Resolution des Kreistags Göppingen an Bund und Land zur Gesamtsituation der Kliniken

Der Kreistag Göppingen beschließt folgende Resolution:

Vom Bund fordern wir…

der zunehmenden Beschäftigung von Leasingkräften im Gesundheitswesen
entgegenzuwirken.

Die Patientenversorgung in unseren Kliniken ist hochkomplex und steht unter dem
massiven Druck der Verweildauerregelung. Gleichzeitig setzt dies aber ein
hochkomplexes Zusammenspiel unterschiedlicher Fachabteilungen und Berufsbilder
voraus. Denn eine individuelle Patientenversorgung ist keine Fließbandarbeit. Aufgrund
des bundesweiten Fachkräftemangels sind häufig Vorgaben zur Mindestbesetzung nur
noch mit Leasingkräften möglich. Diese Kräfte wiederum fehlen in den originären
Klinikteams, da sie oft ad hoc von Klinik zu Klinik wechseln und damit keine sichere Basis
für stabile Teams in den Kliniken sind. Hinzu kommt, dass keine Refinanzierung von
Leasingkräften im DRGSystem vorgesehen ist. Dadurch ergibt sich für die Kliniken ein
Dilemma zwischen Kapazität und Finanzierung.



Von Bund und Land fordern wir…

dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzuwirken.

Gemeinsam mit den Kostenträgern und den Kliniken soll aktiv und erlebbar die
Attraktivität von Klinikberufen und deren Arbeitsbedingungen verbessert werden. Die
Kliniken befinden sich untereinander und mit anderen Branchen in einem harten
Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nur mit ausreichend
Personal ist eine sichere und fürsorgliche Versorgung der den Kliniken anvertrauten
PatientInnen auf Dauer sicherzustellen.


… eine sektorenübergreifende Strukturplanung.

Der Landeskrankenhausplan berücksichtigt bisher nur eine Planung auf
Fachabteilungsebene und ist zudem nicht mit einer ausreichenden Finanzierungsplanung
verbunden. Daneben plant die Kassenärztliche Vereinigung in nicht kongruenten
regionalen Planungsbezirken die Versorgung im Fachärzte und Hausärztebereich. Um
die medizinische Versorgung der Bevölkerung auf Dauer sicherstellen zu können,
müssen beiden Bereiche konsistent aufeinander abgestimmt werden. Dieser Forderung
kommt vor dem Hintergrund des bestehenden Hausarzt und Facharztmangels eine
wesentliche Bedeutung zu. Denn schon heute werden die Notaufnahmen vielfach von
der Bevölkerung wie ambulante Behandlungszentren genutzt.


Planungssicherheit für die Kliniken herzustellen.

Eine sichere und am Versorgungsbedarf der Regionen orientierte
Landeskrankenhausplanung mit einer stabilen Finanzierungsgrundlage ist unabdingbar.
Aufgrund des harten Wettbewerbs haben in den letzten Jahren Umfang und
Geschwindigkeit bei der Einführung von Strukturvorgaben massiv zugenommen. So
werden über Jahre etablierte Klinikgeschäftsfelder durch ad hoc eingeführte Vorgaben
(z.B. PpUG, Mindestmengen, Strukturvorgaben des GBA) gefährdet. Viele dieser
Vorgaben sind nicht eindeutig formuliert, so dass mit einer deutlichen Zunahme von
Sozialgerichtsverfahren zu rechnen ist. Eine mittel bis langfristige Planstabilität für
Klinikträger ist nicht mehr gegeben.

Vom Land BadenWürttemberg fordern wir…

…eine stabile und zukunftssichere Investitionsfinanzierung.

Eine über mindestens zwei Haushaltsperioden stabile und ausreichende
Investitionsfinanzierung muss sichergestellt werden. Seit der Einführung des DRG
Systems ist die duale Finanzierung laufender Betrieb durch Krankenkassen mittels
Fallpauschalen einerseits und Investitionen mittels Bettenpauschale und
Einzelförderungen andererseits völlig unzureichend ausgestattet.

Die Kliniken sind mehr und mehr gezwungen, Mittel des laufenden Betriebes für
Investitionen zweckentfremdet einzusetzen. Aufgrund dieses eklatanten
Finanzierungsdefizits und weiterer, im DRGSystem angelegter Mechanismen (wie z.B.
das Fehlen eines prospektiv vereinbarten Erlösbudgets etc.) kommt es seit Jahren zu
einer chronischen Unterfinanzierung der Kliniken. Vor allem kommunale Träger müssen
diese Defizite wiederkehrend ausgleichen.



… eine stabile und zukunftssichere Vorhaltefinanzierung.

Eine ausreichende Vorhaltefinanzierung für pandemische Ereignisse und
Katastrophenlagen soll etabliert werden. Die Kliniken sind zur Notfallversorgung
verpflichtet, sei es bei einem Notfall, einem Großschadenereignis oder einer Pandemie.
Aufgrund der andauernden Unterfinanzierung und des eklatanten Fachkräftemangels
sind die Kliniken nach wie vor unzureichend ausgestattet. Die Flutkatastrophe im Ahrtal
und die laufende Pandemie zeigen deutlich, dass neben dem täglichen hochkomplexen
Klinikmanagement in Routinezeiten die Überwindung besonderer Lagen eine eigene
Vorhaltefinanzierung erfordert, die bisher nicht existiert.



… einen CoronaLandesrettungsschirm für das Jahr 2021.

Auch für das Jahr 2021 ist ein Rettungsschirm des Landes BadenWürttemberg
unverzichtbar. Im ersten Pandemiejahr 2020 hat der Landesrettungsschirm geholfen, die
vom Bund nicht gedeckten COVIDMehrbelastungen auszugleichen und damit die
Defizite in den Kliniken merklich abgemildert. Im laufenden Jahr 2021 werden rund zwei
Drittel der Krankenhäuser in BadenWürttemberg voraussichtlich ein Defizit erzielen.
Damit befinden sich die Krankenhäuser bundesweit in einer bislang nicht gekannten
prekären wirtschaftlichen Situation, die in anderen Branchen so nicht vorzufinden ist.

 

PM Landratsamt Göppingen

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