Die geplante Kindergrundsicherung ist ein wichtiges Projekt gegen Kinderarmut, schließt aber viele Kinder aus und verstärkt dadurch bereits bestehende Chancenungleichheiten. Denn geflüchtete Kinder, die schon jetzt benachteiligt werden, weil sie kein Kindergeld bekommen, sollen nun auch von der Kindergrundsicherung ausgeschlossen werden. PRO ASYL und die Flüchtlingsräte der Bundesländer fordern von der Bundesregierung, wirklich alle Kinder zu berücksichtigen!
Aktuell wird ein Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung diskutiert, der zeitnah im Kabinett beschlossen werden soll. PRO ASYL und die Flüchtlingsräte sind empört, dass von der wichtigen Maßnahme, die laut dem Familienministerium „Kinder besser vor Armut schützen und gleiche Chancen schaffen” soll, ausgerechnet viele geflüchtete Kinder ausgenommen werden.
“Schon jetzt leben geflüchtete Kinder oft prekär – für andere Kinder normale Aktivitäten oder Anschaffungen sind für sie nicht denkbar. Das wurde besonders während der Corona-Lockdowns sichtbar, als viele geflüchtete Minderjährige die notwendigen technischen Geräte für die Teilnahme am Schulunterricht nicht anschaffen konnten. Der geplante Ausschluss geflüchteter Kinder von der Kindergrundsicherung ist Teil einer unwürdigen und auf Abschreckung gerichteten Sozialpolitik“, kommentiert Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von PRO ASYL.
Die neue Kindergrundsicherung soll das bisherige Kindergeld (künftig: Kindergarantiebetrag) um einen einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag ergänzen, der gegebenenfalls den bisher über die Sozialhilfe oder das Bürgergeld gesicherten Lebensunterhaltsbedarf von Kindern abdecken soll. Laut einem Eckpunktepapier aus dem Familienministerium von Januar 2023 war eigentlich vorgesehen, auch Kinder, die bisher nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, in die Kindergrundsicherung einzubeziehen.
Nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung sollen nun jedoch die Kinder asylsuchender und geduldeter Eltern ganz aus der Kindergrundsicherung rausfallen. Darüber hinaus sollen auch die Kinder ausgeschlossen werden, deren Eltern zum Beispiel bestimmte humanitäre Aufenthaltstitel oder wegen Überlastung der Ausländerbehörden „nur“ eine Fiktionsbescheinigung besitzen. Dies gilt auch dann, wenn die Kinder selbst ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht besitzen oder Deutsche sind. Sie sollen weder das Kindergeld noch den einkommensabhängigen Kinderzusatzbetrag erhalten. Sie wären auch von der Kindergrundsicherung ausgeschlossen.
PRO ASYL und die Flüchtlingsräte der Bundeländer kritisieren, dass nach Deutschland geflüchtete Menschen sozialrechtlich systematisch schlechter gestellt werden. Hierzu gehört insbesondere das Asylbewerberleistungsgesetz, welches deutlich niedrigere Leistungssätze als das Bürgergeld und zum Teil sogar entmündigende Sachleistungen statt Bargeld vorsieht. Weder die geltenden Regelungen noch die in der aktuellen Debatte häufiger gewordenen Rufe nach einer Streichung von Sozialleistungen sind mit dem Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zum Asylbewerberleistungsgesetz vereinbar. In diesem wurde 2012 festgehalten, dass die Menschenwürde nicht aus migrationspolitischen Zwecken relativiert werden darf.
Sprich: Nur zur Abschreckung dürfen Sozialleistungen nicht klein gehalten werden. Für eine Abschaffung des diskriminierenden Sondergesetzes, das vor 30 Jahren geschaffen wurde, setzen sich derzeit 200 Organisationen ein.
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg ist ein gemeinnütziger Verein, der landesweit in Baden-Württemberg tätig ist als parteiunabhängiges Netzwerk aus Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen, das sich für die Rechte von geflüchteten Menschen einsetzt. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg unterstützt die Flüchtlingsarbeit vor Ort durch Beratung, Information und Fortbildungen zu rechtlichen und sozialen Themen, zur Flüchtlingspolitik und zur Lage in den Herkunftsländern. Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Gespräche mit Politik sowie gesellschaftlichen Gruppierungen setzt sich der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg für die Rechte der geflüchteten Menschen und für eine menschliche Flüchtlingspolitik in Baden-Württemberg ein. Auf Bundesebene arbeitet der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg eng mit den anderen Landesflüchtlingsräten und Pro Asyl zusammen.
PM Flüchtlingsrat Baden-Württemberg