IHK sieht im dritten Jahr eine Trendwende bestätigt – Fehlendes Eigenkapital ist oft das größte Hemmnis
Zum vierten Mal in Folge hat die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bezirkskammer Göppingen einen eigenen Gründermonitor für den Kreis Göppingen vorgelegt. Danach hat die Nachfrage nach IHK-Existenzgründungsberatungen und die Teilnahme an Informationsveranstaltungen im Kreis Göppingen bereits das dritte Jahr in Folge noch einmal zugelegt. Laut aktuellem Gründerreport 2018 des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) war im gleichen Zeitraum das Interesse bundesweit an Gründungsthemen erstmals ebenfalls leicht angestiegen. Als sehr positiv schätzten im Kreis Göppingen die Gründer ihre Rahmenbedingungen ein. 94 Prozent bezeichneten sie als gut bis sehr gut. Das sind noch einmal vier Prozent mehr als im Vorjahr. Die größten Hemmnisse sehen die Gründer bei fehlenden finanziellen Eigenmitteln. „Existenzgründer schaffen neue Arbeitsplätze und innovative Ideen. Gerade aus den Hochschulen heraus bestehen große Chancen für solche Startups. Das wird entscheidend sein für Fortschritt, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit“, betonte Göppingens IHK-Bezirkskammerpräsident Wolf Martin. Die detaillierten Ergebnisse des Gründermonitors 2018 sind demnächst im Internet unter www.stuttgart.ihk.de abrufbar.
Dass die Nachfrage nach IHK-Existenzgründungen bereits das dritte Jahr in Folge im Kreis Göppingen zugenommen hat, bestätigt eine bereits vor drei Jahren eingesetzte Trendwende zum Positiven. Ungewöhnlich ist dieses anwachsende Gründungsinteresse jedoch in einer Phase weiter steigender Konjunktur. „Früher galten vor allem Krisenzeiten als typische Gründerzeiten. Heute ist es umgekehrt. Nicht trotz, sondern gerade wegen der guten Konjunktur wird gegründet“, meint der stellvertretende IHK-Geschäftsführer Gernot Imgart. Gründer würden derzeit in einem starken wirtschaftlichen Umfeld vor allem die Chancen für die eigene Unternehmensgründung erkennen. Fast jede dritte IHK-Gründung findet deswegen zunächst nebenberuflich statt. Positiv wirke sich die öffentliche Aufmerksamkeit für Startup-Unternehmen oder das Thema Digitalisierung auf das wachsende Interesse nach Selbständigkeit aus. Die gute Beschäftigungslage und der Fachkräftemangel würden aus Sicht vieler Gründer zusätzlich das Risiko einer Gründung verringern. Im Falle des Scheiterns bestehen für Fachkräfte auch zukünftig gute Jobchancen in der Region. Die IHK werde jetzt mit allen Partnern im Kreis und der Region in den Dialog treten, um weitere Verbesserungen für Existenzgründungen zu erreichen. Insbesondere technologieorientierte Gründungen in der Industrie und im Bereich Digitalisierung müssten gestärkt werden.
Das wichtigste in Kürze
• Der durchschnittliche Gründer ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert 41 Jahre alt.
• Der Anteil von Existenzgründungen mit Migrationshintergrund ist weiter rückläufig und liegt bei 16 Prozent. Dabei gründen Migranten nicht mehr vorwiegend im Einzelhandel. Sie werden mittlerweile in der Dienstleistungsbranche stärker.
• 79 Prozent der Gründer können eine abgeschlossene Berufsausbildung oder sogar ein Studium vorweisen. Dabei liegt der Anteil mit einem akademischen Hintergrund bei 30 Prozent.
• Der Anteil der Unternehmensübernahmen im Rahmen einer Existenzgründung hat sich gegenüber dem Vorjahr nur leicht von sechs auf acht Prozent gesteigert. Damit findet knapp jede zehnte Gründung durch eine Übernahme statt.
• Der größte Anteil aller IHK-Gründungen kommt weiterhin aus dem mittleren Filstal (35 Prozent). Während die Nachfrage aus dem oberen Filstal mit dem Geislinger Raum etwas nachgelassen hat (von 27 auf 21 Prozent), konnte das untere Filstal im Vergleich zum Vorjahr zulegen und sich verdoppeln (von 8 auf 16 Prozent).
• Die Standortbewertung hat sich weiter verbessert: 94 Prozent der befragten Gründer schätzen die Rahmenbedingungen im Kreis als gut bis sehr gut ein (Vorjahr: 92 Prozent). Lediglich 6 Prozent sehen Verbesserungspotenziale. Als schlecht bewertete niemand den Standort. Sehr gute Noten erhielt auch die Qualität des IHK-Beratungsangebotes.
• Der Anteil derjenigen, die eine nebenberufliche Selbständigkeit anstreben, hat wieder zugenommen und liegt bei 28 Prozent (Vorjahr 21 Prozent). Hier überwiegt leicht der Anteil der Männer mit 52 Prozent von allen Nebenerwerbsgründungen.
• Erneut sind Dienstleistungen die wirtschaftlichen Zugpferde, in denen die meisten Gründer starten wollen. Im Verhältnis zum produzierenden Gewerbe (Industrie) und dem Handel entfallen zusammengerechnet 71 Prozent aller Gründungen auf diesen Bereich. Demgegenüber hat sich der Handel im Vergleich zum Vorjahr auf 20 Prozent erhöht (Vorjahr 13 Prozent). Nach einem Vorjahreshoch ging das produzierende Gewerbe erneut zurück auf lediglich 9 Prozent. Erfreulich ist die Zunahme von Gründungen in der Gesundheitsbranche, die im Kreis Göppingen eine besondere Bedeutung hat (von 3 auf 10 Prozent).
• Fast alle IHK-Gründer starten weiterhin sehr gut vorbereitet in die Selbstständigkeit. 97 Prozent wollen nach der erfolgten IHK-Beratung einen eigenen Geschäftsplan erstellen oder hatten einen solchen bereits vorher angefertigt. Diese intensive Art der Vorbereitung erscheint mittlerweile für Gründer als eine Selbstverständlichkeit. Sie ist aus Sicht der IHK eine wichtige Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg.
• Die größte Barriere bei der Existenzgründung sehen die Befragten mit 19 Prozent der Nennungen bei fehlenden Eigenmitteln. Das ist der höchste Wert überhaupt in den letzten fünf Jahren. An zweiter Stelle setzen die Gründer mit 14 Prozent der Nennungen fehlende Kundenkontakte. Vorhandene Rechtsprobleme werden bereits an dritter Stelle genannt (12 Prozent). Erst dann folgen mit jeweils 11 Prozent der Nennungen Schwierigkeiten bei der Kreditfinanzierung und fehlende kaufmännische Kenntnisse. Neben fehlenden Fördermitteln (8 Prozent) spielen aber auch fehlende oder teure Gewerbeflächen weiterhin eine Rolle (4 Prozent). Im Vorjahr war dieser Wert sprunghaft von 2 Prozent noch auf 7 Prozent angestiegen.
• Das Thema Bürokratie scheint für Gründer – anders als in früheren Jahren – kaum noch eine Rolle zu spielen. Das ist erfreulich. Immer weniger Gründer bemängeln zu langsam arbeitende Behörden oder eine mangelnde Unterstützungen durch die Behörden.
IHK-Gruendermonitor Kreis Goeppingen 2018
Die vorgelegten Zahlen basieren allesamt aus der Beratung von Gründungswilligen bei der IHK Göppingen. Inwieweit sich die Gründungswilligen tatsächlich selbstständig machen, kann nur vermutet werden. Umfragen hierzu, und auch zur Frage, warum ein Gründungsplan nicht umgesetzt wurde, gibt es nicht. Auch Rückschlüsse aus den Gewerbeanmeldungen sind nicht möglich, da es sich hier auch um die Anmeldung von Tochter- oder Zweigunternehmen handelt und nicht um die erste Selbsständigkeit von Gründern. Auch inwieweit sich Gründungswillige hier beraten, dann aber ihr Unternehmen in anderen Regionen gründen, ist nicht bekannt.
Bekannt ist aber, dass Gründer oft große Schwierigkeiten haben, geeignete Büro- oder Gewerbeflächen im Landkreis zu finden. Neue Gewerbeflächen sind kaum noch vorhanden, gegen geplante Flächen z.B. in Süßen/Donzdorf oder Ebersbach/Uhingen gibt es massive Widerstände aus der Bevölkerung. Bei vorhandenen Alt-Gewerbeflächen gibt es Eigentümerprobleme, ungünstige stehende Gebäude oder Altlasten, die einen Bezug verzögern oder gar unmöglich machen.
Ein wichtiges Thema ist nach wie vor die Verkehrsanbindung. Die IHK fordert deshalb nachdrücklich eine VVS-Vollintergration, den Fachkräfte pendeln nicht nur aus dem Kreis nach Stuttgart, sondern auch von Stuttgart in den Landkreis. Junge Fachkräfte verzichten beim Pendeln weitestgehend auf das Auto, ein gut ausgebauter ÖPNV ist deshalb unumgänglich.