Kreistag stimmt für Einrichtung des Schulversuchs AVdual an den beruflichen Schulen

Der Kreistag stimmt beieiner Gegenstimme und drei Enthaltungen der Umsetzung des Schulversuchs „Ausbildungsvorbereitung dual“ (AVdual) gemäß § 22 Absatz 2 Nr. 2 Schulgesetz für folgende berufliche Schulen in der Trägerschaft des Landkreises Göppingen zu:
JustusvonLiebigSchule Göppingen zum Schuljahr 2023/2024,

Gewerblichen Schule Göppingen zum Schuljahr 2023/2024,

Kaufmännischen Schule Göppingen zum Schuljahr 2024/2025 und

Gewerblichen Schule Geislingen zum Schuljahr 2024/2025.

Der Kreistag beschließt, für die Einrichtung des Regionalen Übergangsmanagements und der AVdualBegleitung außerplanmäßig gemäß § 48 Landkreisordnung in Verbindung mit § 84 Absatz 1 und 2 Gemeindeordnung Aufwendungen in Höhe von 110.000 Euro und Erträge in Höhe von 45.000 Euro außerplanmäßig freizugeben und zu genehmigen.
Die Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen Mittel für die Haushaltsplanung 2024 und 2025 anzumelden.

Die Verwaltung wird zudem beauftragt das Förderprogramm „Förderung Regionales Übergangsmanagement“ und das Förderprogramm „Förderung AVdualBegleitung“ des Landes BadenWürttemberg zu beantragen und umzusetzen.

Sach und Rechtslage, Begründung
Mit der Neugestaltung des Übergangs SchuleBeruf soll es gelingen, mehr Schulabgängerinnen und Schulabgängern den direkten Einstieg in Ausbildung und Beruf zu ermöglichen. Ebenso sollen schwächere Jugendliche die individuelle Unterstützung erhalten, die sie benötigen, um eine Ausbildung zu beginnen und
erfolgreich absolvieren zu können.
Zunächst wurden die Bausteine im Rahmen eines Modellversuchs in mehreren Modellregionen eingeführt. Die Neugestaltung des Übergangs SchuleBeruf in BadenWürttemberg startete im Schuljahr 2014/2015 zunächst in vierModellregionen. Aktuell erfolgt die Umsetzung bereits in 31 von 44 Stadt und Landkreisen. Zwischenzeitlich plant das Land eine flächendeckende Umsetzung bis 2025. Es handelt sich jedoch um keine Pflichtaufgabe des Landkreises.

Das Konzept zur Neugestaltung Übergang SchuleBeruf umfasst insbesondere mehrere Bausteine, die sich nach einer Evaluation bewährt haben:

Ausbildungsvorbereitung dual (AVdual)

Regionales Übergangsmanagement (RÜM)

Systematische Berufliche Orientierung (BO) an allgemein bildenden Schulen

Die Neugestaltung des Übergangsbereichs erfolgte durch die Bündnispartner:
Staatsministerium BadenWürttemberg

Wirtschaftsministerium BadenWürttemberg

Kultusministerium BadenWürttemberg

Sozialministerium BadenWürttemberg
Wissenschaftsministerium BadenWürttemberg
BadenWürttembergischer Industrie und Handelskammertag

BadenWürttembergischer Handwerkstag

Landesvereinigung BadenWürttembergischer Arbeitgeberverbände

Landesverband der Freien Berufe BadenWürttemberg

Deutscher Gewerkschaftsbund BadenWürttemberg

Regionaldirektion BadenWürttemberg der Bundesagentur für Arbeit

Gemeindetag BadenWürttemberg

Landkreistag Badenrttemberg

Städtetag BadenWürttemberg

Arbeitsvorbereitung dual (AVdual)
AVdual ist ein neuer Bildungsgang im Schulversuch für Schülerinnen und Schüler, die im Anschluss an den Besuch einer allgemein bildenden Schule noch Förderbedarf haben und noch nicht über die notwendige Ausbildungsreife verfügen.
Durch AVdual soll die Vermittlung junger Menschen in eine Ausbildung verbessert werden und bei noch nicht ausbildungsreifen Jugendlichen die Berufsorientierung intensiviert werden. Der Bildungsgang ist an den beruflichen Schulen angesiedelt und soll bis 2025 die bestehenden Bildungsgänge Vorqualifizierungsjahr Ausbildung und Beruf (VAB) und Berufseinstiegsjahr (BEJ) ersetzen.

AVdual zeichnet sich durch einen hohen Anteil an Betriebspraktika, durch niveaudifferenziertes und individualisiertes Lernen und Zielvereinbarungsgespräche aus. Durch Ganztagsklassen wird das Zeitmuster der Arbeitswelt vermittelt.

Zur Begleitung der Schülerinnen und Schüler arbeitet ein multiprofessionelles Team aus AVdualBegleitungen und AVdualLehrkräfte als Lernbegleitungen eng zusammen. Ziel des pädagogischen Konzepts ist es, maximale Bildungserfolge und möglichst große Chancen der Jugendlichen im Hinblick auf eine duale Ausbildung zu erreichen.

Eine zentrale Rolle bei AVdual spielen die AVdualBegleiterinnen und Begleiter. Sie sind der entscheidende Erfolgsfaktor:

Schnittstelle zwischen Jugendlichen/Familie, Schule und Betrieb

enge Abstimmung mit der Schule

Einbindung in wöchentlichen Teambesprechungen

Betreuung bei Akquise, Vorbereitung und Durchführung und Nachbereitung des Betriebspraktikums

Begleitung beim Übergang in die Ausbildung

Es gilt für die Förderung ein Betreuungsschlüssel von 1:40.

Als Erfolge stellen das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus und das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport heraus:
gute Übergangsquote: 38% der Absolventinnen und Absolventen direkter Übergang in Ausbildung, weitere 5% Einstieg in den Arbeitsmarkt

Praxisphasen wirken: über 60% der Jugendlichen, die in Ausbildung übergehen, tun dies in einem Praktikumsbetrieb (Klebeeffekt)

AVdual Begleitung als Bindeglied zwischen Schule, Betrieb und Familie

gesteigerte Zufriedenheit der Lehrkräfte
Elternerreichbarkeit liegt bei 80%.

Regionales Übergangsmanagement (RÜM)
Die Bausteine des Landeskonzepts Übergang SchuleBeruf sollen unter Einbeziehung aller Akteurinnen und Akteure passgenau umgesetzt und regional koordiniert werden.

Das Regionale Übergangsmanagement hat hier die operativen Aufgaben. Die dafür erforderlichen Stellen, werden durch das Wirtschaftsministerium zeitlich befristet gefördert.

Die strategischen Aufgaben erfolgen über eine Steuerungsgruppe als regionale Verantwortungsgemeinschaft. In der Steuerungsgruppe sind alle Akteurinnen und Akteure vertreten, die am Übergang SchuleBeruf beteiligt sind. Vorhandene Netzwerke werden hierbei genutzt, um den Schwerpunkt ausschließlich auf das Thema Übergang SchuleBeruf zu legen.

Folgende Erfolge wurden laut der Evaluation bei der Umsetzung des Regionalen Übergangsmanagements festgestellt:
mehr Transparenz zwischen den Akteuren im Übergangsbereich

Ausgestaltung effizienter Prozesse

Bündelung und Systematisierung von Themen im Übergangsbereich

Die Ausgestaltung des RÜM unterscheidet sich in den Stadt und Landkreisen, da sich die Aufgaben wirkungsorientiert an den Bedarfen ausrichten sollen. Aufgaben des RÜM können insbesondere sein:
regionalen Gesamtprozess steuern

AVdual Monitoring durchführen

Übergabeprozess von Schülerinnen und Schüler aus den allgemein bildenden Schulen unterstützen

Praktikumsangebote in AVdual bündeln

Teilprozesse moderieren

rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit unterstützen

systematische Einbindung der Eltern in die Berufsorientierung fördern

Übergang in Ausbildung mit Partnern fördern

Welche Aufgaben schlussendlich angesiedelt werden, hängt von der noch auszuarbeitenden Konzeption ab.

Haushaltsantrag Nr. 34.2 der SPDKreistagsfraktion

AVdual bietet eine Möglichkeit, jungen Menschen mit Migrationshintergrund und/oder Fluchterfahrung intensiv im Bereich der Schul und Ausbildung nach dem Erwerb der deutschen Sprache einzubeziehen. Das RÜM kann hier unterstützen die Schülerinnen und Schüler, die bereits eine VABOKlasse besuchen und die
entsprechenden Sprachkenntnisse erworben haben, in die AVdualKlassen zu überführen, wo die Schülerinnen und Schüler weiter intensiv betreut werden und die Chance auf den Einstieg in den ersten Ausbildungs und dann Arbeitsmarkt erhöht
wird.
Demnach bietet der Schulversuch hier die Chance, wichtige Prozesse abzubilden und über das Netzwerk zur Versorgung der jungen Menschen mit Migrationshintergrund und/oder Fluchterfahrung beizutragen.

Die Schaffung einer eigenen Stelle für einen Integrationsmanager bzw. eine Integrationsmanagerin könnte daher zurückgestellt werden (Haushaltsantrag der SPD Nr. 34.2) und die Ergebnisse aus dem Schulversuch abgewartet werden.

Einführungsphase und zeitliche Umsetzung
Die Konzeption und die Einführung des RÜM mit AVdual wird aufgrund des hohen Aufwands in der Einführungsphase bei der neu zu schaffenden Stelle für RÜM angesiedelt. Die Akquise und die Koordination der AVdualBegleitung erfolgt ebenfalls durch das RÜM. Ebenso übernimmt das RÜM die Abwicklung der
Förderprogramme, insbesondere der Antragstellung, die nach dem Kreistagsbeschluss notwendig wird:

Für den Antrag RÜM sind folgende Angaben und Unterlagen erforderlich:

Mit dem Antrag soll eine Konzeption vorgelegt werden, welche die wesentlichen Inhalte und Aufgaben der geplanten regionalen Umsetzung der Neugestaltung des Übergangs SchuleBeruf im Förderzeitraum
konkret beschreibt und darstellt,

sowie ein Kosten und Finanzierungsplan für das regionale Übergangsmanagement. Personalausgaben (mit Angabe von Stellenumfang, Anzahl und Qualifikation des eingesetzten Personals) sowie Sachausgaben müssen inklusive Berechnungsgrundlagen nachvollziehbar dargestellt werden.

Für den Antrag AVdualBegleitung sind folgende Angaben und Unterlagen erforderlich:

Angaben zu den beteiligten Schulen,

Angaben zum stellenmäßigen Umfang und der geplanten Anzahl der AVdualBegleiterinnen und Begleiter,

ein Abstimmungskonzept bezüglich vorhandener Unterstützungsstrukturen (z.B. Jugendberufshelfer, Schulsozialarbeiter),

Ausführungen zur geplanten Vorgehensweise,

Angaben zu den Qualifikations und Tätigkeitsprofilen des eingesetzten Personals,

Referenzen und Erfahrungen des Antragstellers jeweils im Umgang mit Schule und Lehrkräften, Jugendlichen mit Förderbedarf sowie Betrieben und Ausbilderinnen und Ausbildern,

einen Kosten und Finanzierungsplan.

Die organisatorische Verortung des RÜM erfolgt im Landratsamt Göppingen im Amt für Schulen und Bildung in der Abteilung Schulverwaltung. Die Abteilung Schulverwaltung ist bereits für den Einsatz der
Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in den beruflichen Schulen verantwortlich. Ebenso ist die Abteilung der Hauptansprechpartner für die beruflichen Schulen in der Alltagsarbeit. Eine schnelle und gezielte Kommunikation
zur Amtsleitung ist daher sichergestellt. Gleichzeitig wird im Amt die Schnittstelle zur Abteilung Bildungsbüro hergestellt, die als Geschäftsstelle der Bildungsregion fungiert und das übergeordnete Bildungsmanagement für den Landkreis Göppingen betreibt.
Ein einheitliches Vorgehen bei der Verortung in den anderen Stadt und Landkreisen gibt es nicht, sondern diese erfolgt je nach örtlichen Gegebenheiten.

Die Arbeitsplätze für das RÜM und für die AVdualBegleitung werden an den Schulen eingerichtet.

Die RÜMStelle soll aufgrund der räumlichen Nähe zum Amt für Schulen und Bildung am Beruflichen Schulzentrum Göppingen einen Arbeitsplatz erhalten.
Hierbei wird aktuell auch die Nähe zum Geschäftsführenden Schulleiter hergestellt, der neben den Schulleitungen der teilnehmenden Schulen ein wichtiger Ansprechpartner bei der Umsetzung des Schulversuchs ist.

Die AVdualBegleitungen erhalten Arbeitsplätze an der jeweiligen Schule vor Ort.
Für die Einrichtung der Arbeitsplätze sorgen die Schulen.
Die Vorabstimmung, die Vorbereitung der Stellenausschreibungen für die RÜMStelle und für die ersten AVdualBegleitungen werden über die Sachbearbeitung Schulentwicklung in der Schulverwaltung abgewickelt.
Ab dem Schuljahr 2023/2024 wollen zwei der vier beruflichen Schulen den Schulversuch AVdual umsetzen. Hierzu ist eine umfassende Anpassung der pädagogischen Konzepte einschließlich der Schulung der Schulleitung und Lehrkräfte notwendig. Die Schulen haben mit den Vorbereitungen bereits begonnen.

Für den Start in den Schulversuch sind an den Schulen unterschiedliche Zeitpunkte geplant (siehe Tabelle 1). Die genauen Schülerzahlen können nur geschätzt werden. Je nach Schülerzahl ändert sich der Stellenbedarf für die AVdualBegleitung.

Berufliche Schule Voraussichtliche /Anzahl an Schülerinnen und Schüler / Anzahl AVdualBegleiterinnen    undBegleiter in Vollzeitäquivalenten  / Geplanter Beginn
 JustusvonLiebigSchule Göppingen
72 1,8 Schuljahr 2023/2024
Gewerbliche Schule Göppingen
50 1,25 Schuljahr 2023/2024
Kaufmännische Schule Göppingen
20 0,5 Schuljahr 2024/2025
Gewerbliche Schule Geislingen
60 1,5 Schuljahr 2024/2025

Da die JustusvonLiebigSchule und die Gewerbliche Schule Göppingen eine Umsetzung zum Schuljahr 2023/2024 anstreben, müssen die notwendigen Stellen schnellstmöglich ausgeschrieben werden.

Zum Schuljahr 2023/2024 werden in einem ersten Schritt rechnerisch bis zu 3,05 Personalstellen zur Implementierung der AVdualBegleitung benötigt. Ab dem Schuljahr 2024/2025 ist dann voraussichtlich mit bis zu 5,05 Personalstellen zu rechnen, je nach Entwicklung der Schülerzahlen.
Für das RÜM wird schnellstmöglich eine 0,75 Personalstelle, mit der Option zur Aufstockung auf 1,0 bei Einstieg der anderen Schulen, zum Schuljahr 2023/2024 benötigt, da auch die konzeptionelle Ausarbeitung und die Stellung des Förderantrags dieser Stelle obliegt.

Die Arbeitsverträge sollen, obwohl die Förderung nur jährlich bewilligt wird, jeweils zunächst auf 2 Jahre bzw. bis zum Ende des Schuljahres 2024/2025 befristet sein.
Dies fördert die Attraktivität der Stellen und erleichtert die Personalgewinnung. Es wird davon ausgegangen, dass sich das Land BadenWürttemberg für die flächendeckende Ausweitung von AVdual dauerhaft an den Kosten beteiligen wird.
Die Entscheidung auf Landesebene liegt jedoch noch nicht vor, weshalb die Stellen befristet werden müssen.

Förderbeginn für die AVdualBegleitung ist frühestens 01.09.2023.

Die RÜMStelle kann bereits direkt nach dem Kreistagsbeschluss ausgeschrieben und besetzt werden. Eine vorzeitige Förderung, beispielsweise ab 01.06.2023, ist möglich.

Schnittstelle zur Schulsozialarbeit
Teilweise haben Schulträger durch die Einführung von AVdual die Kapazitäten für die Schulsozialarbeit überdacht. In einigen Fällen wurde die Kapazität der Schulsozialarbeit verringert, weil in diesem Bereich bereits unterstützende Angebote im Bereich der Berufsorientierung und bei der Suche nach Praktikumsplätze erfolgt sind.

In diesem Zusammenhang wurde auf Basis des Strukturberichts „Förderung der Jugendsozialarbeit an öffentlichen Schulen Kennzahlen und Ausbaustand Schulsozialarbeit im Schuljahr 2020 / 2021“ des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS) die Schulsozialarbeit in den landkreiseigenen Schulen genauer beleuchtet (abrufbar unter
https://www.kvjs.de/derkvjs/service/publikationenvideos/detailansicht/31037).
Der Strukturbericht enthält zentrale Kennzahlen und Aussagen zum Landesförderprogramm Jugendsozialarbeit an öffentlichen Schulen sowie zu den Tätigkeitsfeldern der Schulsozialarbeit in BadenWürttemberg. Grundlage dieses Berichts bilden die offiziell abgerechneten Daten zum Schuljahr 2019/2020, die offiziell beantragten Stellen zum Schuljahr 2020/2021 sowie die Tätigkeitserhebungen im Rahmen der Landesförderrichtlinien.

Die Kennzahlen verdeutlichen, dass trotz der pandemiebedingten Schulschließungen und „HomeschoolingPhasen“ der Ausbau der
Schulsozialarbeit nicht nur weiter voranschritt, sondern die Fachkräfte auch und vor allem in dieser für junge Menschen herausfordernden Phase als verlässliche
Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner zur Verfügung standen.
Bei der Auswertung „Vollzeitkräfte Schulsozialarbeit sowie Jugendberufshilfe an beruflichen öffentlichen Schulen je 1.000 der 15 bis unter 21jährigen Bevölkerung“ belegt der Landkreis Göppingen den viertletzten Platz der 44 Stadt und Landkreise.
Auch bei der Auswertung zur durchschnittlichen Anzahl an Schülerinnen und Schüler pro Vollzeitkraft weist der Landkreis Göppingen einen Wert von 2.157 auf, der weit über dem Durchschnitt der Landkreise von 1.239 liegt.
In den beruflichen Schulen steht vor allem die erfolgreiche Bewältigung des Übergangs in die Ausbildung und den Beruf im Vordergrund. Jugendsozialarbeit an den beruflichen Schulen des Landkreises Göppingen soll als komplexes sozialpädagogisches Angebot der Kinder und Jugendhilfe im Sinne der §§ 1, 11, 13 und 14 des SGB VIII (Sozialgesetzbuch Achtes Buch) dazu beitragen, junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern undBenachteiligungen zu vermeiden oder abzubauen.
Die Angebote der Schulsozialarbeit an den einzelnen beruflichen Schulen richten sich nach den Bedarfen und Anliegen der unterschiedlichen Zielgruppen. Die jungen Menschen wenden sind überwiegend mit psychischen Problemen, Konflikten in der Familie und / oder Streitigkeiten mit Peers, Mitschülerinnen und Mitschülern, Prüfungsangst, Motivationsschwierigkeiten und Fehlzeiten an die Schulsozialarbeit.
Die persönlichen Themen nehmen daher den größten Raum im Beratungsprozess ein.

Da an den beruflichen Schulen verschiedene Schul und Ausbildungsabschlüsse erworben werden können, besteht ein kleiner Teil der Jugendsozialarbeit darin, Schülerinnen und Schüler bei der Suche nach Praktikums und Ausbildungsstellen zu unterstützen und beim Bewerbungsprozess zu helfen. In diesem Zusammenhang bestehen auch Kooperationen mit der Jugendberufshilfe Future und der
Berufsberatung.

Das Thema Berufsorientierung kann, vor allem Jugendlichen aus Berufsvorbereitungsklassen, einen unverfänglichen Einstieg in das Beratungsangebot bieten. Sie erleben die Schulsozialarbeiterin, fassen Vertrauen und öffnen sich daraufhin mit ihren persönlichen Themen.

Häufig sind die Probleme der Jugendlichen sehr komplex, sie erleben sich in vielen Bereichen ihres Lebens ohnmächtig und haben wenig Selbstwert. Schulsozialarbeit passt sich dem Tempo der Schülerinnen und Schüler an. Sie agiert unabhängig von Leistungsfeststellung oder bewertung.
Schulsozialarbeit arbeitet ohne (zeitlichen) Druck und benötigt keine Sanktionen.
Die Übernahme von AVdualAufgaben würde die Schulsozialarbeit in einen Rollenkonflikt bringen, da ihre eigentlichen Angebote auf Freiwilligkeit und Vertraulichkeit basieren.

Die AVdualBegleitung muss sicherstellen, dass die Schülerinnen und Schüler regelmäßig am Betriebspraktikum teilnehmen und am Ende eine Prüfung absolvieren. Sie muss daher auch reglementieren, kontrollieren und fordern. Wenn die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter Aufgaben der AVdualBegleitung (mit)übernehmen, wird es für Schülerinnen und Schüler (und Lehrkräfte) schwer nachvollziehbar, in welcher Funktion die Schulsozialarbeit tätig ist. Das Schweigepflichtgebot und der zur Schulsozialarbeit zugehörige Vertrauensschutz können zudem zu Unverständnis in der Zusammenarbeit mit Betrieben führen.
Das Angebot der Schulsozialarbeit ist für alle Schülerinnen, Schüler und Lehrerkräfte zugänglich und wird schulartenübergreifend in Anspruch genommen. Die AVdualBegleitung richtet sich dagegen ausschließlich an die Berufsvorbereitungsklassen.

Der Träger der Schulsozialarbeit im beruflichen Schulzentrum berichtet, dass die Nachfrage nach Klassenprojekten und Einzelberatungen in allen Schulformen stetig ansteigt und phasenweise nicht mit der vorhandenen zeitlichen Kapazität abzudecken ist. Klassenprojekte zum Thema „respektvoller Umgang“ und
„Klassenklima“ werden immer wichtiger. Zumal aktuell die Nachwirkungen der Coronapandemie deutlich spürbar sind und sicher noch über Jahre hinweg zusätzliche Kapazitäten fordern werden, um soziale Kompetenzen zu trainieren und bei psychischen Problemstellungen individuell zu unterstützen.

Aufgrund der schwierigen Situation, Therapieplätze zu bekommen, fungiert die Schulsozialarbeit immer häufiger als Bindeglied, Problemlagen bei jungen Menschen mit psychischen Schwierigkeiten abzufangen und zu begleiten, bis therapeutisch interveniert werden kann. Die Aufgaben der AVdualBegleitung,
Praktikumsstellen zu akquirieren, vor und nachzubereiten, mit den Betrieben im regelmäßigen Austausch zu sein und zu bleiben, erfordern hohe zeitliche Kapazitäten sowie Kenntnisse und Kontakte zur Industrie und Wirtschaft.

Die zeitlichen Kapazitäten der Schulsozialarbeit sind mit ihrem gegenwärtigen Auftrag an den Schulen bereits jetzt ausgeschöpft. Eine Zusammenführung beider Aufträge durch eine Person bringt unvermeidbar Rollenkonflikte mit sich, das als nicht zielführend angesehen wird.

Eine Kooperation zwischen der Schulsozialarbeit und der AVdualBegleitung in der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern der Berufsorientierungsklassen und ein regelmäßiger Austausch zum Wohl der jungen Erwachsenen wird von den Personen in der Schulsozialarbeit offen unterstützt und als zielführend angesehen.
Zuständigkeitskonflikte können so frühzeitig ausgeräumt oder präventiv bereits verhindert werden.

Durch den Einsatz der AVdualBegleiterinnen und Begleiter wird die Schulsozialarbeit künftig von der Nebenaufgabe der Praktikumsfindung und begleitung entlastet und kann sich den weiteren Schwerpunkten (bspw. Unterstützung in belastenden familiären Situationen, Umgang mit belastenden psychischen Ausnahmesituationen, Umgang mit finanziellen Themen wie
Überschuldung etc.) widmen.

Eine Reduzierung der Schulsozialarbeit ist unter dem Hintergrund der oben genannten Kennzahlen und der vorgestellten Situation dringend nicht zu empfehlen.
Andere Landkreise haben eine Verschiebung zwar vorgenommen, dies wurde jedoch in der Regel vor dem Hintergrund einer anderen personellen Ausstattung in der Schulsozialarbeit getan. So verfügte der Landkreis Esslingen im Schuljahr 2020/2021 über eine etwa doppelt so hohe Personalausstattung auf Schülerinnen und Schüler gerechnet im Vergleich zum Landkreis Göppingen. Daher wird der Landkreis Esslingen 4,25 Stellen in der Schulsozialarbeit in die AVdualBegleitung überführen (Sitzungsvorlage Landkreis Esslingen 078/2021 vom 24.06.2021).

Schnittstelle zum Verbund Jugendberufshilfe
Der Verbund setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern aus Kreisjugendamt, Staatlichem Schulamt, Agentur für Arbeit, Jobcenter des Landkreises Göppingen, IHK, Jugendmigrationsdienst, BBQ Berufliche Bildung gGmbH, Staufen Arbeits und Beschäftigungsförderung und Einrichtung „Future Jugendberufshilfe“ zusammen. Er organisiert im zweijährigen Rhythmus Jugendkonferenzen. Diese dienen dem
Fachaustausch von Beschäftigten der Jugendberufshilfe sowie der Informationsweitergabe an Jugendliche.

AVdual ist nicht als Konkurrenz zur Einrichtung „Future Jugendberufshilfe“ zu verstehen, sondern bietet ein Anschlussangebot, in dem Jugendliche weiterhin unterstützend betreut und gefördert werden, um Abbrüche nach dem Übergang in das Schul und Berufsleben abwenden zu können.

Förderung
Voraussetzung für die Förderung durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus ist die Umsetzung des Gesamtkonzepts zur Neugestaltung des Übergangs von der Schule in den Beruf im Landkreis Göppingen.

Nach dem Gremienbeschluss ist daher die Einsetzung eines Regionalen Übergangsmanagements (RÜM) notwendig.

Ohne eine entsprechende Stelle zur Koordinierung und die zugehörigen Gremien ist eine Förderung der AVdualBegleiterinnen und Begleiter nicht möglich.

Das Land zahlt die Zuwendung als Zuschuss nach §§ 23, 44 LHO i. V. m. dem jeweils aktuellen Staatshaushaltsplan, der im Wege der Anteilsfinanzierung zur Projektförderung gewährt wird.

Das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport bietet wiederum ein umfassendes Unterstützungssystem aus Fortbildung und Umsetzungshilfen für AVdualLehrkräfte und Schulleitungen. Außerdem finanziert das Ministerium die Ganztagsförderung und gibt Entlastung auf das Deputat.

Neben der finanziellen Förderung von AVdualBegleitungen und des Regionalen
Übergangsmanagements bieten die Ministerien
regionale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner

umfangreiche Vorbereitung der AVdualSchulen

Bereitstellung von Unterstützungsmaterialien durch das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL)

RÜM: Schulungen und Austausch

AVdualBegleitungen: Austausch und AVdualFachtag

Begleitung der Schulen bei Umsetzung von AVdual

Beantragung des Schulversuchs
Für die Teilnahme am Schulversuch ist ein Beschluss der Gesamtlehrerkonferenz erforderlich, welche die teilnehmenden Schulen bereits eingeholt haben.

In der Regel ist für die Teilnahme am Schulversuch kein Kreistagsbeschluss notwendig. In diesem Fall ist die Zustimmung des Landkreises Göppingen als Schulträger trotzdem erforderlich, da für den Landkreis jährlich erhebliche Kosten entstehen, die aktuell weder in der Haushaltsplanung 2023 noch in der Finanzplanung 2024 bis 2026 enthalten sind.

Eine schrittweise Einführung von RÜM und AVdual ist wie erläutert nicht möglich.
Der Beschluss des Kreistags muss daher die erforderlichen Haushaltsmittel sowohl für die AVdual Begleitung als auch für das RÜM vorsehen.

Unterstützerinnen und Unterstützer der Einführung von AVdual
Die Einführung von AVdual wird von der Agentur für Arbeit, der Industrie und Handelskammer und der Kreishandwerkerschaft sowie vom Geschäftsführenden Schulleiter der Beruflichen Schulen befürwortet, da der Schulversuch junge Menschen noch besser auf eine Berufsausbildung vorbereitet, zur Interessensbildung der Schülerinnen und Schüler beiträgt und somit auch Abbrüche verhindern kann. Die landesweiten Erfahrungen aus dem Modellprojekt AVdual zeigen auf, dass die Übergangsquote direkt in eine Berufsausbildung deutlich erhöht werden kann.

Weitere Informationsquellen
Unter
https://www.uebergangschuleberufbw.de/ stehen detailliertere Informationen, die Konzeption und ein Evaluationsbericht zum Modellversuch zur Verfügung.

Joachim Abel

 

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