Zum 30. Juni 2018 waren erstmals mehr als 133.000 Betriebe bei den baden-württembergischen Handwerkskammern eingetragen. Allerdings: Der Zuwachs geht allein auf das Konto einiger Berufe, in denen es keine Meisterpflicht gibt. Im zulassungspflichtigen Handwerk sinkt die Zahl der Betriebe dagegen seit Jahren.
„Diese Entwicklung sehen wir zwiespältig: Einerseits ist es schön, dass wir so viele Handwerksbetriebe im Land haben wie noch nie. Andererseits gibt es am Markt immer weniger qualifizierte Meisterbetriebe. Das macht uns Sorgen“, so Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold.
Rund 2.600 zulassungsfreie Betriebe wurden in den ersten sechs Monaten eingetragen, so viele wie nie zuvor in einem ersten Halbjahr. Die Steigerung im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2017 betrug satte 9,4 Prozent. Häufig sind dies allerdings Gründungen im Nebenerwerb. Reichhold: „Durch die vielen Solo-Selbstständigen gibt es weniger Ausbildungsmöglichkeiten, weil dort häufig schlicht die Kapazitäten und geregelten Abläufe fehlen. Außerdem sehen wir, dass Betriebe ohne Meisterpflicht zwar schnell gegründet werden, aber oft nur eine geringe Lebensdauer haben.“ Im ersten Halbjahr 2018 mussten rund 2.200 zulassungsfreie Betriebe schließen, auch das ist ein Höchststand.
Im zulassungspflichtigen Handwerk sank dagegen die Zahl der Betriebsschließungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um sechs Prozent deutlich. Zu den zulassungspflichtigen Gewerken gehören unter anderem Kfz-Techniker, Zimmerer oder Augenoptiker. Trotzdem fiel die Zahl dieser Betriebe zum ersten Mal knapp unter die 80.000er-Marke. Vor allem im Ausbaugewerbe verschwanden, wie schon in der Vergangenheit, erneut zahlreiche Betriebe. „Diese Handwerksbetriebe finden häufig keinen Nachfolger und müssen dann schließen. Gerade bei guter Auftragslage wird weniger übernommen und gegründet. Handwerker finden dann genügend attraktive Stellen auch als Angestellte“, so Reichhold.
Vor diesem Hintergrund seien Initiativen zur Fachkräftebindung und Qualifikation hin zur Selbstständigkeit besonders gefragt – allen voran das gemeinsame Projekt von Handwerk und Wirtschaftsministerium „Dialog und Strategie Handwerk 2025“.
Betriebsstatistik abrufbar unter: www.bwht.de/statistiken
Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.