„Die Industrie und die industrienahen Dienstleister in Baden-Württemberg bewerten die Standortfaktoren Deutschlands mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich nur mit der Schulnote »ausreichend«“, so Wolfgang Grenke, Präsident der IHK Karlsruhe, die im Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) in Industriefragen federführend ist.
Umfrage zeigt viele Schwachstellen auf
Die Umfrageergebnisse offenbaren dabei aus Sicht der Unternehmen mehrere Schwachstellen des Standorts Deutschland: Die extrem schlechten Bewertungen für die Effizienz der Behörden und die bürokratischen Auflagen zeigen, dass die Betriebe hier starken Reformbedarf sehen. Prozesse zu verschlanken und zu vereinfachen ist und bleibt das Gebot der Stunde. Hohe Energiekosten sind ein weiterer signifikanter Wettbewerbsnachteil im internationalen Wettstreit, insbesondere für die energieintensive Industrie.
„Ein Sorgenkind der Industrie in Baden-Württemberg – insbesondere im ländlichen Raum – ist auch die Breitbandanbindung, deren Bewertung einen sehr deutlich negativen Trend aufweist und aktuell gerade einmal noch Note »vier minus« erhält“, was Grenke betont. „Für Industrie 4.0 und Digitalisierung müssen die strukturellen Rahmenbedingungen stimmen. Nur so kann die Digitalisierung in den Betrieben und auch von Verwaltungsprozessen vorangetrieben werden.“
Die Industrie mit einem Anteil von rund einem Drittel an der Wertschöpfung ist Antreiber und Impulsgeber der Wirtschaft in Baden-Württemberg und verfügt über ein funktionierendes Netzwerk mit Zulieferern und Dienstleistern. „Daher ist es so wichtig, die Rahmenbedingungen für die Branche spürbar zu verbessern“, führt der federführende IHK-Präsident Grenke aus. „Mit den allermeisten Standortnoten kann und darf niemand zufrieden sein, sei er in unternehmerischer oder in politischer Verantwortung. Es ist jetzt höchste Zeit, hier Hand anzulegen.“
Blick aufs (noch) Positive
Trotz der vielen Kritikpunkte gibt es auch (noch) Aspekte, die die Industrieunternehmen in Baden-Württemberg am Wirtschaftsstandort zumindest als »befriedigend« einschätzen. Die besten Noten im Land erhalten die Standortfaktoren ‚Vernetzung mit Forschung bzw. Hochschulen‘ (Note 2,8), ‚Verfügbarkeit von Zulieferunternehmen/Dienstleistern vor Ort‘ (Note 3,0) und ‚Rechtssicherheit‘ (Note 2,9).
Ebenso positiv zu werten: Trotz der identifizierten Herausforderungen zeigen die Unternehmen eine hohe Innovationsbereitschaft: Maßnahmen zur Digitalisierung und Industrie 4.0 stehen dabei im Vordergrund, gefolgt von verstärkten Kooperationen und der Förderung von Mitarbeiterqualifikationen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer zukunftsorientierten Politik, die die Transformation zur Klimaneutralität und Digitalisierung unterstützt und den Industriestandort nachhaltig sichert. Gleiches zeigt der DIHK-Innovationsreport für Deutschland als Ergebnis.
„Um das Potenzial des Industriestandorts Deutschland besser zu nutzen, muss die Politik die industriellen Standortfaktoren stärken, regional und national. Wichtig ist ebenso eine höhere Akzeptanz für den Industriestandort – insbesondere für den notwendigen Aus- und Umbau der Infrastruktur, aber auch für Produktion und neue Technologien allgemein. Auch die oft energieintensive Grundstoffindustrie muss mit Blick auf die Energiekosten erhalten bleiben, denn integrierte Wertschöpfungsketten sind als Wettbewerbsvorteil nicht zu unterschätzen“, fasst Grenke abschließend zusammen.
Zur Umfrage
Industrie und industrienahe Dienstleister werden von den Industrie- und Handelskammern (IHKs) nach ihrer Beurteilung der Perspektiven am Standort Deutschland im 3-Jahres-Rythmus befragt. Die aktuelle Befragung fand im Spätsommer 2023 deutschlandweit statt. Bundesweit hatten rund 2.250 Unternehmen teilgenommen, rund 10 Prozent oder 215 Antworten davon erfolgten von Betrieben aus Baden-Württemberg. Bundesergebnisse sind von der Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) zu Jahresbeginn 2024 veröffentlicht worden, die Ergebnisse für Baden-Württemberg werden mit dieser Meldung erstmals publiziert.
Der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) ist eine Vereinigung der zwölf baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern (IHKs). In Baden-Württemberg vertreten die zwölf IHKs die Interessen von weit mehr als 650.000 Mitgliedsunternehmen. Zweck des BWIHK ist es, in allen die baden-württembergische Wirtschaft und die Mitgliedskammern insgesamt betreffenden Belangen gemeinsame Auffassungen zu erzielen und diese gegenüber der Landes-, Bundes- und Europapolitik sowie der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und anderen Institutionen zu vertreten.
Die vollständige Auswertung erhalten Sie als Anlage zu dieser Meldung. Online finden Sie diese auf der BWIHK-Homepage hier.
Industriestandort-Auswertung_BW_Netzwerk Industrie final
PM Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag