Ein Spezialboot entfernt die Seerosen aus dem künstlichen Gewässer zwischen Uhingen und Sparwiesen. Dabei zeigt sich, dass sich der Klimawandel schon jetzt auf den Charlottensee auswirkt. Für die Stadt bedeutet die Pflege des Sees ein Balanceakt zwischen nachhaltigem Naturschutz und sinnvollem Haushalten mit den Finanzen.
„Das wurde auch Zeit“, sagte kürzlich ein Spaziergänger beim Blick auf den morgendlichen Charlottensee. Denn auf dem sonst so idyllischen Gewässer war stellenweise reges Schaffen zu beobachten: Eine Fachfirma entfernte die Wasserpflanzen, die sonst ungehindert den Charlottensee zuwuchern würden – mit einem Spezialboot.
Unter lautem Getöse tauchen die Schaufeln des mit Raupenantrieb betriebenen Bootes in den See; Wasser spritzt hoch, kleine Wellen breiten sich aus. Dieses Amphibienboot ist wendig und bei niedrigen Wasserstand ideal. Und niedrig ist der Wasserstand des Charlottensees in diesem Herbst auf alle Fälle. „Im vergangenen Jahr stand das Wasser 80 Zentimeter höher“, erinnert sich Florian Wiedemann, der das schwere Gefährt bedient. Denn auch im Jahr 2022 war er auf dem Landschaftsidyll im Einsatz. Neun Stunden habe er damals benötigt, um die Teichrosen zu entfernen. Und so lange war er dieses Jahr ebenfalls wieder im Einsatz.
Der niedrige Wasserstand stellte den Experten für Mäharbeiten unter Wasser aber vor einige Probleme. So war es aufwendig, das Boot überhaupt ins Wasser zu bekommen, weil die Böschung aufgrund des niedrigen Wasserstandes so steil war. Der Experte arbeitete anfangs mit der Mäh-Sammeleinheit, um das Schnittgut gleich als Rampe ans Ufer legen und dadurch überhaupt erst aufs Wasser gelangen zu können. Diese hat nur eine Schnittbreite von 2,2 Metern und eine geringere Aufnahmekapazität. Als das Mähboot dann im Wasser war, konnte er mit dem 3 Meter breiten Mähwerk die Teichrosen abmähen. Allerdings konnte Florian Wiedemann den Messerbalken nicht so tief ins Wasser tauchen wie geplant. Erschwerend kam hinzu, dass manche Wurzeln der Teichrosen mittlerweile sehr massiv sind. Diese mussten im See verbleiben.
Das an der Wasseroberfläche treibende Mähgut wurde von Florian Wiedemann mit einem Sammelrechen eingesammelt und am Ufer auf einen Haufen gelegt. Dort konnte es abtropfen und Amphibien hatten die Möglichkeit, wieder in den Charlottensee zurück zu gelangen. Das Material wurde dann wenige Tage nach dem Einsatz vom Bauhof abgeholt und entsorgt.
Dass die Stadt den Teichrosen zu Leibe rückt, ist nicht neu. Schon vor knapp 17 Jahren – und seither immer wieder mal – war ein solches Mähboot auf dem Wasser im Einsatz. „Die Teichrose wächst explosionsartig“, erklärt Uhingens Ordnungsamtsleiter Michael Eberhard. „Würden wir sie nicht entfernen, würde der Charlottensee schneller verlanden.“ Bedingt durch die Jahreszeiten sterben die Pflanzen und ihre Blätter ab und die enorme Blattmasse sinkt auf den Grund des kaum einen Meter tiefen Sees. Dort verrotten dann die Blätter und werden mit der Zeit zu Schlamm. Mit den Jahren wächst die Schlammschicht stetig an und verdrängt letztlich das Wasser aus dem See, sodass erst eine übelriechende Sumpflandschaft entsteht und diese dann irgendwann austrocknet und zu einer Wiese wird. Und wieso entfernt die Stadt dann nicht einfach alle Pflanzen aus dem Wasser? Das ist technisch nicht so einfach umsetzbar. Deshalb wird derzeit überlegt, wie es mit dem See weitergehen soll.
„Die Stadt nimmt regelmäßig Geld in die Hand, um dieses Kleinod für die Menschen in Uhingen und unsere Besucher zu erhalten“, erklärt Bürgermeister Matthias Wittlinger die zirka 3500 Euro teure Pflegemaßnahme. In den Augen vieler Menschen, die den Charlottensee als Naherholungsziel schätzen, sei dies ein geringer Betrag im Vergleich zu dem Mehrwert. „Der Charlottensee ist ein besonderes Naherholungsgebiet, an dem sich Menschen erholen und einfach mal die Seele baumeln lassen können“, weiß auch Ordnungsamtsleiter Michael Eberhard. Hinzu kommt, dass der einst künstlich angelegte See ein flächenhaftes Naturdenkmal ist. Es dient Amphibien wie Fröschen, unterschiedlichen Vogelarten und einer Vielzahl an Insekten als Heimat. „Der Verlust des Sees als offene Wasserfläche für die Natur wäre nicht nur sehr schmerzhaft“, ergänzt Matthias Wittlinger, „sondern auch durch nichts zu ersetzen.“
Die Stadt Uhingen ist aber nicht die einzige Gemeinde, die sich so um die Pflege ihrer Gewässer bemüht. Das wird beim Blick auf das Portfolio der Fachfirma deutlich: Gewässerpflegemaßnahmen seien eine ganzjährige Beschäftigung, verrät Firmeninhaber Jürgen Sepp. Er und sein Team seien bei kleinen Gartenteichen und auch auf dem Bodensee aktiv, kümmern sich außerdem um Fließgewässer, Biotope und Feuchtgebiete. „Die Aufgaben reichen vom klassischen mähen und sammeln, Unterwasservegetation oder Schilf mähen (je nach Jahreszeit) bis hin zur mechanischen oder mikrobiologischen Entschlammung“, erklärt er. Und auch die komplette Sanierung von Gewässern stemmt das Unternehmen. Und der Bedarf ist groß, macht Jürgen Sepp deutlich: „Wir arbeiten grob von Norditalien bis Kassel, vom Berchtesgadener Land bis ins Saarland“. Der Fokus liege aber auf Einsätze in Bayern und Baden-Württemberg, wo das Unternehmen mit speziellem Equipment wie etwa sogenannten Truxoren (die Mähboote), einem Schreitbagger und Arbeitsbooten sowie weiteren Geräten aktiv sei.
Doch zurück zum Charlottensee: Derzeit wird geprüft, mit welchen Mitteln der Charlottensee erhalten bleiben kann. Eine Möglichkeit wäre es, das Wasser abzulassen, den Seeschlamm abzubagern und auf einer Fläche zu lagern sowie die Wurzeln der Teichrosen zu entfernen. Die letzte Sanierung wurde im Winter 1998/99 am Charlottensee durchgeführt. Am Grund befindlicher Schlamm, die fast die gesamte Wasserfläche überwuchernde Teichrose und vom Ufer her hereinwachsendes Schilf wurden entfernt. Ob und wie so eine erneute grundlegende Sanierung des Sees in nächster Zeit erfolgen kann, prüft derzeit ein Fachplaner: Klaus-Jürgen Boos und sein Büro für Gewässerkunde und Landschaftsökologie untersuchten Anfang des Jahres den Seeboden nach Rückständen. „Glücklicherweise ergab die Analyse der Proben, dass wir den Seeschlamm nicht auf einer Deponie entsorgen müssen, sondern auch in Uhingen auf einer Fläche lagern können“, erklärt Michael Eberhard weiter. Nachdem sich die Schwebeteilchen gesetzt haben, kann das Wasser zurück in den Charlottensee fließen. Das ist zumindest der grobe Plan. Klaus-Jürgen Boos beschäftigt sich derzeit mit den feinen Details, außerdem sucht die Stadtverwaltung nach einer geeigneten Fläche als vorrübergehendes „Schlammdepot“. Und steht das Konzept, entscheidet zunächst noch der Gemeinderat über das Vorhaben.
Weil der Charlottensee nicht von einem Bach oder Fluss immer wieder mit neuem Wasser gespeist wird, sondern der Zufluss über das Grundwasser erfolgt, bilden sich Defizite durch die Sauerstoffarmut und die hohen Nährstoffgehalte. Außerdem wird der Sedimentzustand durch den hohen Verschlammungsgrad, das starke Sauerstoffzehrungspotenzial und die erheblichen Gehalte an Sedimentphosphor beeinträchtigt. Seine umfangreichen Untersuchungsergebnisse hatte Klaus-Jürgen Boos dem Uhinger Gemeinderat eigens im Rahmen einer Klausurtagung präsentiert, ebenso die Maßnahmen. Wie bei jeder Einrichtung einer Gemeinde benötige man auch bei einem See Geld, um ihn in den Anfangszustand zu versetzen. Sollte die Stadt nichts mehr in den Charlottensee investieren, könnte es ihn in 150 bis 200 Jahren nicht mehr geben. „Wir leben momentan in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit und unser Erbe für unsere Nachkommen in nahezu allen Lebensbereichen eine große Rolle spielen“, betont Uhingens Bürgermeister Matthias Wittlinger. „Da wäre es nicht konsequent, das Idyll Charlottensee aus Gründen von falsch angebrachter Sparsamkeit aufzugeben – und durch Nichtstun zu zerstören.“
Info: Der Charlottensee ist über zwei ausgewiesene Wanderwege erreichbar: Die etwa 3,9 Kilometer lange Schloss-Filseck-Runde ist mit blauen Pfeilen ausgeschildert und als Spaziergang auch für Menschen mit Handicap geeignet. Zirka 9,4 Kilometer ist dagegen der große Rundweg lang, der mit gelben Pfeilen gekennzeichnet ist. Bis in den Wald hinter dem Charlottensee ist die Wegeführung identisch mit jener der Schloss-Filseck-Runde. Die Wanderwege sind vom Parkplatz bei Schloss Filseck oder vom Wanderparkplatz beim Charlottenhof zwischen Uhingen und dem Stadtteil Sparwiesen aus erreichbar.
Foto: Mit einem Spezialboot werden die Teichrosen aus dem Charlottensee entfernt. Ohne diese Maßnahme würde der künstliche See noch schneller verlanden. Foto: Stadt Uhingen
PM Stadtverwaltung Uhingen