Dass zwischen Theorie und Praxis zuweilen große Lücken klaffen, erfuhr jetzt auch der Chef einer Stuttgarter Personalvermittlungsberatung. Der hatte bei der Stuttgarter Stadtkämmerei um die Stundung der von ihm zu zahlenden Gewerbesteuer gebeten, so wie es die Bundesregierung in Aussicht und entsprechende Antragsformulare bereit gestellt hatte. Doch die Kämmerei blieb stur und legte den Vorgang Oberbürgermeister Fritz Kuhn vor. Der lehnte das Ansinnen des Unternehmers ab und begründete das laut Mitteilung der Kämmerei damit, dass es noch keine klaren Anweisungen zur Regelung von der Regierung gebe. Stattdessen forderte die Kämmerei den betroffenen Firmenchef auf, eine „klare Übersicht“ zu erstellen, warum ihm es derzeit nicht möglich sei, die Gewerbesteuer zu bezahlen. Den Einzelfall wolle man dann prüfen, was aber seine Zeit dauern könnte. Dass er deshalb von der Stadt auch eine Mahnung erhält, weil diese automatisch vom System erstellt wird, schoss der Unternehmer nicht aus. „Und nach der Mahnung kommt in der Regel der Vollzug“.
Vorfälle wie diese gehen nach Ansicht von BVMW-Repräsentant Lothar Lehner in dieser Krise überhaupt nicht. „Damit wird nicht das erreicht, was von der Bundesregierung mit ihrer Ankündigung beabsichtigt war und ist, nämlich den in ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Unternehmen zu helfen. Mit Aussagen wie denen von der Stuttgarter Stadtkämmerei würden gerade auch kleine Unternehmer und Freiberufler noch mehr unter Druck gesetzt statt entlastet. Zudem verliere die Politik durch ein solches Handeln an Glaubwürdigkeit. Lehner appellierte an die Behörden, die Ankündigungen der Regierung, die zum richtigen Zeitpunkt gekommen seien, schnellstens bis in die unterste Ebene umzusetzen, damit sie ihren Zweck auch erfüllen.