Manchmal muss man öfter wenden, um auf Kurs zu kommen“

Das Klinikum Christophsbad stößt heute, wie bereits vor sieben Jahren, einen Neubau der Klinik am Eichert auf dem Ödegelände an und spricht sich für den Erhalt des Bestandsgebäudes aus

Ein Neubau sei nicht gerechtfertigt, dies habe eine bei der Planungsgesellschaft HWP in Auftrag gegebene Studie zur baulichen Entwicklungsplanung nachweislich belegt. „Insgesamt rechnet HWP für die Realisierung kurz- und mittelfristiger Maßnahmen mit Kosten von 60 bis 80 Millionen Euro. Dann allerdings ist eine weitere Nutzungszeit von 20 bis 30 Jahren möglich“ und eine abschnittsweise Sanierung der Klinik sinnvoll, so lautete die Aussage des Landrats im Kreistag 2010. Bereits zu diesem Zeitpunkt sprach sich das Klinikum Christophsbad aus qualitativen, versorgungsmedizinischen, und ökonomischen Gründen für einen Neubau aus. Im Interview befürwortet Geschäftsführer Bernhard Wehde einen Standortwechsel der Klinik am Eichert auf das Ödegelände neben dem Christophsbad.

Was halten Sie von dem Vorschlag, die Gebäude der Klinik am Eichert zu sanieren und die Werte mit neuer Nutzung zu erhalten?

Bernhard Wehde: „Das wäre zwar eine erneute Wende, aber manchmal muss man öfter wenden, um auf Kurs zu kommen. Kurs halten ist nur dann die richtige Wahl, wenn der Kurs auch stimmt. Wir können die Idee des Unternehmers Johannes Krauter für Wohnungen sowie ein Hotel im Gebäude der Klinik am Eichert sehr gut nachvollziehen. Aus unserer Sicht war es ja nie eine gänzlich marode Gebäudesubstanz die für einen Neubau der Klinik am Eichert spricht, sondern, dass wir es für unmöglich hielten diese zu den genannten Kosten für die nächsten Jahrzehnte fit zu machen. Optimal ist ein Neubau allerdings nur – wie stets betont – wenn die hohe Investition auch genutzt wird, um diesen auf dem Ödegelände in unmittelbarer Nachbarschaft des Klinikums Christophsbad zu errichten, mit vielfältigen medizinischen, infrastrukturellen, versorgungsmedizinischen und ökonomischen Vorteilen. Der Klinikbetrieb in den heutigen Gebäuden der Klinik am Eichert könnte ohne Störung bis zur Fertigstellung des Neubaus auf dem Ödegelände laufen. Für eine Wende wäre es spät, aber in Anbetracht der Gesamtinvestition und der langfristigen Bedeutung, noch nicht zu spät.“

Die Zweck- und Wohngebäude auf dem Eichert könnten also tatsächlich anderweitig genutzt werden, wenn der Klinikneubau auf dem Gelände neben dem Christophsbad errichtet würde?

Bernhard Wehde: „Ja, für die Bestandsflächen der Klinik am Eichert lassen sich bei entsprechender Sanierung sinnvolle Möglichkeiten der Nachnutzung finden. So kann der Wert der Gebäudesubstanz gesichert und Abrisskosten weitgehend gespart werden. Wir haben damals auch bereits verschiedene Nutzungsvorschläge gemacht und eine Ausschreibung vorgeschlagen. Jetzt liegen die Nutzungsgedanken von Herrn Krauter auf dem Tisch.“

Sind ein Neubau der Klinik am Eichert auf dem Öde-Gelände sowie ein Erhalt der Bestandsgebäude heute noch realistisch?

Bernhard Wehde: „Natürlich würde eine solche Wende wohl einen Aufschrei auslösen, aber die langfristigen Vorteile für die Patientenversorgung, den Klinikstandort Göppingen und die Wirtschaftlichkeit würden diese Lösung aus unser Sicht rechtfertigen. Hier muss Mut zur Erkenntnis vor der Sorge vor Vorwürfen stehen. Eine Geschäftsidee ist kein Affront. Leider wurde damals ein gemeinsames Gutachten beider Krankenhausträger von Seiten des Landkreises verworfen.“

Warum entschied man sich bisher gegen den Standort beim Christophsbad?

Bernhard Wehde: „Im Sommer 2012 wurde verkündet, dass sich die Gutachter der Klinik am Eichert (HWP) und die Stadt Göppingen einig seien, dass nur ein Neubau auf dem Eichert sinnvoll sei. Gegen den Standort auf dem Ödegelände beim Christophsbad  wurde insbesondere angeführt: Das Grundstück für den Neubau müsste vom Christophsbad voraussichtlich in Erbpacht erworben werden. Es gebe keinen Bebauungsplan für das Gelände und eine Errichtung des Neubaus in zwei Phasen sei dort nicht möglich. Die Bauarbeiten könnten ins Stocken geraten, da auf dem Gelände alemannische Gräber vermutet würden. Darüber hinaus wurde bezweifelt, dass es im nichtbaulichen Bereich Synergie-Effekte durch die räumliche Annäherung gäbe, es wurden Probleme in der unterschiedlichen Trägerschaft gesehen, hierzu wurde angesprochen, dass verbindliche Absprachen bei einer solchen Kooperation unumgänglich sein. Auch Vorteile des Standortes Öde wurden damals von HWP genannt: Der Standort läge näher am Stadtzentrum, verfüge über genügend Optionen zur Erweiterung und eine günstige Anbindung an die B 10.

Zu den Aussagen ist anzumerken, erstens, dass es keinerlei Gespräche oder Anfragen zum Grundstückserwerb, zu Kosten oder zur Nutzung beim Klinikum Christophsbad gab, obwohl das Ödegelände dem Christophsbad gehört. Zweitens, zwischenzeitlich existiert ein Bebauungsplan für das Gelände und eine Errichtung des Neubaus in zwei Phasen ist vom Tisch. Drittens, bei umfangreichen Straßenbauarbeiten konnten keinerlei Hinweise auf alemannische Gräber gefunden werden. Viertens, die Synergien, Einspar- und Wachstumsmöglichkeiten können unmöglich ohne das Christophsbad eingeschätzt werden. Hier wurden gravierende Vorteile im medizinischen Bereich, bei der Infrastruktur, im Wettbewerb sowie betriebswirtschaftlich komplett ausgeblendet.

Wir laden unsere Nachbar-Klinik auch heute gerne dazu ein, neben uns zu bauen. Die Gründe für einen Neubau auf dem Eichert sollten nochmals überdacht werden. Hier bietet sich die Chance beide Häuser in unmittelbare Nachbarschaft zu bringen und die Bestandsgebäude anderweitig zu nutzen: Für eine höhere Versorgungsqualität der Patienten und eine optimierte Versorgungstruktur sowie im Sinne einer besseren Erreichbarkeit und Zukunftsfähigkeit, gerade im wachsenden Wettbewerb der Region Stuttgart und letztlich auch aufgrund der langfristigen ökonomischen Vorteilen.

PM

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