„Industrie 4.0“ – nur ein tolles Schlagwort oder steckt mehr dahinter? Bei der Unternehmerlounge des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) im Hotel „Hohenstaufen“ in Göppingen äußerten sich Unternehmer aus unterschiedlichen Branchen.
Die „Industrie 4.0“, die vierte industrielle Revolution, gilt als Zukunftsprojekt der Bundesregierung im Bereich der Hightech-Strategie, mit der vor allem die Informatisierung der Fertigungstechnik vorangetrieben werden soll. In den Betrieben soll alles vernetzt werden, um Ressourcen besser zu nutzen, Fehler zu vermeiden, Kunden zu integrieren und die Wertschöpfung zu erhöhen. Das Thema, das erstmals bei der Hannover-Messe 2011 diskutiert wurde, treibt seither die Wirtschaft um. Für Lothar Lehner vom BVMW ein Grund, bei der Unternehmerlounge einmal nachzuhaken, wie die vierte industrielle Revolution in der Praxis aussieht. Die vier geladenen Referenten machten indes deutlich: „Industrie 4.0“ ist keine Revolution, die Unternehmen über Nacht verändern, vielmehr ist es ein schleichender Prozess, der auch ohne das von der Politik in Gespräch gebrachte Schlagwort stattfinden würde.
Mario Gönitzer, einer der beiden Geschäftsführer von Zeta-Software (Stauferpark Göppingen), entwickelt mit zehn Mitarbeitern Software im Individual- und Standardbereich. Aushängeschild des Unternehmens ist eine Website-Software, mit der Nutzer in der Lage sind, ihre Homepage ohne großen Aufwand selbst zu erstellen und zu aktualisieren. Mit der simplen Benutzeroberfläche arbeiten mittlerweile nicht nur kleine und mittelständische Unternehmen, sondern auch Konzerne, Kommunen und Ministerien, wie Gönitzer erläuterte.
Daniel Hotzy, Direktor Research & Development bei der Eberspächer Automotive Controls GmbH & Co. KG in Esslingen, sieht die Industrie 4.0 als „schleichende Revolution“. Die Vernetzung finde in seinem Unternehmen schon seit eh und je statt. Der sechsfache Familienvater aus Gingen/Fils arbeitete zunächst im Göppinger Steinbeis-Transferzentrum und entwickelte dort innovative Elektronik für das Auto. So gut, dass der Teil des Transferzentrums ausgegründet wurde und mit Eberspächer ein namhafter Partner gefunden werden konnte. Im Zuge von Umstrukturierungen wurde vor wenigen Jahren das Göppinger Unternehmen nach Esslingen verlegt. Dort beschäftigt sich der Diplom-Ingenieur weiter mit der elektronischen Entwicklung von Autoteilen, zum Beispiel bei der Abgastechnik oder beim Sounddesign, das einen immer höheren Stellenwert einnehme. Nicht nur Autotüren müssten beim Zuschlagen einen „gewissen Sound“ verbreiten, sondern auch Motoren.
Dass sich die konsequente Umsetzung von „Industrie 4.0“ in einem Unternehmen durchaus lohnt, machte Dr. Reinhold Bareiß von der Eagle Peak GmbH in Schwäbisch Gmünd deutlich. Um die totale Vernetzung in einem Unternehmen, möglich durch die eigens dafür entwickelte Software, zu erreichen, müsse jeder Stein im Betrieb umgedreht werden. Unterm Strich rechne sich dieser enorme Aufwand aber. Die Fehlerquote tendiert gegen Null, die Produktivität konnte in dem als Beispiel genannten Unternehmen um 15 Prozent gesteigert werden, zog Bareiß Bilanz.
Wie „Industrie 4.0“ die Arbeit einer Marketingagentur verändern kann, machte Manuel Hollert von der Agentur 7° Plus im Göppinger Stauferpark am Beispiel der Katalogherstellung deutlich. Eine einheitliche Software, mit der in einem Unternehmen Techniker, Vertriebler und Marketingleute arbeiten, erleichtert die Herstellung der Produktbeschreibungen und beschleunigt die Umsetzung in der Agentur. So könne ein Katalog von 300 Seiten in wenigen Stunden erstellen werden, was früher Wochen gedauert habe.
Den geselligen Teil der Unternehmerlounge des BVMW nutzten die Firmenchefs zum gegenseitigen Kennenlernen. Das an dem Abend unter den Teilnehmern verloste „Stauferkischtle“ der Maitis-Media Verlagsgesellschaft Göppingen ging an die Geschäftsführerin der Zepf² GmbH in Bad Boll, Carmen Zepf.
Foto (BVMW): Bei der Unternehmerlounge des BVMW: Mario Gönitzer (Zeta-Software), Daniel Hotzy (Eberspächer), Dr. Reinhold Bareiß (Eagle Peak). Manuel Hollert (7° Plus), sowie BVMW-Kreisvorsitzender Lothar Lehner (von links).