Behördengänge für Verwaltungsangelegenheiten bequem vom Sofa aus mit einigen Klicks auf dem PC oder Handy erledigen? Das ist das Ziel der Digitalisierung, die auch innerhalb der Uhinger Stadtverwaltung umgesetzt wird. Doch was verbirgt sich im konkreten dahinter?
Die Bürgerinnen und Bürger sollen das Recht auf digitale Verwaltungsleistungen haben. Das fordert das Onlinezugangsgesetz (OZG). Doch wie die Gemeinden dieses Ziel erreichen sollen, bleibt ihnen selbst überlassen. „Von jedem Ort der Welt aus den Service einer Gemeindeverwaltung nutzen, ohne vor Ort im Rathaus warten zu müssen – das klingt schon super“, sagt Uhingens Bürgermeister Matthias Wittlinger. Der digitale Behördengang ist in Uhingen schon teilweise möglich – und wird kontinuierlich ausgebaut. Gleiches gilt für die digitalen Arbeitsabläufe innerhalb der Stadtverwaltung.
Unter anderem können Dienstleistungen über den kommunalen Anbieter Service BW im Internet erledigt werden: Wer beispielsweise eine Befreiung von der Hundesteuer beantragen will, einen Fischereischein oder eine Genehmigung zum Plakatierung benötigt, kann das im Internet erledigen. Zur Legitimation muss man sich beim Serviceportal des Landes Baden-Württemberg anmelden, da es sich ja um amtliche Vorgänge handelt. Denn sonst könnte sich jeder für jemand anderes ausgeben und zum Schaden seiner Mitmenschen handeln. Schließlich kann man sich beispielsweise beim Online-Versandhändler Amazon auch nicht einfach so ohne Legitimation anmelden und dann munter Gebrauchsgegenstände, Möbel oder andere kostspielige Waren an seinen lieben Nachbarn schicken. Und gerade wenn es um bürokratische Abläufe geht, ist ein Authentifizierungsnachweis unverzichtbar.
Das ist auch ein Grund, wieso Personaldokumente wie Reisepass, Kinderausweis, Personalausweis und Co. nicht einfach mit einem Klick vom Sofa oder einem x-beliebigen Ort der Welt aus beantragt werden können. Denn sonst würden Menschen mit krimineller Energie einen Ausweis nach dem anderen bestellen und damit Schindluder treiben.
Wie geht es nun bei der Digitalisierung der Verwaltungsabläufe im Uhinger Rathaus weiter? Nachdem nun einige digitale Behördengänge möglich sind, soll im Laufe des Jahres auch ein digitales Bezahlsystem beispielsweise für das Beantragen eines Fischereischeins oder einer Meldebescheinigung eingeführt werden. Parallel dazu wird die schon im Jahr 1996 eingeführte digitale Aktenführung ausgebaut, um den Posteingang und -ausgang zu digitalisieren. Nachdem die technischen Grundvoraussetzungen mit den dafür notwendigen Geräten und Programmen geschaffen werden mussten, folgt die komplett digitalisierte Arbeit. Ziel soll es sein, dass eingehende Post aus Papier digital erfasst und automatisch im digitalen Aktenschrank einsortiert und an die zuständigen Sachbearbeitenden im Rathaus verteilt wird. Danach soll auch der Postausgang digitalisiert werden: Schreiben aus dem Rathaus sollen ebenfalls digital versandt werden. Hierzu sind auch rechtliche Vorgaben zu berücksichtigen. Ziel ist, dass einerseits Papier gespart wird und durch automatisierte digitale Abläufe auch Arbeitszeit innerhalb der Verwaltung eingespart – beispielsweise das Einpflegen von Daten – und somit andererseits mehr Zeit für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger geschaffen wird.
„Jeder Mensch, der einmal ein Betriebsprogramm auf dem Computer installiert oder ein neues Handy in Betrieb genommen hat, weiß, wie viel Zeit das kosten kann“, erklärt Matthias Wittlinger. Hinzu kommt: Die drei Mitarbeiter der IT-Abteilung in der Stadtverwaltung, wovon sich einer zu 80 Prozent um die Digitalisierung kümmert, sind nicht einzig und allein mit der Umsetzung des OZG und der Digitalisierung der internen Verwaltungsabläufe beschäftigt. Sie kümmern sich außerdem um die digitale Infrastruktur in Rathaus, Feuerwehr, Stadtbücherei, Kindergärten, Hallen- und Freibad, Bauhof, Kläranlage, denn Außenstellen in Baiereck, Holzhausen und Sparwiesen und im Ortschafts- sowie Gemeinderat. Bei letzterem ist die Ratsarbeit vollkommen digital, es werden Massen an Papier eingespart und der Zustellvorgang ist entfallen. Auch die Arbeitskraft zum Ausdrucken und Verarbeiten der Papiermassen konnte eingespart werden.
Seit Januar gehört die technische Betreuung der Schulen in Uhingen zum weiteren Aufgabenfeld. Hier mussten die städtischen IT-Experten beispielsweise in der Haldenberg- und Hieberschule neue Server in Betrieb nehmen, da die bisherigen mit einem Alter von 7 Jahren ihre durchschnittliche Haltbarkeitsdauer um 2 Jahre überschritten hatten. Und ohne funktionierenden Server keine Internetseite einer Schule, keine E-Mails und auch kein digitaler Unterricht mit digitalen Tafeln oder Tablet-Computern.
Außerdem kümmert sich die Abteilung auch darum, dass bei einem Schulumbau wie er in Holzhausen erfolgen soll, auch die technischen Voraussetzungen für den digitalen Schulalltag vorhanden sind. Für die Volkshochschule, die zum 1. März 2024 in Trägerschaft der Stadt Uhingen geht, muss zudem ein Anmelde-Portal für die Kurse eingerichtet werden und Uhingens städtische Kindergärten haben zur Arbeitszeiterfassung eine digitale Stechuhr und sollen W-Lan erhalten. Parallel zur eigentlichen Digitalisierung bearbeiten die drei Experten der IT zirka 25 Projekte. „Ich ziehe meinen Hut davor und danke, dass Uhingen digital dynamisch bleibt“, betont Matthias Wittlinger.
Doch das digitale Leben am Laufen zu halten bündelt nicht nur personelle Ressourcen. Insgesamt benötigt die Stadt 44 überwiegend virtualisierte Server. Ein Monitoring prüft rund um die Uhr alle Abläufe auf den Servern. Allein seit Januar wurden 5800 Meldungen wie der nicht erfolgte Versand einer E-Mail oder ein Problem bei der allabendlichen Sicherung sämtlicher Daten im Rathaus sowie den städtischen Einrichtungen festgestellt. Und diese 5800 Meldungen werden nicht einfach weggeklickt, sondern denen geht die städtische IT nach – und das kostet schlichtweg Zeit.
Doch zurück zur Digitalisierung: „Sie ist nicht für jeden Menschen etwas“, weiß auch Matthias Wittlinger. Wer sich mit dem Internet schwer tut oder dieses Medium einfach nicht nutzen will, „muss aber keine Angst haben, nicht mehr bedient zu werden“, betont der Bürgermeister – und verspricht: Man werde im Rathaus und in unseren Verwaltungsnebenstellen weiterhin für die Menschen da sein, die keinen Zugang zu einem mobilen Endgerät haben oder wollen. „Wir heißen sie nach wie vor im Rathaus willkommen und unterstützen Sie bei ihrem Anliegen!“
Hintergrund: Das OZG hätte Ende 2022 abgeschlossen sein sollen. Das dieses Ziel nicht erreicht wurde, liegt aber vor allem am Föderalismus in Deutschland. Anstatt die Digitalisierung auf Bundes- und Landesebene voranzutreiben, gebe es keine einheitliche Basisinfrastruktur, wurde bei einem Treffen von mehr als 250 Digitalisierungsbeauftragten in Fellbach Ende 2023 kritisiert. Auch fehlen eine Gesamtstrategie oder einheitliche Standards und Schnittstellen, die für alle Ebenen verbindlich sind, lauten weitere Kritikpunkte. Denn Bund, Länder und Kommunen entwickeln jeweils eigene Lösungen ihrer digitalen Verwaltungsleistungen, die dann nicht gut oder auch gar nicht miteinander harmonieren würden. Daher forderten die Digitalisierungsbeauftragen Nachbesserungen beim OZG. Das jüngst vom Bundestag verabschiedete OZG 2.0 sieht nun vor, dass innerhalb von zwei Jahren vom Bundesinnenministerium Standards und Schnittstellen für den Onlinezugang zu Verwaltungsleistungen festgelegt werden sollen. Allerdings muss der Bundesrat das OZG 2.0 noch verabschieden. Es sieht übrigens auch das Recht auf digitale Verwaltungsleistungen vom Jahr 2023 an vor, das Bürgerinnen und Bürger sogar beim Verwaltungsgericht einklagen können. Ausgenommen davon sind aber Leistungen, bei denen eine digitale Bereitstellung „technisch und rechtlich“ unmöglich ist oder die kaum genutzt werden. Auch soll es keinen Schadensersatzanspruch geben.
PM Stadt Uhingen