Sparkurs der Bundesregierung gefährdet NABU-Arbeit

Sparen auf Kosten der jungen Generationen und des Naturschutzes – für den NABU und seinen Jugendverband, die NAJU, in Baden-Württemberg ein No-Go. „Die Sparpläne der Bundesregierung bei den Freiwilligendiensten schlagen 1:1 im Naturschutz durch. Sie gefährden die Arbeit in den Schutzgebieten, die der NABU betreut, den Artenschutz und die Bildungsarbeit. Jungen Menschen wird so die Chance genommen, sich für das Gemeinwohl einzusetzen und sich beruflich zu orientieren. Wir fordern mehr Investitionen für die junge Generation statt weniger“, sagt NABU-Landesgeschäftsführer Uwe Prietzel.

Bundesregierung muss Naturschutzarbeit stärken

Prietzel betont: „Freiwilligendienste sind eine Zukunftsinvestition in unsere Gesellschaft. Junge Menschen lernen in den NABU-Zentren und bei der NAJU ganz praktisch kennen, was es heißt, sich für das Gemeinwohl zu engagieren. In den Freiwilligendiensten bekommen sie die Möglichkeit, Berufserfahrung in einem geschützten Rahmen zu sammeln und können danach gestärkt in ihre Berufsausbildung starten. Wer hier kürzt, schwächt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Am Ende kommt uns das sehr teurer zu stehen. Daher fordern wir nicht nur eine Fortschreibung, sondern eine Ausweitung der Mittel, um mehr jungen Menschen einen Freiwilligendienst zu ermöglichen.“

Sparpläne gefährden Arbeit in NABU-Naturschutzzentren

Der NABU übernimmt gemeinsam mit den jungen Freiwilligendienstleistenden Pflichtaufgaben des Landes. Dabei lernen die jungen Menschen praktischen Natur- und Artenschutz kennen, etwa bei der Vogelpflege und der Schutzgebietsbetreuung. Fallen Personalstellen aufgrund der Kürzungen in den Freiwilligendiensten weg, gefährdet das auch die in den Koalitionsverträgen in Bund und Land festgesetzten Ziele, so Prietzel weiter: „Es ist eine Milchmädchenrechnung, wenn der Bund bei den Freiwilligen kürzen will. Die Folge: Die Aufgaben bleiben, die Kosten steigen vermutlich durch den Wegfall der Stellen im Bundesfreiwilligendienst (BFD) und im Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) und die Zeche bezahlt die Landesregierung, die ihre Aufgaben erfüllen muss.“

Kürzungen bedrohen Pflege der Schutzgebiete

Am Federsee kümmert sich der NABU gemeinsam mit Freiwilligendienstleistenden im Auftrag des Landes um rund 3.000 Hektar Schutzgebiete mit über 700 Pflanzen- und rund 270 Vogelarten. „Bis Ende August haben wir dieses Jahr rund 5.000 Menschen das Schutzgebiet gezeigt, davon fast 2.000 Kinder und Jugendliche – das wäre so nicht mehr möglich“, betont Dr. Katrin Fritzsch, Leiterin des NABU-Federseezentrums. Durch die Kürzungen wäre die Pflege des einmaligen Vogelschutzgebiets bedroht. Auch beim NABU-Vogelschutzzentrum in Mössingen sind die drei Plätze für Freiwillige in FÖJ und BFD fest eingeplant: „Ohne sie wäre ein Regelbetrieb kaum mehr möglich und wir könnten unserer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem Land zur Betreuung der Vögel nur schwerlich nachkommen“, beschreibt der Leiter, Dr. Daniel Schmidt-Rothmund, die Lage.

Jedes Jahr bietet die NAJU-Landesgeschäftsstelle drei jungen Menschen einen Freiwilligendienst im FÖJ oder BFD an. „Bei uns sammeln sie essentielle Erfahrungen für ihr Berufsleben. Sie unterstützen bei Seminaren und Freizeiten, können Ideen einbringen und umsetzen. Der vielfältige Einblick, den sie in alle Arbeitsbereiche eines Jugendverbandes erhalten, ist eine einmalige Chance, sich auszuprobieren. Viele Freiwillige setzen sich über die Dienstzeit hinaus aktiv ehrenamtlich ein. So fördern die Freiwilligendienste langfristig Ehrenamt und Nachwuchsgewinnung“, betont NAJU-Landesgeschäftsführer Nico Teerenstra.

Eberhard Klein, Leiter des NABU-Bodenseezentrums, befürchtet durch die Kürzungspläne quantitative und qualitative Folgen für die Arbeit seines Zentrums: „Die jungen Engagierten im NABU-Bodenseezentrum sind fester Teil unseres Teams. Ohne sie wären etwa 90 Prozent der Landschaftspflege, 40 Prozent der Überwachung in den Naturschutzgebieten und rund die Hälfte des Monitorings gefährdet. Bei 36 Prozent Stellenkürzung könnten wir nur noch knapp vier von sechs Stellen besetzen“, rechnet Klein vor. In der Folge gäbe es zu wenige helfende Hände, um die wertvollen Schutzgebiete mit ihrer enormen Artenvielfalt zu erhalten.

NABU und NAJU hatten bereits in einem offenen Brief die Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien aufgefordert, die Kürzungen zu stoppen. Die NAJU hat zudem alle Landtagsabgeordneten in Baden-Württemberg angeschrieben und führt Gespräche mit einzelnen Abgeordneten, um den Forderungen weiteren Nachdruck zu verleihen. „Die Jugendverbände brauchen ausreichende Finanzmittel, Planungssicherheit und Rückenwind aus der Politik statt ein Streichkonzert“, sagt Teerenstra. Mehr als 100.000 Menschen aus ganz Deutschland haben sich zudem mit der Petition „Freiwilligendienste stärken“ an den Deutschen Bundestag gewandt.

Hintergrund:

Der aktuell im Bundestag vorgelegte Entwurf zum Bundeshaushalt 2024 sieht vor, die Mittel für den Freiwilligendienst im ersten Schritt um 78 Millionen Euro (von 328 auf 250 Mio. Euro) und 2025 erneut um 36 Millionen Euro zu kürzen, in Summe um 36 Prozent. Dabei ist der Naturschutz bereits aktuell unterfinanziert. Bei den finanziellen Mitteln des Kinder- und Jugendplans werden die gestiegenen Ausgaben für Verpflegung, Material, Unterbringung von Teilnehmenden bei Veranstaltungen sowie Lohn- und Bürokosten gänzlich außer Acht gelassen. Im Koalitionsvertrag sind dagegen Investitionen in den Bereich Kinder, Jugend und Freiwilligendienste angekündigt.

NABU und NAJU haben die Pläne in einem Offenen Brief kritisiert.

Foto: „AusgeXt – Auswirkungen des Sparkurses auf die FÖJ-Stellen beim NABU BW (NABU/Bianka Lungwitz, Bearbeitung Lisa Lehmann)

 

PM NABU (Naturschutzbund Deutschland), Landesverband Baden-Württemberg e. V.

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