Bioland fordert von CDU, CSU und SPD Neuausrichtung der Agrarpolitik – 7.305 Bioland-Betriebe ackern für Artenvielfalt

Nach dem großen Umstellungsinteresse im Vorjahr haben sich auch 2017 sehr viele Betriebe für  Bioland entschieden. Die nach Bioland-Vorgaben bewirtschaftete Fläche nahm erneut zu, um beachtliche 13 Prozent (44.491 Hektar). 444 neue Betriebe haben sich entschieden, ab jetzt auch für die Artenvielfalt in Deutschland zu ackern.

Damit startet Bioland mit 7.305 Mitgliedern und einer Gesamtfläche von 387.980 Hektar ins neue Jahr. „Biolandbau ist keine Nischenlösung für Wenige, sondern ein Umbaumodell für die Landwirtschaft in Deutschland. Wir stehen daher vor der Aufgabe, diese Dynamik in den nächsten Jahren zu verstärken und weiteren konventionell wirtschaftenden Landwirten eine langfristige Perspektive durch Umstellung zu bieten. Deutschland braucht dafür eine neue kluge Agrarpolitik“, sagt Jan Plagge, Präsident von Bioland, kurz vor Beginn der Internationalen Grünen Woche in Berlin.

Der führende ökologische Anbauverband fordert CDU, CSU und SPD auf, bei Aufnahme von Koalitionsverhandlungen die Neuausrichtung der Agrarpolitik im Koalitionsvertrag zu verankern. „Ein ‚Weiter so‘ in der Agrarpolitik bedeutet Rückschritte beim Natur- und Umweltschutz“, so Plagge. Landwirtschaft ist untrennbar verknüpft mit Umwelt, Klima, Tierwohl und Artenschutz. Für eine Trendwende sind folgende Punkte im Koalitionsvertrag zu verankern:

„Wir benötigen ein wirkungsvolles Pestizid-Reduktionsprogramm. Der Nationale Aktionsplan Pflanzenschutz ist gescheitert“, so Plagge. Bioland fordert ein Verbot aller Totalherbizide, nicht nur vom Wirkstoff Glyphosat. Ihre breite Anwendung hat zu einem dramatischen Artenschwund und zur Verbreitung resistenter Problemunkräuter auf Ackerflächen beigetragen. Zum Schutz von Bienen und der Insektenfauna müssen auch alle Neonicotinoide umgehend verboten werden. Gesetzliche Vorgaben und die Förderpolitik sind so auszurichten, dass Landwirtschaft in der Breite auch ohne chemischen Pflanzenschutz  funktioniert. Schlüssel zum Erfolg auf dem Acker sind eine vielfältige Fruchtfolge sowie innovative mechanische Verfahren zur Unkrautbekämpfung. Über eine Pestizid-Abgabe ist zu gewährleisten, dass von der Allgemeinheit getragene Folgekosten aus der Landwirtschaft gemäß dem Verursacherprinzip auf die verantwortlichen Akteure umgelegt werden.

Ein notwendiger Umbau der Tierhaltung wird nur durch vollständige Transparenz in Sachen Tierwohl gelingen. Dies bietet nur eine verpflichtende staatliche Tierhaltungskennzeichnung nach Vorbild der Eierkennzeichnung. „Eine Fortführung des freiwilligen Labels von Agrarminister Schmidt würde dem Tierwohl schaden und wäre Verbrauchertäuschung“, stellt Plagge klar. „Das Label gaukelt bessere Haltungsbedingungen vor. Gleichzeitig zementiert es den Status quo einer nicht artgerechten Tierhaltung und verhindert Investitionen in den Umbau zu artgerechten Stallsystemen.“ Tierbestände in Regionen mit Gülleüberschüssen sind soweit zu reduzieren, dass eine regionale, flächengebundene Tierhaltung erfüllt ist. Jegliche Fördergelder sind konsequent an einen maximalen Viehbesatz von zwei Großvieheinheiten pro Hektar und Jahr zu binden. Zudem reichen die in den Sondierungsgesprächen geplanten zusätzlichen Finanzmittel von 375 Mio. Euro jährlich nicht aus, um einen Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. Der Wissenschaftliche Beirat nennt eine Größenordnung von 3 bis 5 Milliarden Euro pro Jahr.

Eine hohe Verantwortung kommt der künftigen Bundesregierung bei der Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) zu. Sie bestimmt maßgeblich, wie in Europa Landwirtschaft betrieben wird. „Steuergelder sollen sinnvoll steuern. Das leisten die pauschalen Direktzahlungen nach dem Gießkannenprinzip nachweislich nicht. Die EU-Agrarzahlungen müssen künftig den Landwirten zugutekommen, die sauberes Wasser und eine hohe Artenvielfalt sicherstellen, Klima- und Tierschutz auf höchstem Niveau betreiben und so wertvolle Lebensmittel erzeugen“, sagt

Plagge. Die Reform der GAP bietet die große Chance, die bestehende falsche Lenkungswirkung zu korrigieren.

Das Ziel von 20 Prozent Biolandbau aus der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung muss endlich angepackt werden, denn bisher werden erst acht Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland ökologisch bewirtschaftet. „Die Umsetzung der Zukunftsstrategie ökologischer Landbau (ZÖL) benötigt deutlich mehr Finanzmittel. Das gilt sowohl für die Aufstockung des Bundesprogramms ökologischer Landbau auf 60 Millionen Euro als auch für die Agrarforschung. Hier sind 20 Prozent für den Biolandbau zu reservieren“, konkretisiert Plagge. Aktuell werden lediglich 1,5 Prozent der Agrar-Forschungsmittel für Bio verwendet.

Ein praxistaugliches Gentechnikgesetz muss ein Anbauverbot von GVO auf nationaler Ebene rechtssicher garantieren. Die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass neue gentechnische Verfahren wie CRISPR-CAS auch als Gentechnik eingestuft werden und es zu keiner vorzeitigen nationalen Inverkehrbringung kommt. „Das Leben lässt sich nicht programmieren wie ein Computerprogramm, das wissen auch die Wissenschaftler – vor einer Freisetzung sind eine umfangreiche Risikoprüfung und eine Kennzeichnung sicherzustellen“, sagt Plagge. Entwickler und Anwender gentechnischer Organismen müssen die Kosten für Nachweis und die Vermeidung von gentechnischen Kontaminationen tragen. Sie dürfen nicht den gentechnikfrei wirtschaftenden Akteuren aufgebürdet werden.

PM

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