IHK: Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten nimmt weiter zu – Fachkräfte suchen Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die Unternehmen in der Region Stuttgart messen einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf hohe Bedeutung bei, wenn es darum geht, Fachkräfte zu halten und für den eigenen Betrieb zu gewinnen. Nach einer aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart betrachtet mehr als die Hälfte der befragten Firmen es schon heute als ihre Aufgabe, die Organisation ihrer Arbeit entsprechend zu gestalten. Zugleich sind die Unternehmen davon überzeugt, dass die Bedeutung dieses Themas weiter wachsen wird. 
Die Umfrage der IHK, an der sich 740 Unternehmen aus dem Ballungsraum Stuttgart beteiligt haben, macht zugleich Unterschiede in den Branchen und bei der Größe von Unternehmen deutlich. In männerdominierten Wirtschaftszweigen wie Industrie, Bau und Verkehr wird der Bedarf an Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben noch als eher gering eingeschätzt. Kleinere und mittlere Unternehmen wiederum tun sich schwer, zur Sicherung ihres Fachkräftebedarfs solche Angebote zu unterbreiten.

Ebenso bestätigt die Umfrage die nachhaltige Veränderung der Einstellung jüngerer Fachkräfte zu ihrer beruflichen Entwicklung. „Die Personalabteilungen unserer Unternehmen machen immer häufiger die Erfahrung, dass sich der Wunsch nach größerer Flexibilität bei den Arbeitszeiten und entsprechenden Freiräumen für das Privatleben weiter verstärkt“, so  IHK-Präsident Georg Fichtner.

Jedes dritte Unternehmen will laut Umfrage seine Beschäftigten dabei unterstützen und so auf den Fachkräftemangel reagieren. „Die Betriebe stellen sich auf den Wandel der Arbeitswelt ein und versuchen mit Angeboten zur besseren Vereinbarkeit von Arbeit und Familienleben Fachkräfte zu binden und neue zu gewinnen“, so der IHK-Präsident. Laut Umfrage wollen drei Viertel der befragten Unternehmen mit ihren Maßnahmen qualifizierte Mitarbeiter binden, ebenso viele wollen die Mitarbeiterzufriedenheit erhöhen und fast 70 Prozent möchten ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern.

Die Umfrage deckt auch Handlungsbedarf auf, vor allem bei mittelgroßen Unternehmen. „Häufig sind Bedarf der Belegschaft und die Ressourcen in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nicht groß genug, um entsprechende Serviceangebote vorzuhalten“, erklärt Fichtner. In kleinen Betrieben bis 50 Mitarbeitern werde dies oft mit individuellen, am persönlichen Bedarf der Beschäftigten orientierten Lösungen aufgefangen. Mittelgroße Unternehmen steckten dagegen oft in einem Dilemma, das sie handlungsunfähig mache.

Laut Umfrage bieten rund 80 Prozent aller befragten Unternehmen Teilzeit an, fast drei Viertel flexible Arbeitszeiten und knapp 70 Prozent suchen nach individuellen Lösungen wie Freistellungen im Notfall. Rund die Hälfte der Betriebe bietet Arbeit im Home Office. Während Betriebskita und Pflegeberatung in großen Unternehmen oft angeboten werden, ist dies bei KMU eher die Ausnahme.

Der Umfrage zufolge sehen Unternehmen mit einem Männeranteil von 75 und mehr Prozent im Bereich Vereinbarkeit wenig Bedarf. Die Finanz- und Versicherungsbranche mit einem hohen Anteil weiblicher Beschäftigter, begreift Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben häufiger als Unternehmensaufgabe als das verarbeitende Gewerbe. Im industriellen Umland wird die Bedeutung des Themas geringer bewertet als in der durch Dienstleister geprägten Landeshauptstadt.

„Angesichts der Herausforderungen durch Fachkräftesicherung und rasante Veränderungen in der Arbeitswelt müssen Politik und Verwaltung verstärkt auf die Bedürfnisse von Bürgern und Unternehmen eingehen“, meint der IHK-Präsident. So müsse die staatliche Kinderbetreuung noch weiter bedarfsgerecht ausgebaut werden. Dazu gehörten vor allem die Anpassung der Kita-Öffnungszeiten an die Arbeitszeiten der Eltern, die Verbesserung der Ganztagsbetreuung an Schulen, wohnortunabhängige Betreuung sowie die Bündelung relevanter Informationen. KMU wünschen sich außerdem mehr praxisnahe Informationen zum Thema Vereinbarkeit.

Die IHK unterstützt die Mitgliedbetriebe mit ihrem Online-Portal, individueller Erstberatung, Praxisworkshops sowie der Möglichkeit des Erfahrungsaustauschs in einem Arbeitskreis.

 

PM

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