In vielen Gärten betteln zurzeit Jungvögel lautstark nach Futter. Sie sitzen dabei die meiste Zeit im Nest, später oft auf einem Ast in der Nähe der Eltern, und rufen in Endlosschleife ihre Botschaft: Füttere mich! „Kohlmeisen füttern ihre Jungen 20 Tage im Nest, die Versorgung von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ist echter Stress“, sagt NABU-Ornithologe Stefan Bosch. Angesichts der Berichte über das Insektensterben fragen sich viele Vogelfreundinnen und -freunde, ob sie Kohlmeisen, Hausrotschwänze oder Amseln jetzt mit speziellem Futter unterstützen sollen? Bosch gibt Tipps und beantwortet fünf wichtige Fragen rund um die Ganzjahresvogelfütterung.
Ergibt die Vogelfütterung im Sommer Sinn?
Insekten als proteinreiche Nahrung zur Jungenaufzucht stehen im Mittelpunkt der Fütterung bei fast allen Singvögeln. Daher ist eine vielfältige, blüten- und damit insektenreiche Natur für Vögel überlebenswichtig. Ein natürliches Futterangebot ist zudem vielfältiger als die Snackbar im Garten. Für Stefan Bosch geht es daher beim Vogelfüttern primär um das Naturerlebnis. Gegen das Insekten- und Vogelsterben wirkt vor allem der Schutz von Lebensräumen. „Vögel füttern ist spannend und macht Spaß. Wer ganzjährig füttert, hat auch im Sommer eine Chance, die Tiere aus nächster Nähe zu beobachten. Trink- und Futterstellen bieten täglich spannende Erlebnisse. Zu beobachten, wie ein ganzer Spatzentrupp einfliegt oder zu sehen, wie Jungvögel von ihren Eltern gefüttert werden, ist herzerwärmend. Mit praktischem Naturschutz hat das aber nichts zu tun“, so Bosch. Wer einen Garten hat, sollte diesen vielfältig, vogel- und insektenfreundlich anlegen. Wo viele Insekten einen Lebensraum finden, werden Vögel eher satt“, betont der NABU-Experte.
Welche Vögel kommen jetzt ans Futtersilo?
Meist nutzen zehn bis 15 häufige Vogelarten einen Futterplatz, abhängig von Lage, Jahreszeit und sonstigem Futterangebot. Darunter sind die Körnerfresser, wie Meisen, Finken, Sperlinge und Erlenzeisig. Von den Insektenfressern kommen Heckenbraunelle, Rotkehlchen und Zaunkönig angeflogen. Auch „Mischköstler“ wie Star oder Amsel sind mitunter anzutreffen und nutzen gern Weichfutter, wie Rosinen und Haferflocken.
Kann die Vogelfütterung den Insektenschwund kompensieren?
Leider nein, doch in naturnahen Gärten „wächst“ die Vogelnahrung fast von alleine. Blüten locken Insekten an, die etwa die Kohlmeise als Nahrung für sich und den piependen Nachwuchs braucht. Damit die Jungen satt werden, muss ein Brutpaar pro Saison rund ein Kilogramm Insekten jagen. „Schließen Sie sich am besten mit Ihrer Nachbarschaft zu einer vogelfreundlichen Gartensiedlung zusammen – dann ist der Tisch für die gefiederten Besucher bald reich gedeckt“, rät Bosch. Bei der Pflanzenwahl sind heimische, nektar- und pollenreiche Arten den exotischen vorzuziehen.
Welches Futter sollte ich jetzt anbieten – und welches nicht?
Jungvögel sind sensibel, was das Futter betrifft. In den ersten Wochen werden sie von ihren Eltern ausschließlich mit frischen proteinreichen Insekten gefüttert. Im Winter beliebtes Futter, wie Erdnuss-Bruchstücke oder ganze Sonnenblumenkerne, sind für Jungvögel jetzt gefährlich. Sie können daran ersticken. Fettreiches Futter ist für sie schwer zu verdauen. Daher gilt: Von April bis Juli kein Fettfutter anbieten und Erdnüsse sowie Sonnenblumenkerne nur in Gitternetzsilos, aus denen die Vögel kleine Stückchen, aber keine ganzen Kerne entnehmen können. Wer füttern möchte, greift besser zu kleinen Sämereien oder bietet Insektenfutter frisch oder aufgetaut an, aber möglichst nicht getrocknet. Und setzt auf Qualität statt Quantität, am besten aus biologischer Landwirtschaft.
Was ist im Frühjahr und Sommer noch wichtig beim Füttern?
Hygiene beim Füttern und an Wasserstellen ist ganzjährig enorm wichtig. Es lohnt sich, einen guten Futterspender zu kaufen und den Platz ab und an zu wechseln. Die Futter- und Badestellen so platzieren, dass sich Katzen nicht unbemerkt anschleichen können. Damit das Futter trocken und sauber bleibt, sind Futtersilos die beste Wahl. Statt eines großen besser mehrere kleine Silos aufhängen. Behälter regelmäßig kontrollieren und reinigen. Kein altes Futter verfüttern. Durch verschmutztes Futter können Krankheiten von Vogel zu Vogel übertragen werden. Um nicht mehr zu schaden als zu helfen, ist Hygiene deshalb unverzichtbar. Wird ein toter oder kranker Vogel an der Futterstelle gesehen, muss der Futter- und Wasserplatz sofort geschlossen werden. Auf saubere Wasserstellen zum Trinken und Baden achten. Wasserschalen täglich gereinigt neu befüllen und mit einem Stein oder Ästchen als Ausstiegshilfe und Landeplatz für Insekten bestücken.
Hintergrund:
Weitere Infos zum Thema: Vogelfütterung
Foto: Vogelrunde mit verschiedenen Futterbedürfnissen, © Jutta Trentz/NABU-Naturgucker
PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.