Sonntagsgedanken: Diener sein

Der Satz: „Die Letzten werden die ersten sein“ als geflügeltes Wort entstammt sinngemäß aus dem Evangelium des morgigen Sonntags und hat seinen Ursprung im  Rangstreites der Apostel Jakobus und Johannes.

Die Rangfolge wer ist erster und wer ist letzter hat die Menschen schon damals wie heute beschäftigt. Wer sich vordrängt, macht sich unbeliebt. Gewiss sind jedem von uns schon einmal Menschen begegnet, die sich gerne vordrängeln. Auf Kosten ihrer Mitmenschen suchen sie ungeniert ihren eigenen Vorteil. Wie es dabei den anderen, den Kollegen oder Weggefährten, geht, kümmert sie meist wenig. Wer sich bei denen anbiedert, die etwas zu sagen haben, will etwas von deren Glanz und Macht abbekommen. Solche Menschen sind in der Regel nicht gern gesehen, und der Volksmund hat für ihr Verhalten die entsprechenden Kraftausdrücke parat. Wenn jene auch freundlich und leutselig erscheinen, so bleibt doch ihr Egoismus meist nicht lange verborgen. In seiner Antwort stellt Jesus nun den Zustand der Welt gleichsam auf den Kopf, um uns zu zeigen, wie es in der Gemeinde zugehen soll. Wer hier etwas gelten will, der soll sich keine Herrschaft anmaßen, sondern dienen. Häufig denken wir im Schema von Vorgesetzten und Untergebenen. Wenn wir das Wort „Minister“ hören, so denken wir und unsere Zeitgenossen unweigerlich an eine einflussreiche, höchst wichtige Person, obwohl es schlicht „Diener“ bedeutet. So werden wir auch die Pflicht haben, andere daran zu erinnern, dass ihre Arbeit sinnvoll ist, weil sie zum Nutzen ihrer Nächsten geschieht. Und in dieser Hinsicht ist es egal, ob jemand Verkäufer oder Wissenschaftler ist. Wo gearbeitet wird, gibt es zwar Ordnungen, aber hoffentlich nicht willkürlich Herrschende oben und unterdrückte Mitarbeiter unten. Dies gilt auch für die Kirchen, denn sie sollten zu allererst von den Schwachen her denken. Der französische Bischof Jacques Gaillot hat einmal gesagt: „Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts.“ In unserer Zeit des Abwägens und Rechnens kann es leicht passieren, dass uns jemand fragt: Was hast du eigentlich davon, Christ zu sein? Die ehrliche Antwort, glaube ich, muss wohl ganz einfach heißen: Materiell nichts. Jedenfalls gibt es keinen äußerlichen Vorteil. In unserem Lande wissen wir nur zu genau, was Überzeugungen wert sind, die man um eines äußeren Vorteils wegen annimmt. Wie viel ernster ist die Sache des Glaubens, die durch Leben und Tod begleiten soll? Aber wir müssten dann auch gefragt werden: Was haben andere davon, dass du Christ bist? Wenn wir Diener sein sollen, müsste die Antwort auf diese Frage hoffentlich positiv ausfallen.

Diakon i. R. Uwe Bähr, Bruder Klaus Jebenhausen

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