gegriffen: So investierte man fast 40 Mio. Euro brutto in das Errichten von gleich vier Fan-Zonen in der Innenstadt. Und auch beim EM-bedingten Umbau der MHP-Arena wurde es teuer: Nach mehreren Kostensteigerungen beliefen sich die Kosten für die Stadtkasse am Ende auf rd. 80 Mio. Euro.

Stuttgart (BW). Weniger als 70 Mio. Euro betrug die ursprüngliche Kostenkalkulation bei der Stuttgarter MHP-Arena für die wegen der Fußball-EM 2024 notwendigen Umbaumaßnahmen im Bereich der Haupttribüne. Doch schon im Vergabezeitraum der Generalunternehmerleistung – nur ein Generalunternehmer hatte ein Angebot ab- gegeben – stieg dieser Betrag deutlich an.

So wurde der Gemeinderat im Februar 2022 den neuen Kosten in Höhe von 97 Mio. Euro zuzustimmen. Das Ende der Fahnenstange war damit aber noch lange nicht erreicht: Ende Oktober 2023 gewährte der Stuttgarter Gemeinderat einen Nachschlag von 22,5 Mio. Euro für den Umbau der Haupttribüne. Der Grund dafür waren gestiegene Kosten wegen Mehrar- beiten durch „die unerwartet vorgefundene problematische Bestandssituation bei den Fundamenten“, wie es in einer Gemeinderatsdrucksache heißt.

Doch auch damit war die Explosion der Umbaukosten noch nicht zu Ende: Anfang Februar 2024 beschloss der Gemeinderat weitere 20 Mio. Euro Nachschlag für diese Mehrarbeiten. Handeln musste der Gemeinderat dabei mit der sprichwörtlichen Pistole auf der Brust, weil der Generalunternehmer mit einem Baustopp drohte. Die Stuttgarter Stadträte hatten innerhalb von nur zwei Tagen dem erneuten Millionennachschlag zuzustimmen: „Um die Durchführung der EM [fünf Spiele fanden in Stuttgart statt; die Red.] nicht zu gefährden, bestand akuter Handlungsbedarf“, hieß es dazu aus dem Stuttgarter Rathaus auf Anfrage des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg. Damit beliefen sich die Kosten für den Tribünenumbau mittlerweile auf 140 Mio. Euro! 61 Mio. Euro davon sollte der VfB Stuttgart – Pächter und Hauptnutzer – tragen, rd. 80 Mio. Euro bleiben an der Stadt hängen.

Locker saß das Steuergeld in Stuttgart indes nicht nur bei der Ertüchtigung der MHP-Arena. Auch bei den Investitionen rund um seine fünf EM-Spiele war die Stadt im deutschlandweiten Vergleich finanziell ganz vorn mit dabei. So ließ man sich gleich vier Fan Zonen mit allem Drum und Dran 38,4 Mio. Euro brutto kosten. Das ist rd. sechs Mal so viel, wie die Verwaltung bei der Bewerbung als Ausrichterstadt 2017 laut Stuttgarter Nachrichten als grobe Richtlinie ausgab. Zum Vergleich: In den Ausrichterstädten Köln und Leipzig beliefen sich die investierten Gelder laut einer Auswertung der Stuttgarter Nachrichten mit 17 bzw. 15 Mio. Euro. auf weniger als die Hälfte als in Stuttgart.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

Rund um die Fußball-EM saß das Steuergeld in Stuttgart äußerst locker. So winkte der Gemeinderat beim Stadionumbau mehrfach kurzfristig millionenschwere Nachbesserungen durch. Auch für die Fan-Zonen gaben andere Städte weniger als die Hälfte aus, als Stuttgart es tat.

Kapitel: Verschwendung droht

Fast vier Mio. Euro nur für schöne Aussichten?

Die Stadt Bad Wurzach im württembergischen Allgäu möchte einen Naturerlebnis- und Beobachtungsturm bauen. Damit will sie ein Hochmoor, das Wurzacher Ried, für Naturinteressierte und als touristisches Highlight besser sicht- und erlebbar machen. Anfänglich wurden die Kosten für das Projekt auf 1,868 Mio. Euro geschätzt. Inzwischen liegt man bei 3,95 Mio. Euro. Der Bund der Steuerzahler sieht vor allem die Mitnahmeeffekte kritisch.

Bad Wurzach (BW). Der Bad Wurzacher Gemeinderat fasste im Jahr 2020 einen Pla- nungsbeschluss für den Bau eines Naturerlebnis- und Beobachtungsturms im Wurzacher Ried. Die Stadt sieht den Aussichtsturm als ein Zukunftsprojekt und einen strategischen Baustein in der Stadtentwicklung. Als die Kommune einen Förderantrag für das Projekt stellte, lag die Kostenschätzung bei 1,868 Mio. Euro. Das Land Baden-Württemberg sagte im Sommer 2021 eine Förderung von 888.000 Euro zu.

Doch seitdem haben sich die zu erwartenden Projektkosten deutlich erhöht. Im Mai 2023 belief sich die Kostenschätzung bereits auf 2,723 Mio. Euro. Für die Stadt hätte dies einen deutlich höheren Eigenanteil bedeutet, denn die zugesagte Förderung des Landes aus dem Jahr 2021 stellte sich als „gedeckelt“ heraus. Daraufhin entschied der Gemeinderat, diesen Förderantrag zurückzuziehen und im September 2023 einen neuen Antrag zu stellen. Laut einer Gemeinderatsdrucksache wurden die Projektkosten für den neuen Förderantrag nun mit 3,953 Mio. Euro berechnet.

Im April 2024 kam dann die Botschaft aus Stuttgart: Das Land Baden-Württemberg stockte auf und bewilligte 2,476 Mio. Euro aus dem Tourismusförderprogramm. Außerdem kaufte es schon vor einiger Zeit im Hinblick auf die Realisierung des Projekts der Stadt Bad Wurzach Flächen für 816.000 Euro ab. Damit hätte die Kommune „nur“ noch einen Eigenanteil von ca. 660.000 Euro zu tragen. Der Bad Wurzacher Gemeinderat sprach sich im Mai 2024 mit deutlicher Mehrheit für den Turmbau aus. Inzwischen wurde aber von Gegnern des Projekts ein Bürgerbegehren eingeleitet, da es von Anfang an deutliche Kritik an dem Vorhaben gab.

Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler handelt es sich bei dem geplanten Naturerlebnis- und Beobachtungsturm um ein Projekt, das in die Kategorie „Wünschenswertes“ fällt, aber sicherlich nicht notwendig ist. Die Stadt Bad Wurzach muss sich auch die Frage gefallen lassen, ob sie sich ein solches Projekt leisten kann bzw. ob sie hier di Prioritäten richtig setzt.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

Der Bau eines Aussichtsturms für fast vier Mio. Euro sollte nochmals überdacht werden, auch wenn die zugesicherten Zuschüsse des Landes verlockend sind. Genau dies ist nämlich das Problem: Das Land Baden-Württemberg sorgt mit seiner großzügigen Förderpolitik für Mitnahmeeffekte bei den Kommunen, für die letztlich die Steuer- zahler aufkommen müssen.

Reaktivierung der Schiene um jeden Preis?

Baden-Württemberg treibt seit einigen Jahren die Reaktivierung von Eisenbahnstrecken voran. Wiederbelebt werden soll u. a. die Kochertalbahn zwischen Waldenburg und Künzelsau im Hohenlohekreis. Die Investitionskosten für das Projekt wurden im Jahr 2023 mit bis zu 274,1 Mio. Euro veranschlagt. Es scheinen aber längst nicht mehr alle Akteure von der Kochertalbahn überzeugt zu sein.

Künzelsau/Hohenlohekreis (BW). Für die Kochertalbahn, die in den 1990er-Jahren stillgelegt wurde, gibt es große Pläne: Vor Ort sieht man die Chance, wieder eine Bahnverbindung zu schaffen. Eine positive Machbarkeitsstudie liegt bereits vor, auch das baden-württembergische Verkehrsministerium befürwortet die Pläne.

Doch vor dem nächsten Schritt ist das Projekt ins Stocken geraten: Die Gemeinderäte von zwei an der geplanten Strecke liegenden Kommunen – Kupferzell und Waldenburg – haben sich gegen eine Kostenbeteiligung der Vorplanung und der standardisierten Bewertung – ca. 71.000 Euro bzw. 13.000 Euro – ausgesprochen. Nun müssten die beiden anderen Partner – die Stadt Künzelsau und der Hohenlohekreis – je 450.000 Euro beisteuern, um das Projekt fortzuführen.

Natürlich locken bei diesem Projekt üppige Zuschüsse, denn vor allem der Bund unterstützt die Reaktivierungen von Bahnstrecken in großem Stil. Bis zu 90 Prozent der zuwendungsfähigen Baukosten übernimmt er in solchen Fällen, auch an den Planungskosten würde er einen Anteil übernehmen. Die gesamten Kosten sollen laut Machbarkeitsstudie folgendermaßen verteilt werden: Der Bund trägt insgesamt 217,1 Mio. Euro, das Land Baden-Württemberg 32,8 Mio. Euro, und der kommunale Anteil liegt bei 24,2 Mio. Euro. Selbst wenn diese Finanzierung von allen Beteiligten gestemmt werden könnte, ist die nächste entscheidende Frage, wer den laufenden Bahnbetrieb bezahlt.

Das Land würde voraussichtlich nur einen Stundentakt finanzieren, an Taktverdichtungen müssten sich dann die Kommunen oder der Landkreis finanziell beteiligen. Ein weiterer Haken: Baden-Württemberg übernimmt bislang nur die Betriebskosten von insgesamt 100 km reaktivierter Bahnstrecke im Südwesten. Gut möglich, dass die Kochertalbahn leer aus- geht, denn die Vergabe der Mittel erfolgt in zeitlicher Reihenfolge der Inbetriebnahme. Es handelt sich also um ein „Windhundprinzip“.

Kritiker sehen die Pläne rund um die Reaktivierung der Kochertalbahn deshalb mit Skepsis und sprechen sich stattdessen für einen ÖPNV mit Elektro- oder Wasserstoffbussen aus. Möglicherweise fallen außerdem noch weitere Kosten für Parkplätze an den Bahnhaltepunkten und durch die Verlegung eines Radwegs an, für die die Steuerzahler ebenfalls aufkommen müssten.

DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

Der Bund der Steuerzahler hält die vom Land Baden-Württemberg angeschobene Reaktivierung von stillgelegten Bahnstrecken, die mit hohen Kosten für die Steuerzahler verbunden ist, für fragwürdig. Deswegen sollte man die angedachte Reaktivierung der Kochertalbahn unbedingt überdenken. Vor allem die Folgekosten könnten den Kreis bzw. die beteiligten Gemeinden finanziell überfordern.

Kapitel: Brücken, Straßen & Verkehr

Teures Neuland für die Steuerzahler

Die Stadt Ulm plant den Bau einer Fuß gängerbrücke über die Kleine Blau, da die knapp acht m lange Vorgängerbrücke an derselben Stelle nur noch eingeschränkt verkehrssicher war. Dabei entschied man sich nicht für einen konventionellen Bau, sondern für eine Brücke aus Flachsfasern. Der erste Versuch ging schief. Daher muss ein zweiter Überbau produziert werden. Für die Steuerzahler bedeutet dies erhebliche Zusatzkosten.

Ulm (BW). Eine 1950 erbaute Brücke über die Kleine Blau in Ulm muss ersetzt werden, da ihre Verkehrssicherheit zu wünschen übrig ließ. Laut der Stadt machen die Schäden einen kurzfristigen Ersatzneubau notwendig. Der Überbau der alten Brücke wurde bereits entfernt. Doch der erste Versuch bei der Produktion des Nachfolgemodells schlug fehl, und so kam es zu ungeplanten Verzögerungen.

Die neue Ulmer Brücke ist Teil eines EU-Förderprojekts und erst die zweite ihrer Art. Ihre Besonderheit ist, dass es sich um ein nachhaltiges Bauwerk handeln soll. Daher werden natürliche Materialien eingesetzt, in diesem Fall Flachsfasern in Kombination mit Bioharz. Im Sommer 2023 wurde der Brückenkörper gebaut, konnte aber nicht verwendet werden, denn es gab im Aushärtungsprozess Probleme, die dazu führten, dass die Brücke zwar die geforderte Festigkeit erreichte, nicht aber die geplante Form. Deshalb muss der Brückenkörper nun ein zweites Mal produziert werden. Das verteuert die Angelegenheit erheblich.

Die städtischen Kosten waren bei der Beschlussfassung für die Brücke mit 330.000 Euro kalkuliert worden. Auch wegen einer notwendigen Sanierung der Unterbaukonstruktion kam es jedoch zu Mehrkosten von 180.000 Euro. Von diesen für die erste Version der Brücke insgesamt also genehmigten 510.000 Euro wurden dann „nur“ 455.000 Euro benötigt, da ja die Arbeiten nicht abgeschlossen werden konnten. Die von der Stadt zu tragenden Kosten für den zweiten Brückenkörper sollen voraussichtlich bei 375.000 Euro liegen – dabei entfallen 320.000 Euro auf die Produktion und weitere 55.000 Euro auf Transport und Fertigstellung vor Ort.

In Summe belaufen sich die Kosten der Stadt Ulm damit schätzungsweise auf 830.000 Euro. Hinzu kommen noch aktivierte Eigenleistungen von 50.000 Euro. Allerdings profitiert die Stadt von einer EU-Förderung für das Projekt, wodurch sich ihr Aufwand um 150.000 Euro reduziert. Weitere Kosten haben Projektpartner übernommen. Für die Stadt ergibt sich somit ein „Nettoressourcenbedarf“ von 730.000 Euro. Eine konventionelle Brücke aus Stahl- trägern mit Holzbelag hätte dagegen mit ca. 350.000 Euro zu Buche geschlagen, so die Stadt auf Anfrage.

Für die Steuerzahler in Ulm bedeutet das, dass sie nun mehr als doppelt so hohe Kosten zustemmen haben – aufgrund der Entscheidung für eine innovative Brücke, deren Herstellung beim ersten Versuch nicht klappte. Die Stadt betonte, dass sie sich mit dem Brückenbau bewusst auf Neuland begeben habe, da sie sich der Verantwortung für innovative Lösungen im Ingenieurbau und in der Architektur stelle. Aus Steuerzahlersicht bleibt aber zu hoffen, dass zumindest der zweite Versuch des Brückenbaus, der im Herbst 2024 abgeschlossen sein soll, erfolgreich ist, sodass sich die Kosten nicht noch weiter erhöhen.


DER BUND DER STEUERZAHLER MEINT

In Ulm setzte man beim Brückenbau auf eine innovative Bauweise. Der erste Versuch misslang, weshalb die Steuerzahler nun erheblich mehr finanzieren müssen. Ein privater Bauherr könnte sich ein solches Vorgehen kaum leisten.

PM BUND DER STEUERZAHLER Baden-Württemberg e. V.

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