Nachdem der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV) eine einstweilige Verfügung gegen den geplanten Warnstreik für eine Regelung zur Altersteilzeit in Baden-Württemberg eingereicht hat, kommt es am Freitag um 14:30 Uhr vor dem Arbeitsgericht Stuttgart zu einer Verhandlung.
Zur gleichen Forderung, die ver.di auch in Nordrhein-Westfalen erhoben hatte, fand letzten Freitag in Köln ein Warnstreik statt, ohne dass der dortige kommunale Arbeitgeberverband rechtlich interveniert hatte.
ver.di setzt die Vorbereitungen für den Warnstreik am kommenden Montag fort. Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: „Sowohl die Stadt Stuttgart als auch andere Arbeitgeber im Land haben in den letzten Monaten neue Altersteilzeitanträge individuell genehmigt. Anstatt mit uns eine rechtssichere Fortsetzung der Altersteilzeit am Verhandlungstisch zu besprechen, ziehen die Arbeitgeber uns lieber vor Gericht. Warum die kommunalen Arbeitgeber den exakt gleichen Streikgrund in Nordrhein-Westfalen akzeptieren und in Baden-Württemberg nicht, erschließt sich uns nicht.“
Der KAV hatte am Wochenende angekündigt: „Beschäftigte, die an diesem, für den 13. November geplanten Streik teilnehmen, müssen mit Abmahnungen durch ihren Arbeitgeber und ggf. weiteren arbeitsrechtlichen Maßnahmen rechnen.“
Ariane Raad, ver.di Stuttgart: „Einen Warnstreik juristisch überprüfen zu lassen, ist natürlich rechtlich in Ordnung. Beschäftigten, die daran teilnehmen wollen, mit Abmahnung zu drohen, ist ein absolutes No Go. Wenn das Ziel des KAV war, die Kolleginnen und Kollegen zu verunsichern, um damit dem Protest den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat das nicht geklappt. Das einzige, was sie erreicht haben, ist noch mehr Wut und Enttäuschung über die Arbeitgeber.“
Hintergrund: ver.di ruft die Beschäftigten der Landeshauptstadt Stuttgart (alle Ämter, Verwaltungen und Eigenbetriebe) am 13. November zu einem ganztägigen Warnstreik auf. Betroffen sind neben der Verwaltung auch die Kitas Abfallwirtschaft und städtische Schwimmbäder. Grund für die Arbeitsniederlegungen ist die Weigerung des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Baden-Württemberg (KAV), mit ver.di einen landesbezirklichen Tarifvertrag zur Fortsetzung der Altersteilzeit zu verhandeln. Die Gewerkschaft rechnet mit mindestens 2.000 Streikenden und erheblichen Auswirkungen. Darum geht es rechtlich: Altersteilzeitverträge nach dem TV FlexAZ können seit Ablauf des 31. Dezember 2022 nicht mehr abgeschlossen werden. Die Regelungen des TV FlexAZ können nicht nachwirken, da sich die Nicht-Verlängerung des TV FlexAZ nicht aus einer Kündigung oder einer Befristung des gesamten Tarifvertrages, sondern aus § 15 Abs. 2 ergibt. Hiernach gilt der Tarifvertrag nur für Beschäftigte, die bis zum 31. Dezember 2022 die jeweiligen tariflichen Voraussetzungen erfüllen und deren Altersteilzeitarbeitsverhältnis oder deren flexible Altersarbeitszeit vor dem 1. Januar 2023 begonnen hat. Für ver.di ist damit klar: eine tarifliche Regelung der Altersteilzeit besteht durch die Nichtverlängerung des in § 15 Abs. 2 TV FlexAZ genannten und in den Tarifverhandlungen unverändert gelassenen Stichtags 31. Dezember 2022 seit dem 1. Januar 2023 nicht mehr. Im Rahmen der TVöD Tarifrunde kam es zu keinerlei Neuauflage oder Verlängerung. Es wurde im Änderungstarifvertrag Nr. 8 nur deklaratorisch niedergeschrieben, dass die Wertguthaben bestehender Verträge dynamisiert werden. Damit gibt es keine tarifvertragliche Regelung mehr zur flexiblen Arbeitszeitregelung für ältere Beschäftigte, und deshalb ist damit der Weg frei einen landesbezirklichen Tarifvertrag abzuschließen. Die Argumentation des KAV, dass ein nicht mehr existierender Tarifvertrag weiterhin der Friedenspflicht unterliegt, ist für ver.di nicht nachvollziehbar. Unabhängig davon kritisiert die Gewerkschaft die Drohung der Landehauptstadt Stuttgart und des KAV, mit Abmahnungen und weiteren arbeitsrechtlichen Maßnahmen gegen Streikende vorzugehen, scharf. Eine Abmahnung wegen der Beteiligung an einem Streik verstößt gegen Art 9 Abs. 3 GG, ist als gegen die Wahrnehmung des Streikrechts gerichtete Maßnahme rechtswidrig (Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG) und verstößt gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot des § 612a BGB (Maßregelungsverbot). In Baden-Württemberg arbeiten nach Zahlen des Statistischen Landesamtes von 2022 rund 236.000 Tarifbeschäftigte bei den Kommunen. Sie sind von der weggefallenen Altersteilzeitregelung betroffen. Gestreikt wird am 13. November zunächst nur in Stuttgart, um ein erstes deutliches Zeichen an den KAV zu senden.
PM ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg