Ich war dabei, und ich habe es gesehen und erlebt. Tätliche Übergriffe auf Einsatzkräfte könnten die unmittelbaren Folgen aus den Wurzeln der Gewalt sein, die ausschließlich in der Persönlichkeit der Täter zu finden sind. Doch auch gesellschaftliche Entwicklungen begünstigen diese Entwicklung.
Zu nennen wäre in diesem Zusammenhang die Zunahme psychischer Erkrankungen, bei gleichzeitig schlechter werdender medizinischer Versorgungskapazität. Feststellbar ist auch eine gewisse Destabilisierung gesellschaftlicher Strukturen, was letztendlich dazu führen kann, dass Gewalt und Aggressionen der Gewaltbereiten nicht in einem deeskalierenden Freundes – oder Bekanntenkreises aufgefangen wird.
Und wir wissen, dass ein intaktes Klima als solches, im Umgang miteinander nicht nur für die von uns zu erbringenden täglichen Leistungen ein entscheidender Faktor ist, sondern insbesondere auch für den emotionalen Austausch. Das Gefühl der sozialen Zugehörigkeit, und die Erfahrung gebraucht, anerkannt, und für vollbrachte Leistungen gerecht belohnt zu werden sind wichtig zur Bewältigung emotionaler Spannungen. Fehlen die Motivationen der Zugehörigkeit und Anerkennung, dann können die Auswirkungen voll durchschlagen, und auffällige Verhaltensweisen dramatisch zunehmen.
Auch der Autoritätsverlust gegenüber Uniform – bzw. Einsatzkleidungsträger, führt zu spannungsgeladenen Einsatzsituationen.. Die psychosoziale Überforderung vieler Menschen, die auch auf angenommene, oder real existierender und immer komplizierter werdender Lebensumstände zurückgeführt werden könnte, sorgt für zunehmend aggressives Auftreten mancher Zeitgenossen.
Und nun zum aktuellen Zeitgeschehen. Auch Polizei und Rettungsdienste werden regelmäßig von bewaffneten Gruppen nicht nur angefeindet, sondern in brutalster Manier angegangen. Es entwickelt sich eine kaum zu stoppende Eigendynamik. Leuchtspurmunition aus Signalwaffen, aber auch Silvesterraketen werden auf Schutz- und Rettungskräfte gezielt abgefeuert. Steine fliegen durch Windschutzscheiben von Einsatzfahrzeugen. Auch Hieb – und Stichwaffen kommen zum Einsatz.
Aus großen Tätergruppen heraus, können sich auch die, in dieser Gesellschaft sonst eher weniger beachteten Menschen, mit geringem Risiko geschnappt zu werden mal so richtig ausleben,.und endlich so was wie fragliche Erfolgserlebnisse. für sich verbuchen.
Eine beängstigende Realität die Grund zur Sorge bietet – letztendlich aber als ein gesamtgesellschaftliches Problem zu sehen ist.
Die Möglichkeiten zur Straftäterverfolgung sind zwar gegeben, und gelegentlich kann man Gewalttätern eine Straftat nachweisen, doch das Ergebnis ist nicht immer zufriedenstellend. Gerade für viele Rettungsfachkräfte, sind manche Urteile und Entscheidungen, wie man sie häufig liest und zur Kenntnis nehmen muss eine regelrechte Ohrfeige: Der gezielte Fußtritt in die Genitalien eines Rettungsdienstmitarbeiters wurde nach Medienmitteilungen mit einer Geldstrafe von 150 € geahndet. Wäre das Thema nicht so ernst, müsste man fast schon wieder darüber schmunzeln. Insbesondere auch über den ironisch zu verstehenden Kommentar eines Lesers, der bzgl. des Fußtrittes von einer kostengünstigen Möglichkeit zum Stressabbau sprach. Allerdings, so ist weiter zu lesen, sollte man vermeiden, eine Rettungsfachkraft aus der Nachbarschaft dafür zu nutzen. Denn die könnte man im medizinischen Notfall u.U. wieder einmal benötigen.
Alfrde Brandner