Seit zehn Jahren betreibt der Landkreis aktiv den Umweltschutz, so Landrat Wolff beim Aufruf des Tagesordnungspunktes bei der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses. Die Fortschreibung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes im Landkreis Göppingen durch die Energieagentur Regio Freiburg (EARF) ist wie geplant nach einem Jahr Projektlaufzeit abgeschlossen.
Wichtig ist jetzt, die geplanten 94 Maßnahmen umzusetzen. Diese sind nach Prioritäten gelistet und werden der Reihenfolge nach abgearbeitet. Die Handlungsfelder erstrecken sich über alle Felder der Kommunalverwaltung bis hin zum ÖPNV. Die Städte und Gemeinden im Landkreis werden bei der Umsetzung von der Landkreisverwaltung unterstützt. Über Ergebnisse der Fortschreibung wird die Öffentlichkeit regelmäßig informiert. Alle Beteiligten sind aufgerufen, sich aktiv in der Prozess einzubringen und so gemeinsam zum Erfolg beizutragen.
Ergeizige Ziele sind kein Garant für den Erfolg, zwingen aber zum konstruktiven Handeln. Die Grünen fordern dabei weiter die Ziele zu übertreffen. Ansporn auch für Privatpersonen. Die Grünen fordern weiter das Klimaschutzziel schon 2035 zu erreichen.
Ziel des Kreise deckt sich mit den Zielen des Landes, und so ünterstützt die CDU den Beschlussantreg der Kreisverwaltung auch wenn die CDU einige andere Schwerpunkte gesetzt hätte. Ziele müssen erreichbar sein, sonst verliert man den Bürger, so die Kritik der CDU zum Antrag der Grünen. Schön wären zudem bundesweit einheitliche Ziele.
Die Freien Wähler sehen den Landkreis auf einen guten Weg. Wir werden an den Tagen gemessen, so die Freien Wähler. Es ist eine Mammutaufgabe, alle Akteure stets bei der Stange zu halten. Dann läst sich das Ziel eventuell auch früher erreichen. Andererseits ist manche Umsetzung auch risikobehaftet, da einfach das Personal für die Umsetzung fehlt.
Der Antrag der Grünen fand erwartungsgemäß keine Mehrheit bei nur drei Jastimmen.
Der Beschlussantrag wurde bei einer Gegenstimme der Klimaleugnerpartei angenommen.
Beschlussantrag
Der Ausschuss für Umwelt und Verkehr empfiehlt dem Kreistag:
1. als Klimaschutzziel das Jahr 2040 für die Klimaneutralität im Landkreis Göppingen festzuschreiben.
2. die Fortschreibung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes zu beschließen und die Verwaltung mit dessen Umsetzung sowie einem kontinuierlichen Klimaschutzcontrolling zu beauftragen.
3. die Abgabe einer unterstützenden Erklärung zum novellierten Klimaschutzpakt des Landes Baden-Württemberg zu beschließen.
Bisherige Prozess und Ergebnisse
Ab Start der Projektlaufzeit wurde eine starke Akteursbeteiligung fokussiert und Maßnahmen für den Maßnahmenplan entworfen und priorisiert.
Juni 2022:
Speed-Networking Klimaschutzbeirät*innen und EARF Sechs Experteninterviews:
o Energieagentur Landkreis Göppingen gGmbH o Kreishandwerkerschaft
o Büro für Kreisentwicklung und Kommunikation o Umweltschutzamt
o Landwirtschaftsamt
o Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur Oktober 2022:
Durchführung Akteursworkshops zur Maßnahmensammlung
18.10. (öffentlich): Klimaschutz leben –wir gestalten die Zukunft im Landkreis Göppingen
19.10. (öffentlich): Unternehmerischer Klimaschutz im Zusammenspiel mit Landkreis und Kommunen
19.10. (geschlossen): Kommunale Mitarbeiter*innen und ihre Klimaschutz-Visionen
27.10. (geschlossen): Von der Vision zur Tat – Klimaschutz in der kommunalen Verwaltung verankern
27.10. (geschlossen): Nachhaltige Mobilität – unterwegs zur Klimaneutralität
Vorstellung und Diskussion der Zwischenergebnisse und des Maßnahmenplan 1.0 im Klimaschutzbeirat
Der Ausschuss für Umwelt und Verkehr folgte der Kreisverwaltung und empfahl, das Klimaschutzziel 2040 in den Kreistag einzubringen, was so in der Sitzung des Kreistags am 31.03.2023 geschah. Auch der Klimaschutzbeirat hat zum Maßnahmenplan 2.0 Stellung genommen, bevor dieser finalisiert wurde.
Inzwischen hat die EARF den gesamten Bericht zur Fortschreibung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes nebst einem Zielpfad sowie dem zugehörigen Maßnahmenplan und Maßnahmensteckbriefen fertig erstellt (siehe Anlage 1). Auch ein kontinuierliches Klimaschutz-Controlling wird darin empfohlen. Der Maßnahmenplan umfasst insbesondere Maßnahmen, die durch den Landkreis selbst oder mit Unterstützung der Kreisverwaltung bzw. der Energieagentur Landkreis Göppingen gGmbH in Umsetzung gebracht werden können.
Der Maßnahmenplan ist dabei aber nicht isoliert zu betrachten. Er flankiert und ergänzt die Klimaschutzmaßnahmen des Landes Baden-Württemberg (vgl. dazu das Klima-Maßnahmen-Register des Landes1). In analoger Betrachtung muss der Maßnahmenplan des Landkreises seinerseits durch weitere Maßnahmen der Städte und Gemeinden, der Unternehmen, der Verbände und nicht zuletzt der Bürgerinnen und Bürger selbst ergänzt und flankiert werden. Schließlich kann das Ziel der Klimaneutralität nur dann erreicht werden, wenn dieses Ziel in großer Breite gesamtgesellschaftlich verfolgt wird.
Das in der Anlage beigefügte Konzept zeigt den Weg und die zugehörigen Maßnahmen hin zur Erreichung der Klimaneutralität auf. Das Konzept kann in folgende Kernaussagen zusammengefasst werden:
Die bilanziellen Treibhausgas-Emissionen pro Person müssen von derzeit 7 auf 0,5 Tonnen reduziert werden.
Das Konzept hat gezeigt, dass die Zeit des Redens vorbei ist. Es ist notwendig, in Zukunft schneller und stärker in die Umsetzung zu kommen. Somit sollte der Fokus auf den Maßnahmen liegen, die konkret CO2 einsparen. Diese Maßnahmen sind insbesondere eine schnelle Wärmewende, Verkehrswende (inkl. Ausbau ÖPNV und Radverkehr) und der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien über alle Sektoren hinweg.
Ergänzend zum Integrierten Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2013 haben die Themen nachhaltige Mobilität, Nutzung und Produktion von Wasserstoff und Klimafolgenanpassung an Bedeutung gewonnen und wurden in die Fortschreibung inkludiert.
Um Klimaneutralität 2040 zu erreichen, müssen alle Maßnahmen des Maßnahmenkatalogs zeitnah angegangen werden. Dies erfordert Aufbau entsprechender frühzeitige Investitionen Personalkapazitäten.
und
Um die Klimaschutzziele des Landkreises erreichen zu können, reicht der Handlungsrahmen der Kreisverwaltung selbst nicht aus.
Die wichtigsten Akteurinnen zur Erreichung der Klimaneutralität im Landkreis sind die Kommunen, da diese über für den Klimaschutz unmittelbarere Handlungsmöglichkeiten verfügen.
Eine der Kernaufgaben der Kreisverwaltung liegt somit in der bestmöglichen Unterstützung der Kommunen zur Ausübung ihrer Aufgaben zur Erreichung der Klimaneutralität. Die Kreisverwaltung nimmt somit die Rolle der Unterstützerin, Koordinatorin, Vernetzerin und Beraterin für die Kommunen ein. Zudem ist sie selbst Verbraucherin und hat eine Vorbildfunktion inne. Die Maßnahmen in diesem Konzept spiegeln diese diversen Rollen wider.
Die Rolle der Kommune im Klimaschutz ist die der Verbraucherin und des Vorbilds, der Versorgerin und Anbieterin (städtische Energieversorger), Planerin und Reguliererin (Klimaschutz in Städtebau aufnehmen), Beraterin und Motivatorin für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen. Die Kommunen sind damit wichtige Akteurinnen für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und müssen verstärkt in der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen unterstützt werden.
Um den Kommunen eine Grundlage für den Start in die kommunale Klimaschutzplanung zu geben, wurden Klimaschutzsteckbriefe für die 38 Städte und Gemeinden im Landkreis Göppingen erstellt. Die Steckbriefe nebst der zugrundeliegenden Bilanzierung mit BICO2 BW werden in den kommenden Wochen durch den Stabsbereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung des Umweltschutzamts des Landratsamts an die Kommunen übermittelt. Ein Mustersteckbrief ist der Beratungsunterlage als Anlage 4 zur Information beigefügt.
3. Empfehlung der Verwaltung bzgl. des Zieljahres für Klimaneutralität
Das kürzlich novellierte Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (KlimaG BW) behält das bisherige Ziel der Klimaneutralität bis 2040 bei. Gemäß § 10 Absatz 1 KlimaG BW sollen die Gesamtemissionen des Jahres 1990 bis zum Jahr 2030 um mindestens 65 Prozent reduziert werden. Bis zum Jahr 2040 soll über eine schrittweise Minderung schließlich eine Netto-Treibhausgasneutralität („Klimaneutralität“) erreicht sein.
Von Seiten der Verwaltung wird vorgeschlagen, nicht hinter der Landeszielsetzung zurückzubleiben und vielmehr im Gleichklang mit dem KlimaG BW zu bleiben (Klimaneutralität 2040), nicht zuletzt, um daraus entstehende Synergien auf Ebene der Maßnahmen und in Bezug auf das Erreichen der Sektorziele nutzen zu können. Synergien sind insbesondere auch in Bezug auf die Bereitstellung von Fördermitteln durch das Land zu erwarten, da diese Fördermittelbereitstellung letztendlich danach ausgerichtet sein wird, das Landesziel zu erreichen.
Die aktuelle Zielsetzung der Bundesregierung (Klimaneutralität 2045) als Ziel für den Landkreis festzulegen, scheint aufgrund der ambitionierteren Landesziele überholt und stellt damit aus Sicht der Verwaltung keine Option dar. Von Seiten der Verwaltung wird eher erwartet, dass auch der Bundesgesetzgeber sein Klimaschutzziel noch nachschärfen wird.
Die Festlegung eines Klimaschutzzieles Klimaneutralität 2035 auf Kreisebene würde mit einer hohen Signalwirkung einhergehen; dies wird von Seiten der Verwaltung keineswegs verkannt. Allerdings wird diese Zielformulierung – insbesondere auch angesichts der auf Ebene des Landkreises eröffneten Handlungsfelder – mehr als politische Willenserklärung denn als realistisch erreichbare Zielsetzung eingestuft. Diese Einschätzung der Verwaltung deckt sich dabei mit der Einschätzung des Klimaschutzbeirates vom 26.10.2022, die dem Umwelt- und Verkehrsausschuss in der Sitzung am 30.11.2022 vorgestellt wurde.
4. Ausblick
Am 14.07.2023 präsentiert die EARF dem Kreistag die Fortschreibung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes. Der Kreistag soll einen Beschluss über das Zieljahr der Klimaneutralität fassen. Darüber hinaus soll der Kreistag der generellen Umsetzung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes sowie dem damit einhergehenden kontinuierlichen Controlling zustimmen.
Die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen muss im Detail mit den beteiligten Akteuren abgestimmt werden. Hierfür wird der Stabsbereich Klimaschutz und Klimawandelanpassung beim Umweltschutzamt im Herbst in den Austausch mit den involvierten Fachämtern und gegebenenfalls externen Akteuren gehen. Zum Ende des Jahres 2023 soll die erste Planung soweit abgeschlossen sein, dass dem Ausschuss für Umwelt und Verkehr das weitere Vorgehen durch die Kreisverwaltung aufgezeigt werden kann.
5. Novellierter Klimaschutzpakt
Am 03.04.2023 haben die Kommunalen Landesverbände (KLV) und das Land Baden-Württemberg den gemeinsamen Klimaschutzpakt, den auch der Landkreis Göppingen letztmalig am 25.11.2020 gezeichnet hat, mit prinzipiell gleichbleibenden Zielen fortgeschrieben. Damit bekennen sich Landkreistag, Städtetag und Gemeindetag erneut zur Vorbildwirkung der öffentlichen Hand beim Klimaschutz und zu den Zielen des Klimaschutz-Gesetzes des Landes. Dazu gehört auch das Ziel, bis 2040 netto-treibhausgasneutrale
Kommunalverwaltungen zu erreichen. Im Landkreis Göppingen haben neben der Kreisverwaltung 20 Kommunen den Klimaschutzpakt unterzeichnet. Eine noch höhere Anzahl wäre angesichts der großen Aufgaben erstrebenswert und würde den Kommunen auch weitere Förderfenster öffnen. Die Abgabe einer
Unterstützungserklärung ist Fördervoraussetzung für die Förderprogramme „Klimaschutz-Plus“ und „KLIMOPASS“, welche unter anderem Sanierungs- und CO2-Minderungsmaßnahmen in kommunalen Liegenschaften sowie Klimaanpassungsmaßnahmen fördern.
Der Landkreis Göppingen möchte durch die nochmalige Abgabe einer unterstützenden Erklärung zum novellierten Klimaschutzpaket seine Vorbildfunktion bekräftigen, obwohl dies formal angesichts der fortgeltenden bereits unterzeichneten Erklärung nicht notwendig wäre.
Joachim Abel