Der Geschäftsführer der Bezirksgruppe Neckar-Fils des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Rüdiger Denkers, warnt vor erheblichen Belastungen der heimischen Metall- und Elektroindustrie durch aktuell geplante EU-Regulierungen. „Insbesondere die vor dem Abschluss stehende Revision der europäischen Entsendebestimmungen wird zu einem massiven bürokratischen Mehraufwand für unsere Unternehmen führen“, sagte Denkers am Mittwoch in Esslingen: „Vor allem die Pflicht des Arbeitgebers, bei jeder noch so kurzen Dienstreise ins Ausland den betreffenden Mitarbeiter in einem komplizierten Verfahren in das Tarifsystem des Ziellandes eingruppieren zu müssen, entbehrt jeglicher Verhältnismäßigkeit. Mit derartiger Überregulierung werden im Grunde wieder Wirtschaftsgrenzen in der Europäischen Union eingeführt.“
Dieser Vorgang zeige wieder einmal, wie sehr die öffentlichen Reden zur Wirtschaftsfreundlichkeit und die tatsächlichen Gesetzgebungsvorgänge in der EU auseinanderklafften, so Denkers. Nicht zuletzt auf Druck des französischen Präsidenten Emmanuel Macron werde die überarbeitete Entsenderichtlinie nun wahrscheinlich noch bürokratischer ausfallen. „Kein Politiker stand so sehr hinter der Verschärfung der Entsenderegeln wie er – und das obwohl Frankreich die bisherige Entsenderichtlinie schon übererfüllt und den französischen Markt gegenüber Dienstleistungen aus dem EU-Ausland durch überbordende Bürokratie und scharfe Sanktionen regelrecht abschottet“, erklärte er: „Das ist derselbe Emmanuel Macron, der jetzt mit dem Karlspreis für seine besonderen Verdienste um die Europäische Gemeinschaft belohnt wird.“
Die Dienstleistungsfreiheit sei eine der vier Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes, erinnerte der Bezirksgruppen-Geschäftsführer: „Es kann doch nicht sein, dass dieses Prinzip nun einfach durch bürokratische Hürden ausgehebelt wird.“ So sehe die geplante Revision der Richtlinie vor, dass bei allen Entsendungen von Mitarbeitern schon ab dem ersten Tag sämtliche Vergütungsregeln des vergleichbaren Arbeitsplatzes im Gastland gelten sollen, wenn diese für den Arbeitnehmer günstiger sind. „Um den erforderlichen Nachweis gegenüber den Kontrollbehörden im Gastland leisten zu können, muss der Arbeitgeber ein extrem aufwendiges Verfahren durchführen“, erklärte Denkers: „Zunächst muss er den richtigen Tarifvertrag im Gastland ermitteln, übersetzen und dann analysieren, in welche Entgeltgruppe der eigene Mitarbeiter gehört. Dann muss er herausfinden, welche zusätzlichen Entgeltbestandteile für diesen gelten.“ Dabei sei bei Entsendungen von Mitarbeitern aus Hochlohnländern wie Deutschland der Aufwand meist umsonst, da das Entgeltpaket des entsandten Beschäftigten in der Regel höher sei als das Vergütungsniveau vor Ort.
„In Bezug auf die Millionen von Kurzzeitentsendungen quer durch Europa gerät hier das Verhältnis zwischen Arbeitnehmerschutz und den Anforderungen an einen funktionierenden Binnenmarkt völlig aus dem Gleichgewicht“, erregte sich Denkers. Ein unzumutbarer bürokratischer Aufwand für die Unternehmen entstehe zudem schon heute durch die grundsätzliche Verpflichtung, dass jeder Mitarbeiter bei einem Einsatz in einem anderen EU-Land eine Sozialversicherungsbestätigung (A1-Bescheinigung) mitführen müsse. „Ärgerlich ist hierbei, dass diese Bestätigung nicht für einen längeren Zeitraum ausgestellt wird. Sie muss vor jeder Entsendung erneut beantragt werden. Selbst wenn sich an den Versicherungsverhältnissen des Mitarbeiters überhaupt nichts geändert hat“, kritisierte er: „Der Europäische Binnenmarkt ist zwar unbestritten ein Segen für unsere Wirtschaft. Aber seine positiven Effekte würden noch stärker zum Tragen kommen, wenn nicht diese Art von überflüssiger Bürokratie die tägliche Unternehmenspraxis erschweren würde.“
PM Südwestmetall Bezirksgruppe Neckar-Fils