Untersuchungen mit verschiedenen Güllezusatzmitteln zur Reduzierung gasförmiger Ammoniak-Verluste sowie zur Beurteilung der Pflanzenverträglichkeit im Labor zeigen ein differenziertes Bild.
In einem vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (Baden-Württemberg) initiierten und vom Landwirtschaftlichen Zentrum Baden-Württemberg (LAZBW) in Aulendorf koordinierten Untersuchungsvorhaben wurden hierzu an der Universität Hohenheim (Institut für Agrartechnik, Fachgebiet: Konversionstechnologie und Systembewertung nachwachsender Rohstoffe sowie Institut für Kulturpflanzenwissenschaften, Fachgebiet: Düngung und Bodenstoffhaushalt) sowie am Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) in Karlsruhe-Augustenberg mehrere Verfahren zur Verringerung der Ammoniakausgasung aus Gülle sowie zur Beurteilung des Pflanzenwachstums getestet.
Hintergrund des Projektes war die Untersuchung alternativer Verfahren zur Verminderung von Ammoniakverlusten, wie diese nach der neuen Düngeverordnung durch die gefordert bodennahe Ausbringungstechnik (Schlitzverfahren/ Injektionstechnik) vorgegeben wird. Die mögliche positive Wirkung organischer und insbesondere anorganischer Säuren bei der Behandlung von Gülle ist seit längerem bekannt; allerdings ist die Verwendung von beispielsweise konzentrierter Schwefelsäure in der landwirtschaftlichen Praxis aus Arbeitsschutzgründen nicht unproblematisch. Der Einsatz von biologischen Präparaten ist dagegen weit weniger gefährlich und sollte auch in der landwirtschaftlichen Praxis einfach zu realisieren sein. Derzeit in der Diskussion ist die Verwendung von Sauerkrautsaft bzw. die Ansäuerung mit homofermentativ vergärenden Milchsäurebakterien, deren Einsatz allerdings einen Zusatz an Kohlenhydraten erforderlich macht. Hier sind bzgl. des Handlings und der Kosten noch Fragen offen.
In Laboruntersuchungen im Winter 2016/2017 wurde Rindergülle aus einem landwirtschaftlichen Betrieb in Containerbehältern mit unterschiedlichen Zusätzen versetzt. Zur Anwendung kamen konzentrierte Schwefelsäure (H2SO4), homofermentative Milchsäurebakterien (Produkt: Bio-Sil der Fa. Pieper) mit Melasse als vergärbarem Kohlenhydrat, Effektive Mikroorganismen (EM Chiemgau) sowie eine Kombination unterschiedlicher Präparate der Firma Agrostim (Gaiasan, Lignohumax A und Humisol) sowie eine weiteres Produkt namens Amefesol. Alle Produkte wurden gemäß den von den Herstellern beschriebenen Einsatzbedingungen verwendet. Untersucht wurden neben den Ammoniakemissionen auch die Spurengasflüsse (CO2, N2O und CH4) nach Oberflächenapplikation unterschiedlich vorbehandelter Gülle auf unbewachsenem Boden. Daneben wurde die Wirkung der verschieden behandelten Güllen mittels etablierter Kressetests auf deren Pflanzenverträglichkeit untersucht.
Die Messungen der Ammoniakemissionen und Spurengasflüsse an der Uni Hohenheim haben gezeigt, dass die Behandlung des Flüssigmists mit „Agrostim“, „Amefesol“ und „EM Chiemgau“ im Vergleich zu unbehandelter „Gülle“ nicht zu einer Verminderung der NH3-Emissionen führte. Im Gegensatz dazu wurde der pH-Wert der Gülle durch Behandlung mit homofermentativen Milchsäurebakterien im Güllelager um über eine pH-Einheit unter pH 6,0 gesenkt. Dies führte zu einer effektiven Minderung der NH3-Freisetzung um 43 % gegenüber der unbehandelten Gülle. Durch den Einsatz von H2SO4 zur Ansäuerung der Gülle konnte die NH3-Freisetzung um 66 % vermindert werden. Die Ergebnisse zeitgleicher Untersuchungen zum Einfluss der einzelnen Behandlungen auf die NH3-Freisetzung in einem leicht modifizierten System am LTZ in Augustenberg waren identisch. Auch hier konnte die Ammoniak-Freisetzung durch Ansäuerung mittels H2SO4 oder mit Hilfe der Milchsäurebakterien effizient herabgesetzt werden, wogegen dies in den weiteren Versuchsbehandlungen nicht der Fall war. Der Einsatz von homofermentativen Bakterien scheint somit eine interessante Möglichkeit zu sein, die NH3-Emissionen mit wenig Aufwand bereits im Güllelager zu mindern. Betrachtet man zudem das Gefahrenpotential beim Umgang mit starken Säuren wie H2SO4, so bietet sich die diesbezüglich unproblematische Anwendung von homofermentativen Bakterien für weitere Untersuchungen hinsichtlich deren NH3-Minderungspotential besonders an.
In den Pflanzenverträglichkeitstests an besonders empfindlich reagierenden Kressepflanzen musste jedoch festgestellt werden, dass die vielversprechende Variante „Homofermentative Milchsäurebakterien“, außer bei einer Verdünnung von 1:100 eine negative Wirkung auf das Wurzel- und Sprosswachstum hatte. Am besten einzustufen war hier der Zusatz effektiver Mikroorganismen (EM). Da das Sproßwachstum der behandelten Pflanzen weniger als das der Wurzeln gehemmt war, ist die wachstumshemmende Wirkung auf das Wurzelwachstum insbesondere junger Pflanzenbestände möglichst zu vermeiden. Da dies in Grünlandbeständen nach einem Ernteschnitt, aber auch auf dem Acker in wachsenden „Bestände“ der Fall sein kann, ist davon auszugehen, dass eine Güllebehandlung unter diesem Aspekt nicht zwingend von Vorteil ist. Eine Reduktion der Ammoniakverluste wirkt sich dagegen stets ertragsfördernd bzw. umweltschonend aus, kann jedoch auch auf bekanntem technischem Wege durch z.B. Injektion oder Schleppschlauchausbringung erreicht werden.
In einem Gefäßversuch am LTZ in Karlsruhe-Augustenberg wird nun geprüft, ob eine behandelte Gülle – in einen wachsenden Bestand ausgebracht – unkritisch für das Pflanzenwachstum ist. Dies soll unter dem Aspekt der Pflanzenverträglichkeit (= Fließfähigkeit und Ertragsbildung) beobachtet werden.
PM