+++ Fachverbands-Präsident Horst Seide fordert Anerkennung der zahlreichen klimaschutzrelevanten Vorteile von Biogas +++ Bedeutung für die Landwirtschaft noch zu wenig erkannt +++
Mit dem Beginn des Jahres 2017 trat ein Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft, das in seiner Struktur grundsätzlich anders war als alle seine Vorgänger seit dem Jahr 2000. An Stelle der garantierten Einspeisevergütung steht nun die Ausschreibung für alle regenerativen Kraftwerke. Am 1. September endete auch für Biomasseanlagen die erste Ausschreibungsrunde. Von den 122 Megawatt (MW), die laut EEG 2017 hätten installiert werden können, wurden nur etwas mehr als 40 MW abgerufen, verteilt auf 33 Gebote, darunter 23 Bestandsanlagen und zehn Neuanlagen. „Unterm Strich war die Ausschreibung in dieser Form kein Erfolg. Weniger als ein Drittel der ausgeschriebenen Leistung hat einen Zuschlag bekommen“, sagt der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide. „Das ist wenig! Hier ist der Gesetzgeber gefordert, nachzubessern.“
Die Vergütungshöhe sei das Problem, erklärt Seide. Betreiber bestehender Anlagen dürfen laut EEG 2017 maximal 16,9 Cent beantragen, Neuanlagen-Betreiber sogar nur 14,88 Cent. „Unter diesen Vorgaben rechnet sich kaum eine Biogasanlage“, betont Seide. Zumal die zahlreichen sonstigen Dienstleistungen einer Biogasanlage nicht eingerechnet werden. Die Flexibilisierung beispielsweise. Immer mehr Betreiber von Biogasanlagen erweitern ihr Leistungsspektrum, um bedarfsgerecht Strom zu erzeugen. Allein im Jahr 2017 wurden knapp 250 MW neu installiert, um auf die Schwankungen im Stromnetz reagieren zu können. Biogas stopft mit dieser Speicherfunktion eine ganz wichtige Lücke in unserer Energieversorgung der Zukunft. „Für diese wertvolle Aufgabe erhalten die Akteure aber gerade mal 0,7 Cent pro Kilowattstunde“, beklagt Seide. „Das ist viel zu wenig.“
Den Grund für die fehlende finanzielle Anerkennung sieht Seide in der Kohleindustrie. „Unsere saubere Dienstleistung wird von schmutzigem Kohlestrom verdrängt“, beklagt der Verbandspräsident – und fordert dringend eine realistische CO2-Bepreisung. Nicht nur beim Strom, sondern auch bei der Wärme. „Es kann nicht sein, dass fossile Energieträger wie Kohle und Öl das Klima schädigen, die Umwelt zerstören und die Menschen krank machen und dafür finanziell nicht zur Rechenschaft gezogen werden“, sagt Seide. Billiges Öl und die nach wie vor bestehende Förderung fossiler Heizungen verhindere auch auf dem Wärmemarkt den dringend notwendigen Umstieg auf klimafreundliche Brennstoffe wie Holz, Pellets oder Biogaswärme.
Neben der energetischen Nutzung von Biogas wird der landwirtschaftliche Aspekt häufig gar nicht gesehen. Biogasanlagen gehören zur Landwirtschaft und sind auch hier Teil der Lösung für viele Probleme: Biogas lässt sich aus bunten Blumenwiesen erzeugen, aus Honigpflanzen oder aus Gras. „Wenn ihr das wollt machen wir das“, unterstreicht Seide. Bei der Durchwachsenen Silphie wurde nun in Brüssel zumindest ein erstes Zeichen gesetzt und die Anerkennung dieser mehrjährigen, fünf Monate gelb blühenden Becherpflanze als Greeningmaßnahme beschlossen.
„Ein erfreulicher erster Schritt. Aber warum dürfen Honigpflanzen am Ende ihrer Vegetationsphase nicht in Biogasanlagen vergoren werden?“, fragt sich Seide. Auch bei Gülle sieht der Präsident noch viel Luft nach oben. Nach wie vor landet weniger als ein Viertel der in den Ställen anfallenden Gülle in Biogasanlagen. Stattdessen lagert die Gülle in Behältern und emittiert das Klimagift Methan in die Atmosphäre. „Zwischen den Schwanz der Tiere und den landwirtschaftlichen Flächen gehört eine Biogasanlage!“, fordert Horst Seide deshalb. „Und deren Betrieb muss sich wirtschaftlich rechnen.“
Biogas erzeugt klimafreundlich Strom, Wärme und Kraftstoff, schließt Nährstoffkreisläufe in der Landwirtschaft, vermeidet Methanemissionen aus offenen Güllebehältern, sorgt für Biodiversität auf den Feldern und damit für den Schutz unserer Insekten. Dafür fordert Seide mehr Anerkennung. Auch finanziell.
„Biogas ist viel mehr als ein reiner Stromlieferant. Das muss die künftige Bundesregierung erkennen und die Weichen richtig stellen“, fordert Seide. „Wann wenn nicht jetzt wollen wir den Klimaschutz ernsthaft und mit aller Konsequenz angehen? Biogas kann und muss hierzu einen wertvollen Beitrag leisten.“
PM