Junge Menschen dürften es kaum kennen, das durchdringende und nahezu alles übertönende Geräusch von Sirenen, die unerwartet aufheulen und vor einer Gefahr warnen. Diese lautstarke Warnung aber gehört der Vergangenheit an, wurden die Sirenen nämlich ursprünglich mit Beginn des Ost-West-Konfliktes und des Kalten Krieges ab dem Jahr 1949 etabliert und mit dem Fall der innerdeutschen Mauer sowie dem Ende der Sowjetunion im gesamten Bundesgebiet zurückgebaut. Katastrophen wie das Hochwasser im Ahrtal vor zwei Jahren mit mehr als 100 Totdesopfern zeigen aber: Warnung muss sein – auch in Uhingen. Denn wie in jeder anderen Ortschaft besteht auch in Uhingen das Risiko von großen Schadensereignissen. Deshalb findet am Donnerstag, 14. September, ein bundesweiter Warntag statt, bei dem unter anderem – wo vorhanden – Sirenen aufheulen und Warnmeldungen auf den Handys erscheinen.
Ein verunglückter Zug mit zahlreichen Verletzten oder womöglich toten Menschen, nach einem Verkehrsunfall auf der B10 auslaufende Giftstoffe, eine Explosion in einem der vielen Unternehmen in Uhingen und ein daraus resultierender Großbrand, Waldbrände aufgrund der Trockenheit, der Austritt nuklearer Stoffe, heftige Überschwemmungen nach Starkregen, zahlreiche bei einem Sturm zu Fall gebrachte Äste oder Bäume und abgedeckte Häuser, heftige Schneefälle, die ein Durchkommen auf Wegen und Straßen schier unmöglich werden lassen: „Das klingt nach Szenarien, die Filmen aus der Albtraum-Fabrik Hollywood entsprungen sein könnten“, räumt Uhingens Bürgermeister Matthias Wittlinger ein. „Doch solche katastrophalen Vorkommnisse gab es und gibt es leider immer wieder, auch in Deutschland. Deshalb ist es wichtig, für den Krisenfall gewappnet zu sein, um unsere Bürgerinnen und Bürger zu warnen.“ Bei solchen Ereignissen ist es wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger sich erst einmal selbst helfen können, bis die organisierte Hilfe eintrifft, mahnt auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe an.
Der Warntag, der an jedem zweiten Donnerstag im September stattfindet, ist eine gemeinsame Übung von Bund, Ländern sowie teilnehmenden Kreisen, kreisfreien Städten und Gemeinden. Er soll dazu dienen, Abläufe und Schnittstellen zu erproben und im Nachgang zu verbessern. Gleichzeitig soll durch begleitende Informationen auf das Thema Warnung, vorhandene Warnkanäle und Selbstschutz aufmerksam gemacht werden. „Je vertrauter man mit den Themen Warnung und Risiken ist, desto effektiver kann man in einer Gefahrensituation handeln und sich und andere schützen“, rät das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in einer Broschüre.
Und was passiert eigentlich am Warntag? Gegen 11 Uhr wird zentral über die Nationale Warnzentrale in Bonn eine Probewarnung über das Modulare Warnsystem (MoWaS) ausgelöst, wobei Warnmeldungen auch auf der offiziellen Warn-App NINA des Bundes erscheinen. Über diese App können bei Gefahren wie bei einem Großbrand, einem Chemieunfall oder bei einem drohenden Hochwasser sowohl Warnmeldungen als auch viele hilfreiche Informationen verschickt werden. Mit Arabisch, Englisch, Französisch, Polnisch, Russisch, Spanisch und Türkisch stehen die wichtigsten Inhalte in sieben Fremdsprachen zur Verfügung. Die Warn-App NINA ist darüber hinaus für den Einsatz von Screen-Reader-Software optimiert, informiert das Bundesamt. Die deutschen Texte sind auch in leichter Sprache abrufbar.
Die Notfalltipps in der App können Nutzerinnen und Nutzer auch ohne Mobilfunkverbindung jederzeit einsehen.
Teilnehmende Kommunen lösen außerdem ihre lokalen Warnmittel dezentral aus, sofern es solche gibt. Für die Menschen, die sich zu diesem Zeitpunkt in Uhingen und in anderen Gemeinden sowie Städten aufhalten, besteht weder eine Gefahr, noch ein konkreter Handlungsbedarf. „Es geht darum, die technische Warninfrastruktur einem Stresstest zu unterziehen und die Bevölkerung über das Thema Warnung sowie die verschiedenen Wege, über die die Behörden Warnungen versenden, zu informieren“, erklärt Uhingens Bürgermeister. Geplant ist, dass die Entwarnung gegen 11.45 Uhr über MoWaS erfolgt. Für die Warntechnik „Cell Broadcast“ ist aktuell noch keine Entwarnungs-Funktion vorgesehen.
Sie wurde beim Warntag im vergangenen Jahr bundesweit getestet und ging im Februar diesen Jahres in den sogenannten Wirkbetrieb. Bei „Cell Broadcast“ handelt es sich um eine Warnnachricht, die direkt auf das Handy oder Smartphone geschickt wird. „Über kein anderes Warnmittel können mehr Menschen erreicht werden“, betont Matthias Wittlinger. „Cell Broadcast“ stellt somit eine wichtige Erweiterung der in Deutschland verwendeten Warnmittel dar.
Zusätzlich erfolgen die Hinweise am bundesweiten Warntag auch auf digitalen Stadtinformationstafeln und Informationssystemen der Deutschen Bahn und durch viele der an MoWaS angeschlossenen Radio- und TV-Sendern. Mancherorts greifen Gemeinden auf noch vorhandene Sirenen zurück oder nutzen Lautsprecherdurchsagen beispielsweise mithilfe der Freiwilligen Feuerwehr oder andere lokale Warnmittel.
Durch diesen Mix sollen möglichst viele Menschen erreicht werden. Doch auch die Hilfe eines jeden einzelnen Menschen ist nötig, macht der Rathauschef deutlich: „Informieren Sie Ihre Familienmitglieder, Freunde, Bekannte und gerade die Menschen, die nicht mehr so mobil sind und womöglich kein Handy haben“, bittet er. Das gilt aber auch für geflüchtete Menschen aus Kriegsgebieten; die Warnsignale könnten sie an Kriege und Konflikte erinnern, vor denen sie geflohen sind. Deshalb sollen auch sie von ihren Mitmenschen über den Warntag informiert werden.
Hintergrund: Eine Warnung soll die Bevölkerung in ihrem Selbstschutz unterstützen. Deshalb werden in jeder Warnung Handlungsempfehlungen und – falls sinnvoll – Kontaktdaten von Ansprechstellen mitgeliefert.
Mehr Infos zur Warnung, zu MoWaS, der Warn-App NINA und zu „Cell Broadcast“ finden sich auf bbk.bund.de im Internet.
Beim diesjährigen Warntag am 14. September werden vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenschutz keine Sirenen über MoWaS ausgelöst. In Kommunen, in denen es noch betriebsbereite Sirenen gibt, ertönt ein Warnsignal: ein einminütiger Heulton (auf- und abschwellend) ist bei Warnung bei Gefahr zu hören. Er bedeutet: „Es besteht eine Gefahr. Informieren Sie sich.“ Die Entwarnung erfolgt mit einem „durchgehenden einminütigen Heulton“ und bedeutet, dass keine Gefahr mehr besteht.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe richtet außerdem einen Rückmeldekanal in Form einer Umfrage für die Bevölkerung ein: Am Donnerstag, 14. September, wird es ab 11 Uhr auf der Internetseite www.warntag-umfrage.de die Möglichkeit geben, an einer Umfrage teilzunehmen und eigene Erfahrungen und Wahrnehmungen rund um den Warntag 2023 zu teilen.
In Uhingen gibt es zwar keine Sirenen mehr, allerdings beschäftigt das Thema auch die Stadtverwaltung und den Gemeinderat. Es wurde beschlossen, dass die Stadt Uhingen einen Förderantrag zum Neuaufbau eines Sirenennetztes zur Warnung der Bevölkerung für 11 Sirenenstandorte mit leistungsstärkeren 1200 Watt-Sirenen stellt. Für diesen Antrag erhielt die Stadt Uhingen, wie viele andere Gemeinden auch, jedoch keine Zusage für Fördermittel. Auf dem Sirenenmarkt sind derzeit kaum Kapazitäten für die Ausstattung weiterer Sirenenstandorte vorhanden.
PM Stadt Uhingen