Erfolgreiches Mentorinnen-Programm für Migrantinnen: 2021 war Jubiläums- und Rekordjahr!

Im fünften Jahr haben so viele Mentorinnen und Mentees teilgenommen wie nie zuvor. Und die Bedeutung des Programms wächst!

Die Kontaktstellen Frau und Beruf in Baden-Württemberg unterstützen mit einem vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus geförderten Mentorinnen-Programm Migrantinnen und geflüchtete Frauen. Diese erfahren, wie sie sich in der Arbeitswelt orientieren und in den Arbeitsmarkt integrieren können. Außerdem erweitern sie ihr Wissen zu Berufsmöglichkeiten, verbessern ihre Bewerbungsunterlagen und erhalten Kontakte zu Unternehmen.

„Der Fachkräftemangel ist eine der größten Herausforderungen für unsere Wirtschaft. Viele Migrantinnen bringen fachliche Kompetenzen mit, die wir zur Fachkräftesicherung dringend benötigen und auf die unser Land nicht verzichten kann. Ich freue mich, dass wir im sechsten Jahr das Programm landesweit mit so großem Erfolg durchführen und stetig weiter ausbauen können.“, sagte Wirtschafts- und Arbeitsministerin, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut MdL. „Unser Mentorinnen-Programm ist ein absolutes Erfolgsmodell und ein Leuchtturmprojekt für die Wirtschaft im Land. Eine direkte Transferrate in den Arbeitsmarkt von aktuell rund 38 Prozent kann sich mehr als sehen lassen. Darüber hinaus münden viele Mentorings in eine Aus- oder Weiterbildung.“, so die Ministerin.

Das im Jahr 2017 gestartete Mentorinnen-Programm für Migrantinnen startet 2022 in die sechste Runde. Ab 2020 wurde dieses erfolgreiche Programm zum regulären Angebot der Kontaktstellen verstetigt.

Seit 2017 haben 357 Frauen an dem Programm teilgenommen – ein großer Teil der Mentees konnte durch das Programm eine Arbeit finden oder eine Weiterbildung beginnen.

Im Programm begleitet eine Mentorin „ihre“ Mentee für sechs bis zwölf Monate. Diese Begleitung bietet der Mentee die Chance, aus den persönlichen und beruflichen Erfahrungen ihrer Mentorin zu lernen. Gemeinsam überwinden sie vielfältige Zugangsbarrieren zum Arbeitsmarkt, wie die folgende Erfolgsgeschichte aus der Kontaktstelle Frau und Beruf Stuttgart, Region Stuttgart zeigt:

Ich möchte eine Arbeit haben, die hier gebraucht wird!

Als Lizett Samaniego sich zum ersten Mal bei der Kontaktstelle meldete, war das zugleich ihr erster Anruf auf Deutsch. „Ich war sehr, sehr aufgeregt“, erzählt die 38-Jährige. „Aber es hat geklappt, die Beraterin in der Kontaktstelle hat mir freundlich weitergeholfen.“

Nach Deutschland war Lizett Samaniego im November 2018 gekommen. In Peru hatte sie Psychologie studiert und dann im Personal-Recruiting gearbeitet. „Meine Arbeit braucht die Sprache, deshalb hatte ich auch kaum Erwartungen an meine berufliche Zukunft, als ich hier eintraf. Um mir die Sprache anzueignen, brauche ich Zeit, ich finde es nicht einfach, Deutsch zu lernen. Denn ich muss ja auch so gut sprechen und verstehen, dass ich selbstständig recherchieren kann!“

Als Lizett Samaniego dann vom Mentorinnen-Programm für Migrantinnen erfuhr – in einer Facebook Gruppe für Spanisch sprechende Frauen in Baden-Württemberg – fühlte sie sich gleich angesprochen. „Ich dachte: Ja, ich möchte auch mal als Mentorin arbeiten, entweder ehrenamtlich oder bezahlt. Ich genieße diese Arbeit!“

Hürden überwinden

Aber wie sollte sie dieses Ziel erreichen? Lizett Samaniego verfügte über kein eigenes Netzwerk, kannte damals nur Freunde ihres Mannes, den sie 2013 in Neuseeland kennengelernt hatte. Sie stand also vor der Herausforderung, sich hier etwas Eigenes aufzubauen und überlegte, dass es ein guter Anfang wäre, Erfahrungen als Mentee zu sammeln.

„Vor Beginn des Mentorinnen-Programms war ich sehr nervös und wenig selbstbewusst. Mit meiner Mentorin Tabea habe ich dann zuerst über meine Ziele gesprochen und darüber, wie es für mich weitergeht, solange ich die Sprache noch nicht so gut beherrsche – in welcher Branche ich da überhaupt Fuß fassen kann… Tabea kommt aus der IT-Branche, dieser Bereich hat mich sehr interessiert und so habe ich geplant, ihn mit meinen Vorkenntnissen aus der Psychologie zu kombinieren.“

Mut machen

Tabea Wosnitza arbeitet als IT-Projektmanagerin bei einem Software-Unternehmen und startete mit Lizett Samaniego bereits zum zweiten Mal als Mentorin ins Programm. „Ich finde dieses Mentoring so sinnvoll“, betont die 32-Jährige. „Ich möchte denen Mut machen, die zwar die Kompetenzen in sich tragen, sich in den Arbeitsmarkt-Strukturen hier in Deutschland aber nicht zurechtfinden. Das ist mein Herzensthema, denn ich komme nicht aus einem Akademikerhaushalt, sondern habe mir viel selbst erarbeitet. Für mich musste ich erstmal eine Hürde überwinden, um an die Hochschule zu gehen. Dort habe ich dann aber schnell gemerkt: Die kochen auch nur mit Wasser! Ich konnte mein Studium gut meistern. Deshalb möchte ich anderen Frauen Mut machen und ihnen sagen: Du kannst das auch schaffen!“

Nachdem Tabea Wosnitza von dem Programm erfahren hatte, meldete sie sich direkt bei der Kontaktstelle und bewarb sich als Mentorin. Sowohl ihre erste als auch ihre zweite Mentee – Lizett Samaniego – starteten mit sehr schlechten Sprachkenntnissen. „Lizett wollte ein Masterstudium beginnen, brachte dafür aber nicht die sprachliche Qualifikation mit. Auch meine erste Mentee war hoch qualifiziert, hatte allerdings ebenfalls keine ausreichenden Sprachkenntnisse. Deshalb haben wir einen Einstieg über Praktika und Volontariat versucht und vorher ihre Bewerbungsunterlagen überarbeitet – das hat ihr sehr geholfen. Wir haben auch Stellenangebote gesichtet. Denn die Mentees müssen erstmal in die Lage versetzt werden, Job-Profile einschätzen zu können, damit sie selber beurteilen können, ob es Sinn macht, sich auf das Angebot zu bewerben.

Lizett wollte ja beispielsweise ein Masterstudium machen und ihre Kenntnisse mit einem für sie neuen Bereich, der Informatik, kombinieren. Wir haben uns dazu dann an einer Hochschule beraten lassen. Da erklärte uns die Beraterin, dass das mit ihren Voraussetzungen nicht das Richtige für Lizett sei.“

Neue Wege finden

Lizett Samaniego war enttäuscht, dass sie das geplante Masterstudium nicht antreten konnte: „Ich suche etwas, das Deutschland auch braucht und das mir gleichzeitig Spaß macht. Deshalb nehme ich zurzeit am Programm „Brückenmaßnahme für eingewanderte Akademikerinnen mit dem Schwerpunkt   Bildung und Beratung“ teil. Ich habe auch im Berufsberatungsbereich der Kontaktstelle hospitiert. Das gefällt mir gut, ich kann mir vorstellen, in diesem Zweig zu bleiben. Jetzt konzentriere ich mich erstmal auf meine Abschlussarbeit.

Im Mentoring mit Tabea habe ich den deutschen Arbeitsmarkt kennengelernt, meine Sprache verbessert und mein Selbstbewusstsein sehr gestärkt. Davon werde ich auch in Zukunft profitieren!“ Mentorin Tabea Wosnitza gewinnt ebenfalls durch das Programm: „Ich mag es sehr, Einblicke in andere Kulturen zu bekommen und natürlich sind die Mentees dankbar für meine Unterstützung. Das gibt einem selber auch etwas.“ Zurzeit ist die Projektmanagerin in der Babypause, mit ihrer Mentee bleibt sie aber in Kontakt. Zum nächsten Treffen sind die beiden schon verabredet.

Unterstützung durch die Kontaktstelle

„Im ersten Durchgang habe ich die Angebote der Kontaktstelle Frau und Beruf Stuttgart zum Programm häufiger in Anspruch genommen“, erklärt Tabea Wosnitza. „Am Anfang musste ich für mich ja erstmal herausfinden, wie genau mein Part als Mentorin aussieht. Die Kontaktstelle unterstützt uns durch ein Rahmenprogramm, das ist sehr wertvoll. Und, wenn ich Fragen habe, bekomme ich Feedback. Ich gebe meiner Mentee Einblicke in unsere Welt, die ihr fremd ist. Ich helfe ihr, sich zurechtzufinden und stelle auch meine Netzwerke und meine Erfahrungen zur Verfügung. Das ist eine rundum sinnvolle und erfüllende Sache!“

„Es ist ein Programm der interkulturellen Begegnung. Auch wir in der Kontaktstelle lernen von den Teilnehmerinnen“, bilanziert Inge Zimmermann, Leiterin der Kontaktstelle Stuttgart. „Wir bekommen Einblicke in Welten, die uns nicht vertraut sind und schlagen die Brücke zwischen diesen Welten, mit dem Ziel, die Expertisen und Erfahrungen dieser unterschiedlichen Welten zum Nutzen aller zusammenzubringen. Die Mentees fassen nach und nach auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß, erweitern und perfektionieren ihre Sprachkenntnisse und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber finden Fachkräfte“.

Aktuelle Hintergrundinformationen

2021 haben 79 Mentees und 77 Mentorinnen teilgenommen. 81 Prozent der Mentees und 77 Prozent der Mentorinnen sind Akademikerinnen und weisen ein hohes Bildungsniveau auf. Die Mentees kamen aus 41 unterschiedlichen Ländern, die Mentorinnen aus 19 verschiedenen Staaten. Fast ein Drittel der Teilnehmerinnen haben 2021 eine Arbeitsstelle oder eine selbstständige Tätigkeit aufgenommen. Das ergab die Evaluation des Programms, die im letzten Jahr von der unabhängigen Forschungs- und Beratungsorganisation TIFS Tübingen durchgeführt wurde. Das Mentorinnen-Programm ist durch die Deutsche Gesellschaft für Mentoring zertifiziert.

Der Ablauf des Programms

Der Mentoringprozess ist auf sechs bis acht Monate angelegt. Als Mentee können sich Frauen mit Migrationshintergrund bewerben, die aufgrund ihres Aufenthalts- status einen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt haben und über eine berufliche Qualifikation verfügen. Außerdem sollten sich ihre Deutschkenntnisse mindestens auf Sprachniveau B1 befinden und sie sollten erste Schritte zur Orientierung am Arbeitsmarkt unternommen haben.

Als Mentorinnen können sich berufstätige Frauen, möglichst mit eigenem Migrati- onshintergrund, beteiligen, die mindestens zwei Jahre Erfahrung im Job mitbringen. Das Mentorinnen-Programm wird von den Kontaktstellen Frau und Beruf koordiniert. Das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus geförderte Landesprogramm Kontaktstellen Frau und Beruf berät seit 1994 Frauen in allen beruflichen Belangen und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Erschließung des Fachkräftepotenzials von Frauen und zur Gleichstellung von Frauen im Beruf.

Die landesweit zehn Kontaktstellen Frau und Beruf Baden-Württemberg haben sich als Anlaufstellen etabliert, ihre Angebote sind niederschwellig und regional. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Integration von Frauen ins Erwerbsleben.

Alle Informationen zur Teilnahme und Bewerbung finden Sie unter www.frauundberuf-bw.de/

Das Mentorinnen-Programm für Migrantinnen wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus gefördert und startet aktuell wieder im März. Die Kennenlerngespräche finden in Kürze statt. Interessentinnen aus der Region Stuttgart wenden sich direkt an die Kontaktstelle Stuttgart: i.muenzer@beff-frauundberuf.de. Weitere Infos: www.beff-frauundberuf.de/schule-uni-beruf/

Alle Informationen finden Sie unter https://www.frauundberuf-bw.de/

https://www.frauundberuf-bw.de/frau-beruf/mentorinnen-programm/

 

PM BeFF-Berufliche Förderung von Frauen e.V. Kontaktstelle Frau und Beruf

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://filstalexpress.de/soziales/131284/

Schreibe einen Kommentar