Perspektiven für die Filstalbahn Kapazitäten werden besser. Dünne Personaldecke erfordert weitere Maßnahmen.

Auch rund zwei Monate nach der Betriebsaufnahme kann die Situation auf der Filstalbahn zwischen Stuttgart und Ulm nicht zufriedenstellen. So das Ergebnis eines aktuellen Fachgesprächs zwischen Verkehrsministerium und der Landkreisverwaltung in Stuttgart. Im unveränderten Austausch mit dem neuen Bahnunternehmen Go-Ahead erarbeiten die Landkreisverwaltung und das Land Baden-Württemberg als Auftraggeber pragmatische Lösungen, um die für alle betroffenen Pendler ärgerliche Situation so schnell wie möglich zu entspannen. 

Nachdem sowohl der Landkreis als auch das Land zu Beginn des Jahres aufgrund fehlender Kapazitäten in den Hauptpendlerzeiten und permanenter Ausfälle starken Druck auf das Unternehmen Go-Ahead ausgeübt haben, zeichnet sich inzwischen zumindest eine spürbare Steigerung der Sitzplatzkapazitäten in den Hauptpendlerzeiten ab. Die Verfügbarkeit der Fahrzeuge stieg von zunächst 80% (Stand Mitte Januar) zuletzt deutlich an, sodass auch zu den nachfragestärksten Fahrzeiten in der Regel mehr Platz angeboten werden kann. “Mit der Inbetriebnahme von zusätzlichen Fahrzeugeinheiten im Gesamtsystem von Go-Ahead erwarten wir Schritt für Schritt Verbesserungen auf der Filstalbahn, wenngleich die angekündigte Doppelstock-Garnitur nicht zwischen Stuttgart und Ulm fahren kann. Stattdessen wird der Einsatz zusätzlicher neuer Triebwagen des Unternehmens Stadler im Filstal für ein verbessertes Platzangebot sorgen”, zeigt sich Jörg-Michael Wienecke, Amtsleiter im Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur im Landratsamt Göppingen, vorsichtig optimistisch.

Die allgemeinen Pünktlichkeitswerte seit der Inbetriebnahme durch Go-Ahead bewegen sich auf einem überraschend hohen Niveau. Bis Ende Januar 2020 lagen die Werte bei etwa 87%, wohingegen in den letzten sechs Wochen unter Regio von DB Regio lediglich eine Pünktlichkeitsrate im Filstal von rd. 81% erreicht wurde. Dies zeigt, dass das neue Fahrplankonzept seit Mitte Dezember 2020 im Grundsatz verlässlich funktionieren kann. Nicht akzeptabel sind dagegen die vielen, zumeist völlig überraschenden Komplettausfälle einzelner Züge, insbesondere in den Hauptpendlerzeiten. Ursächlich dafür ist die unvermindert dünne Personaldecke bei Go-Ahead. “Es ist Aufgabe und Pflicht von Go-Ahead, schnell für einen ausreichenden Personaleinsatz zu sorgen und die Verkehre vertragsgemäß zu erfüllen” fordert Landrat Edgar Wolff. Dabei müssten Reserven bei kurzfristigen Krankmeldungen, die es überall gebe, selbstverständlich mit einkalkuliert werden.

Um die Engpässe kurzfristig zu überwinden, wird in Absprache mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg und der Landkreisverwaltung intensiv nach pragmatischen Lösungsmöglichkeiten gesucht, wie der Betrieb auf der Filstalbahn dennoch im Interesse der Kunden weiter stabilisiert werden kann. In einem ersten Schritt wurde mit dem Ministerium besprochen, die ursprünglich zum 20.02.2020 angekündigten neuen Nachtverbindungen am Wochenende zwischen Plochingen und Geislingen weiterhin auszusetzen, um die begrenzten Personalkapazitäten zunächst möglichst effizient im gesamten Tagesgang einsetzen zu können. “Hier galt es, schweren Herzens Prioritäten zu setzen. Wir bitten alle Nachtschwärmer um Verständnis, dass der Fokus bis auf weiteres auf einem stabilen Betrieb in den Hauptverkehrszeiten liegen muss. Die hohe Zahl an Pendlern muss Vorrang haben”, führt Wienecke dazu aus. Geprüft werde darüber hinaus, generelle Minderleistungen in Schwachlastzeiten zu vereinbaren, die künftig rechtzeitig angekündigt werden. Diese Regelungen sollen übergangsweise gelten, bis der Fahrbetrieb aufgrund des akuten Personalmangels noch nicht vollumfänglich garantiert werden kann.

Auf keinerlei Verständnis stieß die zuvor nicht abgestimmte Meldung von Go-Ahead am Wochenende, dass die kurzfristige Streichung der Nachtverkehre auf „Wunsch“ des Landkreises erfolgt sei. Über dieses Vorgehen zeigt man sich im Amt für Mobilität stark verärgert. „Wunsch und Wirklichkeit auf der Filstalbahn liegen leider noch immer weit auseinander. Unsere Geduld ist aufgebraucht“ teilt das Landratsamt dazu mit. Deshalb sei es ein Gebot der Stunde gewesen und mithin aus der Not geboren, zusammen mit dem Land als Besteller der Verkehre zugunsten der Leid geprüften Fahrgäste in den Hauptverkehrszeiten zu entscheiden. Go-Ahead sei darüber rechtzeitig informiert worden, habe die Verbindungen aber lange nicht aus dem System genommen. „Natürlich wünschen wir uns die Nachtverkehre, die Teil des neuen Angebots sind, so schnell wie möglich. Aber auch den ebenfalls ohne vorherige Absprache veröffentlichten Start im Juni können wir leider nicht bestätigen. Aus heutiger Sicht halten wir den für mehr als fraglich“.

PM Landratsamt Göppingen Amt für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur

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