Das Jahr 2023 war selbst für das sonst so krisenresistente Handwerk kein einfaches Jahr. Die Energiekrise schlug zu Jahresbeginn zwar nicht so negativ durch wie befürchtet. Auch Lieferketten erholten sich, und zum Herbst hin nahm der Preisdruck etwas ab. Aber die heftige Zinswende sorgte für deutliche Bremsspuren in der Bauwirtschaft – insbesondere im fürs Handwerk so wichtigen Wohnungsbau. Für 2024 geht Handwerk BW höchstens von einem leichten Umsatzplus aus.
Der konjunkturellen Großwetterlage konnte sich das baden-württembergische Handwerk nicht komplett entziehen. Für 2023 rechnet der Verband Handwerk BW unter Berücksichtigung der Preissteigerungen mit einem leichten Umsatzminus. Insgesamt bewerteten die Betriebe ihre allgemeine geschäftliche Situation dennoch leicht besser als im Vorjahr.
„Im Vergleich zur Gesamtwirtschaft hat das Handwerk erneut für Stabilität gesorgt, unsere Betriebe haben sich auch von immer neuen Krisenmeldungen meist nicht entmutigen lassen. Aber: Wer so konstant vor Ort seinen Beitrag zur Stabilität leistet, während andere längst mit Abwanderung ins Ausland drohen, der erwartet dafür auch Unterstützung, wo es nötig ist. Das gilt auch und ganz besonders in schwierigen Haushaltszeiten. Zugesagte Entlastungen zu streichen, ist kontraproduktiv – eine Schwächung der Betriebe würde auch für sinkende Steuereinnahmen sorgen. Deshalb setzen wir für das kommende Jahr auf eine verlässlichere Politik – besonders im Bund, aber mit Blick auf konkrete Ergebnisse der Entlastungsallianz auch im Land“, so die Bilanz von Handwerk BW-Präsident Rainer Reichhold.
Besonders die Auftragslage ist ein Unsicherheitsfaktor für das kommende Jahr. Da viele Betriebe in 2023 noch Altaufträge abzuarbeiten hatten, blieb die Auslastung weiterhin hoch. Bei Neuaufträgen waren die Kunden jedoch oft deutlich zurückhaltender.
So unterschiedlich wie die Gewerke war auch die Lage in den unterschiedlichen Betriebsgruppen. Betriebe im Nahrungsmittel- und Gesundheitsbereich sowie den persönlichen Dienstleistungen wie den Friseuren wurden im Jahresverlauf immer optimistischer. Die Auftragslage verbesserte sich, auch wurden höhere Umsätze erwartet. Auch bei den Kfz-Betrieben hat sich dank der verbesserten Liefersituation Auftrags- und Umsatzlage im Vorjahresvergleich deutlich verbessert – der kurzfristige Stopp der E-Mobilitätsförderung könnte aber noch für erhebliche Kratzer im Konjunkturlack sorgen.
Am schwierigsten zeigte sich die Lage am Bau: Zwar war die Stimmung am Bau zunächst unter allen Gruppen noch am besten, die Lage verschlechterte sich jedoch im Jahresverlauf rasant. Die Auftragsentwicklung war im dritten Quartal sogar deutlich negativ. Mehr als jeder dritte Betrieb im Bauhauptgewerbe gab an, weniger Aufträge erhalten zu haben.
Angespannt blieb auch die Fachkräftesituation. Handwerk BW erwartet einen leichten Rückgang der Beschäftigtenzahl um ein Prozent. Dies ist vor allem der Demografie und den Fachkräfteengpässen geschuldet: Die Vakanzzeit – also die Zeit zwischen geplanter und tatsächlicher Einstellung eines Mitarbeitenden – ist in vielen Handwerksberufen weiter gestiegen. Sie lag im Herbst im Durchschnitt bei 213 Tagen.
Der Ausblick ins Jahr 2024 ist geprägt von großer Unsicherheit. Die Prognosen gehen zwar von einem spürbaren Wirtschaftswachstum aus, angetrieben vom wachsenden privaten Konsum und auch vom Außenhandel. Für den Bau ist der Ausblick allerdings weiter negativ. Insgesamt erwartet Handwerk BW ein Umsatzwachstum im Rahmen von zwei bis vier Prozent, wobei die Inflation hier noch nicht abgezogen wäre.
„Wenn selbst der verlässliche Stabilitätsgarant Handwerk Minusjahre bilanziert und Schwarze Nullen prognostiziert, muss sich Politik wirklich fragen, was an den Rahmenbedingungen nicht stimmt. 2024 wird sich zeigen, wer fleißig an der Zukunft des Landes arbeitet und wer nur Schönwetter beherrscht“, so Reichhold.
PM Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.