„Was glauben Sie denn?“ So angesprochen, gehe ich innerlich in Deckung. Es kann immerhin passieren, dass gleich ein Angriff folgt. „Was glauben Sie?“ Auch interessante Gespräche beginnen so. Aus meiner Jugend kenne ich die forsche Antwort: „Ich glaube, dass ein Pfund Rindfleisch eine gute Suppe gibt!“ Heute, wo sich viele vegetarisch ernähren, ist diese Überzeugung nicht mehr so gängig. Aber die Vielfalt von möglichen Antworten ist größer denn je.
Was würde ich antworten? „Ich glaube, dass unser Menschsein davon abhängt, dass wir Menschen mit Gott sind.“ Oder: „Ich glaube, der Wert eines Menschen wird nicht bestimmt durch seine Leistung. Sondern wertvoll ist ein Mensch, weil Gott ihn liebt. – „Das glaubst Du ja selbst nicht!“ – „Stimmt, das kann ich aus mir selbst nicht glauben, nur in Gemeinschaft.“ Das Miteinander der Glaubenden, so unterschiedlich wir Glauben auch formulieren oder leben, macht mich stark. „Gemeinsam statt einsam, zusammen statt allein. So wollen wir als Christen weltweit eine Einheit sein.“ So klingt es im Chorprojekt „Credo“ diesen Sonntag um 19.30 Uhr in der ev. Kirche in Holzheim. Aus mehr als 60 Kehlen klingt es bombastisch. Und das geht noch weiter: „Weil wir Gott als Vater ehren, können wir Geschwister sein. Weil wir Jesus Christus lieben, können wir auch Freunde sein. Gottes Geist will uns bestimmen, will uns Helfer, Tröster sein. Wo er herrscht, gewinnt das Leben, bringt uns Gottes Frieden ein.“
Das ist meine Erfahrung, auch in der weltweiten Kirche: Egal, ob der Gottesdienst Göppingen oder in Berlin, im lutherischen Norwegen oder presbyterianisch in Kamerun gefeiert wird, immer stellt mich die Liturgie als Mensch vor Gott. Im sonntäglichen Gottesdienst werde ich Sünder, Gerechtfertigter, Lobender, Hörender, Schwester und Bruder, Gesegneter. Sollte ich ihn unter der Woche verpasst haben – im Gottesdienst werde ich mit Gott und meinem Nicht-Gott-Sein konfrontiert. Das erdet und befreit. Ich finde, das kann nur Kirche.
Johannes Stahl,
Pfarrer in der weltweiten Kirche, Göppingen