In großen Schritten Richtung Energiewende

Am 09.07.2024 fand die 108. Ordentliche Generalversammlung der Alb-Elektrizitätswerk Geislingen-Steige eG in der Jahnhalle in Geislingen statt. Die beiden Albwerk-Vorstände, Jens Buchholz und Ralf Wuchenauer, berichteten über den Verlauf des letzten Geschäftsjahres und stellte den 167 anwesenden Mitgliedern den Jahresabschluss vor.

Zu Beginn der Versammlung begrüßte Holger Scheible, der als Aufsichtsratsvorsitzender die Versammlung leitete, die Mitglieder der Albwerk-Genossenschaft. Als neues Vorstandsmitglied des Albwerks stellte sich im Anschluss Jens Buchholz zunächst kurz vor, um dann auf das Geschäftsjahr 2023 einzugehen. Das Albwerk habe sich durch seine breite Aufstellung entlang der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungskette mit seinen über 20 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, die in Baden-Württemberg regional verteilt sind, als robust und anpassungsfähig erwiesen. Dennoch sei noch viel zu tun. Für die nächsten Jahre sei es das Ziel des Vorstandsteams, das Potenzial der Unternehmensgruppe noch stärker zu nutzen. Dabei käme es auf folgende Bausteine der Unternehmensentwicklung an: „Synergien nutzen“, „Digitalisierung vorantreiben“, „Agil sein“ sowie „Energie neu denken, Nachhaltigkeit fördern.“

Wichtige übergeordnete Ziele für das Albwerk, seine Genossenschaftsmitglieder und die Region seien unter anderem die Energiewende, die Abkehr von fossilen Brennstoffen sowie die Bezahlbarkeit von Energie. Das habe auch die 2022 durchgeführte Mitglieder-Umfrage noch einmal gezeigt, sagt Buchholz und fährt fort: „An diesen Zielen arbeiten alle Mitarbeitenden des Albwerks jeden Tag in ihren ganz unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern. Außerdem sind sie Teil unseres Unternehmensleitbilds: Wir schaffen die Energiewende – immer mit Her[t]z für die Region.“

Deutlich wird dies an Energiewende-Projekten wie dem Bahnhof Merklingen, das Energie- und Verkehrswende eindrucksvoll zusammenbringt und bei dem das Albwerk eine zentrale Rolle spielte. „Herausragend ist dort vor allem der Ladepark auf dem Park & Ride-Parkplatz. Er bietet 259 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, die von einer großen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Carports versorgt werden. Die Ladeinfrastruktur wurde von uns geplant, vorbereitet und zwischen Juli und September 2023 unter Hochdruck installiert“, erklärt der Albwerk-Vorstand. Hinzu kämen Photovoltaik-Projekte wie die Solaranlage auf dem Werksdach der Firma Grüner Systemtechnik in Merklingen. Die nachhaltig erzeugte Energie nutzt der Systemlieferant für die Automobilindustrie fast vollständige für seine Produktion. Das spart jährlich gut 900 Tonnen CO2 – so viel, wie mehr als 70.000 Bäume speichern. Auch die Firma Schlötter, die im Bereich Galvanotechnik führend ist, hat sich 2023 für das Albwerk als Photovoltaikpartner entschieden. Heute produziert die Anlage jährlich rund 103.000 Kilowattstunden Strom.

„Liebe Mitglieder, Sie sehen: Das Albwerk setzt einiges in Bewegung, damit die Region und die Energiewende vorankommen“, so Jens Buchholz. Dafür seien starke Partner aus der Wirtschaft und passende Rahmenbedingungen erforderlich. Derzeit habe die Region, aber auch ganz Baden-Württemberg und Deutschland, jedoch mit einer rückläufigen Konjunktur zu kämpfen.

„Die Wirtschaftspolitik bremst die Energiewirtschaft häufig aus“, sagt Buchholz. „Seit Jahren stockt der dringend notwendige Ausbau der Übertragungsnetze. Kürzlich scheiterten nun die jahrelangen Verhandlungen um die deutschen Stromnetze des niederländischen Betreibers Tennet.“ Für die Energiewende im Ganzen sei das eine verpasste Chance. Der Fachkräftemangel droht ebenfalls zunehmend zur Gefahr für die Energiewende zu werden. Geburtenstarke Jahrgänge treten nach und nach in den Ruhestand ein. Das heißt, die gesamte Branche konkurriert um dieselben Nachwuchskräfte. Eine drängende Herausforderung, auf welche die Branche selbst Antworten finden müssen.

Erfreulich sei dagegen die steigende Ausbaugeschwindigkeit im Bereich erneuerbare Energien, sagt Buchholz. Ermöglicht habe dies unter anderem das „Wind-Energie-an-Land-Gesetz“ und das „Solarpaket 1“, die seit dem letzten Jahr in Kraft getreten sind. Diese Chancen gelte es nun, zu nutzen. „Wir möchten die Energiewende vorantreiben und Partner für die Bürgerinnen und Bürger, unsere Kunden und unsere Kommunen sei“, fasst Buchholz zusammen. Ein Bestreben, das sich auch im Leitspruch des Albwerks widerspiegle.

Auf dem Weg zu diesem Ziel habe das Albwerk bereits viel erreicht, berichtete Ralf Wuchenauer, Vorstand des Albwerks. Bereits heute gehört das Albwerk-Netzgebiet zu den Spitzenreitern im Bereich erneuerbare Energien. Betrachtet man die installierte Erzeugungsleistung pro Kopf, liegt die Region auf Platz 1 in Baden-Württemberg. Dies zeige: Die Region und das Albwerk treiben zusammen die Energiewende voran. 2023 produzierte die 8.295 Erzeugungsanlagen im Verteilnetz insgesamt 354,7 Mio. kWh Strom. Hinzu kommen 115 Mio. kWh von 25 Windkraftanlagen, die direkt in das Hochspannungsnetz einspeisen. Das entspricht rund 85 Prozent des Bedarfs; deutschlandweit lag die Quote im vergangenen Jahr bei nur 52 Prozent. Gründe für diese positive Entwicklung sind der technologische Fortschritt, beschleunigte Genehmigungsverfahren sowie veränderte rechtliche Rahmenbedingungen.

Eine Entwicklung, die auch Herausforderungen mit sich bringt, fährt Wuchenauer fort. Um den regenerativ erzeugten Strom weiterhin zuverlässig im Netzgebiet zu transportieren, investiert das Albwerk seit Jahren Rekordsummen in den Netzausbau – dieses Jahr allein 20 Mio. Euro. Aktuell kann es daher lokal zu Einspeiseengpässen bei großen Anlagen kommen.

Nachdem in den letzten Jahren in den Bestand und im Anschluss in neue Kabel und Trassen investiert wurde, fokussiert sich der Energieversorger nun auf die vier Umspannwerke im Netzgebiet. Zwischen 2023 und 2030 soll so die Netzkapazität erhöht werden. „Durch diese Maßnahmen wird sich die Einspeisesituation im gesamten Netzgebiet deutlich verbessern“, sagt Wuchenauer. Allerdings habe man im Netzausbau mit verschiedenen Beschränkungen wie dem Fachkräftemangel, langen Lieferzeiten für Komponenten sowie komplexen Planungsgrundlagen zu tun.

Der verstärkte Ausbau der Netze beeinflusst aber auch die Netzentgelte – und damit den Strompreis. Jede diese Investition wird daher vom Albwerk genau geprüft und abgewogen, berichtet Wuchenauer. Man hoffe, auf eine gerechtere Verteilung, denn aktuell ist es so, dass Regionen, die sich stark für die Energiewende engagieren, finanziell mehr belastet werden. Würde sich dies ändern, könnten die Menschen in der Region sowie Gewerbe und Industrie entlastet werden. Ein entsprechender Festlegungsentwurf der Bundesnetzagentur liegt bereits vor.

Doch auch der Krieg in der Ukraine und der Gaslieferstopp aus Russland haben zu rasanten Preissteigerungen und Marktunsicherheiten geführt. „Wir beschaffen unseren Strom in Teilmengen über mehrere Jahre hinweg. In der Krise hat das unsere Kunden geschützt – zeitweise lagen wir rund 50 Cent unter den Marktpreisen. Paradoxerweise führt diese Strategie aber auch dazu, dass es etwas dauert, bis stark fallende Börsenpreise bei unseren Kunden ankommen“, sagt Wuchenauer. Als sich 2023 der Strommarkt entspannte, hätte man die Preise zwar gesenkt, doch mit den günstigsten Anbietern auf den Vergleichsportalen, die sich aktuell günstig mit Strom eindecken, könne und wolle man konkurrieren. Im internationalen Vergleich sei der Strom in Deutschland zudem immer noch teuer, was sich negativ auf die Konjunktur auswirkt.

Trotz aller Herausforderung hat die Albwerk-Genossenschaft gute Ergebnisse erzielt. „Es handelt sich um eine Gesamtleistung, die durch Zusammenarbeit und Kooperation geprägt ist“´, betont Ralf Wuchenauer in seinen Bericht vor den Mitgliedern. Es spiegele zudem die Robustheit und Anpassungsfähigkeit der Albwerk-Wertschöpfungskette wider.

Albwerk in Zahlen: Jahresabschluss und Dividende

Im Vorfeld der Wahlen stellte Ralf Wuchenauer, der als Vorstandsmitglied unter anderem das Ressort Finanzen verantwortet, den Jahresabschluss 2023 vor. Dieser wurde von der Generalversammlung festgestellt. Die anwesenden Mitglieder der Genossenschaft erteilten Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung.

Die Bilanz des Albwerk-Konzerns weist eine Bilanzsumme von 476,5 Mio. Euro aus und ist damit um 12 Mio. Euro gesunken. Der Anteil des Eigenkapitals liegt bei 46,2 Prozent der Bilanzsumme. Insgesamt erwirtschaftete der Albwerk-Konzern Umsatzerlöse von 586,0 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Steuern liegt bei 27,6 Mio. Euro. Der Konzernjahresüberschuss beträgt 19,3 Mio. Euro.

Die Entwicklung des Konzerns im Jahr 2023 war sehr gut. Der Jahresüberschuss der Genossenschaft selbst liegt bei 5,2 Mio. Euro und damit 3,1 Mio. Euro über dem Vorjahr. An die Mitglieder der Genossenschaft wird eine Dividende von 12 Prozent ausgeschüttet, was einer Summe von insgesamt 194.040 Euro entspricht. In der Unternehmensgruppe sind aktuell rund 830 Mitarbeitende beschäftigt.

Gremien und Wahlen

Aus dem Aufsichtsrat aus schieden turnusgemäß die Mitglieder Professor Dr. Frey, Rektor der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) Nürtingen-Geislingen, Magnus Grüner, Geschäftsführer Grüner Systemtechnik GmbH & Co. KG, Michael Lenz, Bürgermeister Lauterstein, Gebhard Tritschler, Bürgermeister Wiesensteig, und Bruno Walter, Bürgermeister a. D. Tettnang. Alle Mitglieder bis auf Herrn Bruno Walter standen für eine Wiederwahl zur Verfügung und wurden von den anwesenden Mitgliedern erneut in den Aufsichtsrat gewählt. Es wurde beschlossen, das freiwerdende Mandat unbesetzt zu lassen, sodass der Aufsichtsrat ab jetzt aus 14 Mitgliedern besteht.

Verabschiedung und Ehrung

Nach neun Jahren im Amt verabschiedete Holger Scheible Herrn Bruno Walter feierlich aus dem Aufsichtsrat. Als Bürgermeister von Tettnang und Aufsichtsratsvorsitzender des Regionalwerks Bodensee von 2008 bis zum 31.05.2023 war er viele Jahre für die Albwerk-Gruppe aktiv. „Herr Walter hat unser Gremium mit frischem Blickwinkel aus der Bodensee-Region und als Vertreter eines Albwerk-Beteiligungsunternehmens außerordentlich bereichert. Wir danken ihm für sein großes Engagement“, sagte Holger Scheible in seine Rede und überreichte dem scheidenden Aufsichtsratsmitglied ein Präsent.

Für seine über 25-jährige Tätigkeit in Gremien der Albwerk-Genossenschaft wurde im Anschluss Bernd Rößner, Bürgermeister von Kuchen, vom Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband e. V. (BWGV) geehrt. Thomas Bösner, Wirtschaftsprüfer der Genossenschaft und BWGV-Prüfungsgruppenleiter, überreichte Rößner im feierlichen Rahmen die Ehrennadel in Silber des Verbandes.

Das neue Vorstandsteam

Jens Buchholz ist 52 Jahre alt und lebt mit seiner Frau und seinen Kindern in Königsfeld im Schwarzwald. Das Ehepaar hat zwei erwachsene Kinder. Buchholz ist seit 2019 alleiniger Vorstand der EGT AG mit Sitz in Triberg im Schwarzwald. Zum 1. Januar 2024 wurde er in den Vorstand der Alb-Elektrizitätswerk Geislingen-Steige eG bestellt.

Ralf Wuchenauer lebt mit seiner Frau in Langenau und hat zwei erwachsene Kinder. 2001 trat er als Vorstandsassistent in die Alb-Elektrizitätswerk Geislingen-Steige eG ein; 2009 erhielt er Prokura. Als Bereichsleiter war er zuletzt für die kaufmännische Steuerung im Albwerk zuständig. 2015 übernahm er die Geschäftsführung der Albwerk GmbH und verantwortete dort den Bereich Markt. In den Vorstand der Genossenschaft wurde er zum 1. Januar 2023 bestellt.

Über das Albwerk:

Das Geislinger Albwerk wurde 1910 als Genossenschaft gegründet und kümmert sich seither um die Stromversorgung in der Region. Unter dem Dach der Genossenschaft hat sich das Albwerk zu einer Unternehmensgruppe entwickelt, die alle energiewirtschaftlichen Wertschöpfungsstufen abdeckt. Als Stromnetzbetreiber versorgt das Albwerk in der Region rund 110.000 Menschen. Bereits seit Ende der 90er-Jahre treibt das Albwerk die Energiewende in der Region voran. Elektromobilität als Gesamtpaket – dafür setzt sich das regionale Unternehmen ein. Mit passender Ladeinfrastruktur, Ladekarte und e-Carsharing.

Foto vom Albwerk

PM Alb-Elektrizitätswerk Geislingen-Steige eG

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