Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) hat bei einem Besuch in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart die protektionistische Politik von US-Präsident Donald Trump als fundamentale Herausforderung für die Weltwirtschaftsordnung und als globales Sicherheitsrisiko bezeichnet.
Als Reaktion müssten sich die Länder der Eurozone, insbesondere Deutschland und Frankreich, enger zusammenschließen. Eine weitere mögliche Konsequenz sei die engere Zusammenarbeit zwischen Europa und Asien. Bei einem Business Lunch in der IHK hatte sich Fischer gemeinsam mit der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright mit Unternehmensvertretern aus der Region Stuttgart zum aktuellen Stand der europäisch-US-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen ausgetauscht.
„Ich denke, Trump ist Symptom einer tiefgehenden Erschütterung der westlichen Gesellschaften, die es auch bei uns in Europa gibt“, sagte Fischer. „Das wird für uns alle eine Riesenherausforderung.“ Bei einer Umsetzung von Trumps protektionistischen Vorstellungen würde die Welt nach Einschätzung Fischers insgesamt unsicherer werden. „Protektionismus und Nationalismus sind Zwillinge“, sagte der ehemalige Bundesaußenminister der Regierung Gerhard Schröder (1998-2005). „Wenn Sie mit Protektionismus anfangen, werden wirtschaftliche Interessenkonflikte politisiert. Sie kommen dann wieder zu Einflusszonen und geschützten Märkten und das schreit nach Einsatz politischer und militärischer Mittel. Ich kann nur hoffen, dass das der Welt erspart bleibt.“
Deutschland und Frankreich als bedeutendste Länder der Eurozone müssten ihrer europäischen Berufung gerecht werden und die Union wieder voranbringen, sagte Fischer. Dazu seien hohe Investitionen in die innere und äußere Sicherheit sowie Erleichterungen für die südeuropäischen Krisenländer notwendig. „Der Abschreckungswert der schwarzen Null ist begrenzt“, so Fischer. „Herr Putin ist davon nicht beeindruckt.“
Den 7. Mai – die zweite Runde der französischen Präsidentschaftswahl – bezeichnete Fischer deshalb als einen Schicksalstag. „Ich gehe nicht davon aus, dass Frau Le Pen gewählt wird. Aber sollte sie gewählt werden, stehen wir alle vor einem Super-GAU – in puncto Sicherheit und in puncto Handel.“ Die Präsidentschaftskandidatin des Front National (FN) strebt den Austritt Frankreichs aus dem Euro und der Europäischen Union an.
Fischer sprach sich außerdem gegen ein mögliches Rot-Rot-Grünes Regierungsbündnis auf Bundesebene aus. „Ich habe etwas gegen Nationalisten – von rechts wie von links. Und mit Herrn Lafontaine und Frau Wagenknecht kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie eine stabile Regierung stattfinden soll.“
—– Videostatement von Joschka Fischer zu dieser Pressemitteilung: www.stuttgart.ihk.de, Nr. 3651462 —–