Anlässlich des Internationalen Tags des Fairen Handels am 11. Mai fordert Slow Food Deutschland die EU auf, sich für fairen Handel einzusetzen und diesen in den eigenen Lieferketten umzusetzen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wären Spiegelmaßnahmen für Import-Lebensmittel aus Drittstaaten, durch die sichergestellt wird, dass nur Lebensmittel die EU erreichen, die den EU-Standards im Bezug auf Umwelt- und Tierschutzstandards entsprechen. Von nachhaltigen Investitionen profitieren würden Landarbeiter*innen, die lokale Bevölkerung sowie Ökosysteme in Produktionsländern, vor allem des globalen Südens.
Der Import von Waren aus Drittstaaten ist aus Slow-Food-Sicht nur fair, wenn Mensch, Tier und Umwelt nicht negativ beeinträchtigt werden, weder in Produktionsländern noch hierzulande. Aktuell sind globale Lieferketten aber hauptsächlich auf Profit statt auf Nachhaltigkeit ausgerichtet: So werden zum Beispiel hoch giftige Pestizide, die in Europa nicht erlaubt sind, exportiert und in EU-Drittstaaten auf dem Acker angewandt, wo sie der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt schaden.
Vor allem unser Slow-Food-Netzwerk in afrikanischen Ländern kennt die Folgen des Einsatzes hochgiftiger Pestizide im Kontinent. Dazu John Kariuki, Koordinator von Slow Food Kenya: „In Kenia und anderen afrikanischen Ländern wächst die Besorgnis der Gesellschaft über die Auswirkungen des Pestizideinsatzes auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Das Land ist Zeuge anhaltender wirtschaftlicher Anreize für Monokulturen in der Landwirtschaft und eines übermäßigen Einsatzes von Agrochemikalien. Aufgrund unzureichender Vorschriften und EU-Gesetze, die den Export von giftigen Unkrautvernichtungsmitteln und anderen auf dem europäischen Kontinent verbotenen Pestiziden erlauben, hat das Dumping von Agrochemikalien in Kenia weiter zugenommen. Dies ist ein soziales Übel, das die Lebensgrundlage und die Gesundheit von Millionen von Menschen in Afrika bedroht und auf das Schärfste verurteilt werden sollte“.
Das Beispiel des Sojaanbaus in Brasilien verdeutlicht, wie der profitorientierte Handel nicht nur der Bevölkerung vor Ort schadet, sondern zusätzlich zum Fortbestand der hiesigen industriellen Massentierhaltung beiträgt: Ein Drittel der in diesem großen Sojaexportland zugelassenen Wirkstoffe im Ackerbau sind in der EU verboten. Das meiste genmanipulierte Soja verbraucht in diversen Ländern Lateinamerikas enorme Flächen und Ressourcen und gilt als wichtige Ursache für Land Grabbing. In der EU wiederum sind 90 Prozent des verwendeten Sojas importiert und werden hier fast ausschließlich als Tierfutter eingesetzt. Billiges Importsoja geht auf Kosten der Regenwälder im globalen Süden sowie der Tiere hier.
Vom Land Grabbing durch Rodung für den Sojaanbau sind vor allem auch indigene Gemeinschaften betroffen. Dies bestätigt Jeronimo Villas Boas, Mitglied des Slow-Food-Netzwerks in Brasilien: „Soja nimmt heute mehr als die Hälfte der brasilianischen Anbauflächen ein. Der Sojaanbau ist eine der Hauptursachen für die Entwaldung des Amazonas und ist auch für schwerwiegende Landkonflikte verantwortlich. Eine Studie aus dem Jahr 2023 zeigt, dass mindestens 500 Sojafarmen indigenes Land überlagern. Wir sprechen hier von mehr als 75 Tausend Hektar Überschneidungen, eine Fläche, die der von Ländern wie Singapur oder Bahrain entspricht.“
Auf weitere negative Folgen dieser Lieferketten und die Doppelstandards zwischen EU-produzierten und Importlebensmitteln weist Slow Food Deutschland im kürzlich veröffentlichten Bericht Gleiche Standards für alle Lebensmittel hin und fordert die EU mit Nachdruck auf, den Zugang zum EU-Markt an die Einhaltung grundlegender EU-Standards zu binden und sicherzustellen, dass sich die Handelspolitik nicht negativ auf Umwelt, Nutztiere und die Gesundheit der Menschen – auch in Drittländern – auswirkt.
» Zur deutschen Zusammenfassung des Berichts
PM Slow Food Deutschland e. V.