Wie der Biber am Butzbach leben kann

Das Nagetier ist im Gewässer zwischen Uhingen und Albershausen heimisch geworden. Mit ihrer Biberburg stauen die Tiere das Wasser an. Um Überschwemmungen zu vermeiden, haben sich die Stadt Uhingen und ihre Nachbargemeinde sowie das Landratsamt etwas einfallen lassen.

Der Biber mag für viele Menschen noch exotisch anmuten, doch hat er sich im Landkreis Göppingen längst niedergelassen. Nachdem die ersten Tiere vor einigen Jahren in Wiesensteig gesichtet wurden und dort im Bereich der noch jungen Fils heimisch geworden sind, gibt es nun weitere Populationen im Landkreis: auch im Bereich des Butzbachs an der Gemarkungsgrenze zwischen dem Uhinger Stadtteil Sparwiesen und der Nachbarkommune Albershausen. Damit die tierischen Baumeister mit ihrem regen Dammbau nicht für Überflutungen sorgen, haben die Stadt Uhingen und ihre Nachbargemeinde Albershausen in einer interkommunalen Kooperation Vorsichtsmaßnahmen getroffen.

Vor mehr als 150 Jahren wurde der Biber im Land ausgerottet, breitet sich aber selbstständig auch im Regierungsbezirk Stuttgart wieder aus. „Während der Biber die östlichen und nördlichen Landkreise des Regierungsbezirks Stuttgart seit Ende der 1990er-Jahre über die Donau und den Main wieder besiedelt, erschließt er sich den Landkreis Göppingen erst in den zurückliegenden Jahren“, weiß Jupp Jünger, Leiter des Umweltschutzamts im Landratsamt Göppingen. „Die Biber sind einfallsreiche Landschaftsgestalter, wovon wir in vielfältiger Form profitieren, indem durch ihre Tätigkeit Gewässer wieder naturnäher werden und hierdurch für viele Arten neue Lebensräume entstehen.“ Auch könne der Biber zu einer Verbesserung des Hochwasserschutzes und der Gewässerqualität beitragen.

Allerdings kann es vorkommen, dass aufgrund der Biberdämme das Wasser angestaut und angrenzende Grundstücke überflutet werden können. Die Bewirtschaftung der Grundstücke wird hierdurch erschwert oder ist nicht mehr möglich. „In solchen Fällen ist es uns wichtig, dass die Betroffenen mit uns Kontakt aufnehmen“, betont Jupp Jünger. „Für – fast –  jedes Biberproblem gibt es Lösungen.“

Und diese gab es auch im Fall der Biberbauten im Bereich des Butzbaches.  Durch den Biberdamm wird der Gewässerabschnitt auf einer Länge von zirka 300 Metern aufgestaut, wo sich die bislang zwei festgestellten Biber hauptsächlich aufhalten. „Darüber hinaus sind Spuren der Biber wie Nagespuren an Bäumen und Pflanzen oder auch Fährten aktuell im Bereich eines zirka 800 Meter langen Bachabschnittes festzustellen“, weiß der Leiter des Umweltschutzamtes. Bislang wurden nur zwei Exemplare festgestellt, ob sie bereits Nachkommen haben, dafür gibt es keine Belege. Es sei  aber davon auszugehen, dass dies erfolgt. Dass sich Biber am Butzbach aufhalten, ist aber nicht neu. Seit dem Jahr 2021 wurden die Tiere hier beobachtet und haben schon ihre Spuren hinterlassen. Deshalb „ist davon auszugehen, dass die Biber mittlerweile sesshaft geworden sind“, sagt Jupp Jünger.

Um zu verhindern, dass sich das Wasser des Butzbaches noch mehr anstaut, wurden nun Drainagen in Abstimmung und unter Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde unmittelbar am Biberdamm eingebaut. Die großen Rohre sollen einen gleichmäßigen Wasserablauf gewährleisten. Dabei wird einerseits sichergestellt, dass der Wasserstand ausreichend hoch ist, damit der Biberbau nicht beeinträchtigt wird, andererseits wird dadurch der Wasserstand soweit gesenkt, dass die angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht vernässt werden. Weil der Butzbach die Grenze zwischen der Gemeinde Albershausen und der Stadt Uhingen bildet, war auch die Beteiligung beider Kommunen nötig. Da Uhingen und Albershausen für die Unterhaltung des Butzbaches als Gewässer zweiter Ordnung zuständig sind, hat die untere Naturschutzbehörde die Bauhöfe der beiden Kommunen bereits frühzeitig über die Biberaktivitäten informiert und steht in regelmäßigem Austausch insbesondere auch mit betroffenen Grundstückseigentümern. Denn der Schutz der Grundstücke vor Überflutungen darf nicht in Vergessenheit geraten und hat in der Vergangenheit immer wieder für Anstrengungen seitens Eigentümer und Bauhofmitarbeiter der Gemeinden gesorgt. Die Biberdrainagen wurden auf Initiative der unteren Naturschutzbehörde mit den Bauhöfen der beiden Kommunen und dem betroffenen Eigentümer abgestimmt und gemeinsam umgesetzt. „Hervorzuheben ist insbesondere die hervorragende und konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten“, lobt Jupp Jünger explizit.

Über dieses Lob freut sich Uhingens Bürgermeister Matthias Wittlinger sehr. Die interkommunale Maßnahme zeuge nicht nur vom guten nachbarschaftlichen Verhältnis, sondern sei auch ein Beleg für engagiertes Handeln, um Umwelt- und Naturschutz mit den Ansprüchen des Menschen in Einklang zu bringen. „Immer wieder wird beklagt, dass der Artenreichtum durch den Eingriff des Menschen zurückgeht. Hier haben wir gemeinsam für eine gesicherte Zukunft von Tier und Mensch gesorgt“, betont Matthias Wittlinger. Dass sich nun Biber im Butzbach heimisch fühlen, sei auch Aushängeschild für eine ökologisch nachhaltige Gemeindeverwaltung, die ihrer Verantwortung gegenüber Mutter Natur auch nachkommt. Dem stimmt auch Albershausens Bürgermeister Jochen Bidlingmaier zu, der ebenfalls das interkommunale Engagement beider Gemeinden hervorhebt: „Nur, weil die Gemeindegrenzen am Butzbach enden, heißt das nicht, dass auch der Einsatz für die Umwelt dort enden muss.“ Die Pflegemaßnahme sei ein gutes Beispiel dafür, dass für ein nachhaltiges Wirken zugunsten von Flora und Fauna ein gemeinsames Agieren notwendig ist. „Nur im Verbund mit starken Partnern an der Seite lässt sich etwas bewirken – nicht nur für die Umwelt“, erklärt Jochen Bidlingmaier. Allerdings dürfte auch nicht vergessen werden, dass die Biber mit ihrer Bautätigkeit als Nachbarn für die Anrainer eine gewisse Belastung darstellen. Deshalb sei die Maßnahme sinnvoll, um „den nachbarschaftlichen Frieden zwischen Tier und Mensch zu wahren“.

Doch die Drainage war nicht die einzige Maßnahme, die durch die Biber notwendig wurden. Um eine Beeinträchtigung sogenannter wertgebender Bäume im Umfeld des Biberreviers zu schützen, wurden bereits Drahthosen als Fraßschutz an den Bäumen angebracht. „Aktuell sind weitere Maßnahmen nicht erforderlich“, fügt Jupp Jünger hinzu. Um Konflikte mit den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen zu vermeiden, besteht zudem die Möglichkeit auf freiwilliger Basis, die Bewirtschaftungsintensität der im Biberrevier unmittelbar an den Butzbach angrenzenden Flächen zu verringern. Nutzungsvorgaben können über die Landschaftspflegerichtlinie des Landes gefördert werden.

Biber auch bei Gingen und Ebersbach

Die Biberburgen beim Butzbach und Wiesensteig sind aber nicht die einzigen Lebensräume des Nagetiers im Landkreis Göppingen. Es wird davon ausgegangen, dass der Biber sich auch im Unterlauf der Fils bei Gingen und zwischen Uhingen und Ebersbach etabliert. Dabei dürfte es nicht bleiben: „Nachdem Biber in kleinen Familienverbänden leben, die Elterntiere ein Leben lang zusammenbleiben, ihr Revier verteidigen, die geschlechtsreifen Nachkommen den Familienverband verlassen und sich auf die Suche nach einem eigenen Revier machen, ist davon auszugehen, dass der Biber sich auch im Landkreis Göppingen weiter ausbreiten wird“, ist Jupp Jünger überzeugt.

Das könnte aber auch gewisse Probleme mit sich bringen. „Die meisten Konflikte entstehen dort, wo Mensch und Biber den geleichen schmalen Uferstreifen nutzen“, weiß der Leiter des Umweltschutzamtes. Die effektivste Maßnahme, damit Mensch und Biber in Eintracht leben, ist die Erhaltung und Entwicklung ausreichend breiter, mit einem strukturreichen gewässerbegleitenden Auwaldstreifen versehenen Gewässer. Durch ausreichend breite ungenutzter Gewässerrandstreifen zwischen dem Ufer und den angrenzenden Nutzflächen findet der Biber im unmittelbaren Umfeld seines Reviers ausreichend Nahrung. „Dann muss er nicht zur Nahrungsgewinnung auf landwirtschaftlich genutzte Flächen ausweichen“, ist Jupp Jünger überzeugt. Sollten trotzdem Konflikte entstehen, ist eine frühzeitige Information und Kontaktaufnahme mit der unteren Naturschutzbehörde sehr wichtig, damit gemeinsame Konfliktlösungen abgestimmt und umgesetzt werden können.

Hintergrund: Lassen sich Biber irgendwo nieder, wo es dem Menschen nicht passt, können die Tiere nicht einfach so verscheucht oder gar gejagt werden. Der Biber ist in Anhang IV der FFH-Richtlinie der EU gelistet und genießt somit europaweiten Schutz. Er ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Auf Grund des Schutzstatus ist es unter anderem verboten, dem Biber nachzustellen, ihn zu fangen, zu verletzen oder zu töten, ihn während der für die Arterhaltung besonders sensiblen Phasen der Fortpflanzung und Aufzucht erheblich zu stören oder seine Fortpflanzungs- oder Ruhestätten zu beschädigen oder zu zerstören. „Damit stehen auch die Biberburg beziehungsweise der Biberbau sowie Biberdämme, welche der Fortpflanzungsstätte des Biberreviers dienen, unter gesetzlichem Schutz“, macht Jupp Jünger deutlich. Wer Biber vertreibt oder  verletzt, der muss in Baden-Württemberg mit empfindlichen Strafen rechnen.

Bei Problemen mit dem Biber empfiehlt die Behörde, sich umgehend mit der unteren Naturschutzbehörde in Verbindung zu setzen. In Zusammenarbeit mit den ehrenamtlich tätigen Biberberatern des Landkreises Göppingen wird versucht, die Konflikte in einem gemeinsamen Miteinander zu lösen.

Info: Die Materialkosten für das Vorhaben übernimmt die Naturschutzbehörde, den Einsatz von Maschinen und Bauhofmitarbeitern zahlen die Gemeinden.

Foto 1: Die Spuren der Biber im Butzbach sind deutlich zu sehen: Die Nagetiere knabbern Bäume an

Foto 2: Um Überflutungen zu vermeiden, wurden Drainagen im Bereich des Biberdammes verlegt. Fotos: Stadt Uhingen

 

PM Stadt Uhingen

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