Aus dem Gemeinderat Hattenhofen

Keine Tempo 30-Ausweitung in den Ortsdurchfahrten: Bürgermeister und Anlieger scheitern mit Anträgen im Gemeinderat

Dafür zweiter „Smiley“ und eventuell Radaranlagen

Die bestehende Tempo 30-Zone am Rathaus soll nicht bis zum Kreisverkehr ausgewertet werden. Einen Verwaltungsantrag auf Ausweitung hat der Gemeinderat bei fünf Ja-Stimmen und sieben Gegenstimmen abgelehnt (ein Gemeinderat fehlte in der

Sitzung). Den Antrag von Anliegern aus dem Oberdorf, im oberen Kurven-Bereich der Hauptstraße eine Tempo 30-Zone einzurichten, hat der Gemeinderat mit einer Ja- Stimme und elf Gegenstimmen abgelehnt. Ebenso hat der Gemeinderat den Antrag von Anliegern, den Bereich Zeller Straße 15 bis zum Kreisverkehr als Tempo 30-Zone auszuweisen, bei einer Ja Stimme, zwei Enthaltungen und neun Gegenstimmen abgelehnt. Bürgermeister Jochen Reutter enthielt sich hier der Stimme, er möchte auf die rechtliche Bewertung der Verkehrsschau am Zebrastreifen warten.

Ein „Blitzer“? Zwei „Blitzer“?

Auf einstimmigen Beschluss des Gemeinderats wird die Gemeinde ein zweites Geschwindigkeitsanzeigegerät mit „Smiley“ kaufen und betreiben. Die Verwaltung soll – ein Ergebnis der ausgiebigen Beratung – eine bessere Beschilderung der Tempo 30- Zone am Rathaus veranlassen und verstärkte Verkehrskontrollen durch die Polizei in der Ortsdurchfahrt beantragen. Ein Gemeinderat hat vorgeschlagen, im oberen Bereich der Zeller Straße eine stationäre, beidseitig messende Radaranlage aufzustellen. Eine anwesende Bürgerin beantragte darauf hin, dies auch in der Hauptstraße zu tun. Da eine solche Anlage gut 50.000 Euro kostet und von der Gemeinde selbst finanziert werden muss, während die Bußgeldeinnahmen an den Landkreis gehen, sind diese Anträge erst noch in finanzieller und rechtlicher Hinsicht zu prüfen.

Zuständigkeit liegt beim Landratsamt

Unabhängig voneinander sind auf dem Rathaus in kurzer Zeit mehrere Anträge aus der Bürgerschaft auf Einrichtung zusätzlicher Tempo 30-Zonen eingegangen. Bei der Kandidatenvorstellung für die Bürgermeisterwahl hatte BM Jochen Reutter schon angekündigt, er werde aufgrund von Anliegeranfragen erneut – wie vor vier Jahren – vorschlagen, die bestehende Tempo 30-Zone am Rathaus auszudehnen.

Die Gemeinden könnten keine Tempo 30-Zonen anordnen, schickte der Bürgermeister der Diskussion voraus, die Entscheidung treffe die Straßenverkehrsbehörde im Landratsamt. Die Gemeinde könne nur eine Stellungnahme abgeben, wie die anderen beteiligten Behörden und Interessenvertretungen. Reutter verwies auf die in der Presse thematisierten Vorstöße, in Ortsdurchfahrten generell Tempo 30 einzuführen. Das müsse aber auf Bundesebene über die Straßenverkehrsordnung entschieden werden, derzeit bewege sich da nichts.

Ausweitung am Rathaus erneut abgelehnt

Ursprünglich wollte Jochen Reutter die bestehende Zone runter bis zum Kreisverkehr und hoch bis zum Haus Hauptstraße 50 ausdehnen. Dieser Bereich entspreche der Ortsmitte. Es gehe ihm, so Reutter, um Verkehrssicherheit, Lärmentwicklung und auch Aufenthaltsqualität. Aufgrund des Diskussionsverlaufs dampfte der Schultes später seinen Vorschlag ein und wollte sich mit einer Ausdehnung in eine Richtung, zum Kreisverkehr, begnügen. Anders als beim ersten Versuch, als das damalige Gremium den Verwaltungsvorschlag einhellig, also mit zwölf Gegenstimmen, abgelehnt hatte, fand Reutter diesmal vier Mitstreiter, dennoch war die Mehrheit dagegen.

Beschwerden im Oberdorf über „Raser und Lärm“

Ein Ehepaar, das seit Februar 2018 in der oberen Hauptstraße wohnt, hatte sich bei der Gemeinde und bei der Straßenverkehrsbehörde brieflich über die Verkehrsbelastung beschwert und beantragt, die Einrichtung einer Tempo 30-Zone zu prüfen. Mindestens 70 Prozent der Auto- und Motorradfahrer halte sich nicht an die Höchstgeschwindigkeit, der markierte Radschutzstreifen werde völlig ignoriert. Am Berg werde heruntergeschaltet und Gas gegeben, was eine zusätzliche Lärmbelästigung darstelle. Seit ihrem Einzug habe noch keine Verkehrskontrolle durch die Polizei stattgefunden. Ausparken in die Hauptstraße oder als Fußgänger die Straße zu überqueren sei sehr gefährlich. Die Immissionsgrenzwerte würden dauerhaft überschritten werden. Eine Absenkung der Geschwindigkeit auf Tempo 30 an dieser Stelle, so die Antrag-steller, würde wesentlich dazu beitragen, die Situation zu entschärfen. Zusätzlich zu diesem Antrag haben weitere Anlieger im Bereich der mittleren Hauptstraße angekündigt, eine Unterschriften-Liste vorzulegen. Auch hier soll Tempo 30 eingerichtet werden, was ein Lückenschluss zwischen der bestehenden Zone am Rathaus und der beantragten Zone im Oberdorf wäre.

Zeller Straße: „Gefährlichen Zebrastreifen“ beklagt

Den Unfall Anfang Oktober am Kreisverkehr nehmen Anlieger aus der unteren Zeller Straße zum Anlass, die dort gefahrenen Geschwindigkeiten zu kritisieren. Ein Überqueren des Zebrastreifens zwischen Dorfwiesen und Fußweg zum Spielplatz Bruckwiesen sei selten gefahrlos möglich, auch Erwachsene würden als Fußgänger nicht wahrgenommen. Das Hinweisschild werde nicht wahrgenommen. Es seien dringend Kontrollen durch die Polizei erforderlich. Die Anlieger der Zeller Straße wollten, so der Antragsteller, die Situation nicht mehr hinnehmen. Besonders kritisiert werden die Busfahrer des örtlichen Busunternehmens, diese würden bergab so schnell fahren, dass sie am Zebrastreifen nicht rechtzeitig bremsen können. Das gelte auch für den Zebrastreifen am Rathaus

Verwaltung ist skeptisch

Die Verwaltung sei skeptisch, so Hauptamtsleiter Norbert Baar, ob das Landratsamt in den von den Bürgern gewünschten Bereichen Tempo 30 anordnen würde und ob überhaupt die Voraussetzungen vorliegen. Aber der Wunsch danach nehme zu. Grundsätzlich habe man das Problem des Vollzugs und der Überwachung, denn zu schnell gefahren werde immer. Das gemeindliche Geschwindigkeitsanzeigegerät zeige, dass in 30er-Bereichen durchschnittlich 40 Kilometer in der Stunde gefahren wird, im 50er-Bereich durchschnittlich 60 Kilometer in der Stunde. Die Verwaltung schlage vor, so Baar, das Gesamtpaket in einer Verkehrsschau zu klären, an dieser könnten auch die Anlieger teilnehmen und ihre Anregungen vorbringen.

Viele Argumente im Gremium gegen Tempo 30

Man habe das Thema schon öfters im Gemeinderat gehabt, so ein langjähriges Mitglied. Er wohne seit 40 Jahren an der Zeller Straße, seitdem sei der jüngste Unfall erst der zweite überhaupt dort. 80 Prozent der Fahrer würden vernünftig fahren. Man könne an der Ortsdurchfahrt kein Haus kaufen und dann denken, man lebe im Wald. Oberhalb des Rathauses habe eine Anliegerin 40 Jahre lang ihren Mann aus der Garage geleitet und geschaut, dass in der Kurve niemand drauf fährt. Nach Jahrzehnten im Außendienst kenne er viele Ortsdurchfahrten mit Temporeduzierung. In Hochdorf oder Albershausen wären die Anlieger froh, so der Sprecher, wenn die Zone 30 wieder abgeschafft würde. Stattdessen beantrage er, in der Zeller Straße einen stationären, beidseitigen messenden „Blitzer“ aufzustellen. Und am Berg müsse man eben zurückschalten, was sollten denn die Autofahrer anderes machen.

Mehrere Sprecher teilten diese Haltung: Die Zone 30 beim Rathaus solle man belassen wie sie ist. Bei mehreren Tempo 30-Zonen in der Ortsdurchfahrt mit Unterbrechungen müsse man immer schauen, wo man wie schnell fahren darf. Das verwirre die Autofahrer. Wenn sie durch Albershausen fahre, so eine Gemeinderätin, habe sie das Gefühl, sie komme nie an. Lieber solle man öfters kontrollieren. Rasen sei eine Sauerei, so ein anderer Gemeinderat, aber es könne nicht sein, dass man Tempo 30 ausweist, um eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 Km/h zu erreichen. Raser würden auch in Tempo 30-Zonen zu schnell fahren. Eine Lärmverbesserung erreiche man bei reduzierter Geschwindigkeit auch nicht, dafür steige der CO2-Ausstoß. Für einen anderen Gemeinderat ist Tempo 30 in Ortsdurchfahrten eine Modeerscheinung. In Wohngebieten sei das in Ordnung, dort würden 95 Prozent der Anlieger fahren, die es aber auch nicht einhalten. In Ortsdurchfahrten müsse der Verkehr fließen können und da sei Tempo 50 angemessen. Wenn Tempo 30, müsse man das konsequent in der gesamten Ortsdurchfahrt einführen, das sei aber eine lästige Fahrerei. Und Zebrastreifen, zur Kritik von Anliegern in der Zeller Straße, könne man gefahrlos überschreiten, wenn man sie richtig bediene. Man müssen eben auch mal Autofahrer, die nicht anhalten, durchfahren lassen und immer den Blickkontakt aufnehmen. Diese Aussage stieß später unter „Einwohner fragen“ auf Widerspruch von Anliegerinnen: Der Zebrastreifen in der Zeller Straße sei selbst für Erwachsene „saugefährlich“, für Schulkinder erst recht.

Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt, so eine weitere Sprecherin, verlangsame den Verkehr man habe Stau von einem Ende zum nächsten. Man müsse aber massiv Tempo 50 kontrollieren. Ein Gemeinderat verwies darauf, dass die 30er-Zone am Rathaus wegen schlechter Beschilderung nicht beachtet werde, hier müsse man optimieren. Letztlich helfe aber nur ein stationärer Blitzer mit Kostenpflicht. Das diene der Abschreckung, wie die Radarstationen auf der Autobahn zeigen. Ebenfalls grundsätzlich gegen Tempo 30 in Ortsdurchfahrten sprach sich ein weiterer Gemeinderat aus. Raser und „andere Deppen“ würden den Schnitt verderben, was die Geschwindigkeitsmessungen anbelangt, die müsse man rausrechnen. Man dürfe nicht Einzelfälle oder Unfälle zum Anlass nehmen, um Tempo 30 zu fordern. Diese Zonen würden nicht zwangsläufig Schutz vor Unfällen bieten. Die teuren stationären Blitzer könnte man vielleicht auch leasen.

Nur eine Befürworterin

Nur eine Gemeinderätin sprach sich „als Fußgängerin und Radfahrerin“ für die Schaffung von Tempo 30-Zonen aus. Die bestehende am Rathaus solle man Richtung Kreisverkehr ausweiten, denn entlang der Hauptstraße führe ein Schulweg. Ob eine Tempo 30-Zone im Oberdorf Sinn ergebe, könne sie nicht einschätzen, so die Sprecherin. Aber in der Zeller Straße müsse man zwischen Zebrastreifen und Kreisverkehr einen 30er-Bereich einrichten.

Verwaltung will alle Anträge durch das Landratsamt prüfen lassen

Für jede Seite – pro und contra – gebe es Argumente und Begründungen, so Bürgermeister Jochen Reutter. Letztlich könne die Gemeinde das Fahrverhalten einzelner Verkehrsteilnehmer nicht beeinflussen. Ein Vorbild ist für Reutter die Schweiz, dort müsse man für jeden zu schnell gefahrenen Kilometer in der Stunde 10 Franken zahlen. Wenn man 13 Kilometer in der Stunde zu schnell fährt, liege man bei 130 Franken. In Deutschland rechne sich mancher aus, wie schnell er in der 30er-Zone fahren kann, so dass ihn eine eventuelle Geldstrafe nicht belastet. Auch für Reutter ist es nicht zielführend, wenn man auf der Ortsdurchfahrt im Wechsel Tempo 30- und Tempo 50-Bereiche einrichtet.

Trotz des negativen Votums im Gemeinderat wird die Verwaltung bei der Straßenverkehrsbehörde eine Verkehrsschau beantragen, da die Anträge auf Tempo 30 aus der Bürgerschaft kommen. Eine eventuelle Installation stationärer Radaranlagen soll ebenfalls mit dem Landratsamt geklärt werden, bevor der Gemeinderat hierüber abschließend entscheiden kann.

 

 

PM Gemeindeverwaltung Hattenhofen

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